Teuflische Stiche
fand im Kühlschrank ein Weißbier, Brot, Käse und Wurst. Das sollte als Mittagessen reichen. Er trug alles hinüber vor seinen Bildschirm, aß und wartete.
Die Flasche war ausgetrunken. Zeitgleich mit dem unterdrückten Rülpser baute sich ein Bild auf. Alois Weis wusste sofort, woher die Aufnahme stammte. Ein zweites und ein drittes Bild erschienen. Der Brand in der Pharmafabrik in Rastede. Richard ist der Fahrer vom Pauschler, ging ihm auf. Pauschlers Knecht.
Langsam stieg die Erinnerung in ihm auf, die in seinem Gedächtnis gespeichert war. Der Himmel verschwand hinter den rot leuchtenden Wolken aus verdunstendem Löschwasser. Das Zucken der Blaulichter. Als stehe er wieder zwischen den Zuschauern, hörte er die gebrüllten Befehle der Feuerwehrleute und dazwischen einzelne Explosionen aus den Produktionsräumen der Fabrik. Dann kam deren Chef in seiner dunkelgrauen Mercedes GL-Klasse durch die Gasse der Schaulustigen angefahren. Am Steuer saß dieser Richard.
Weis verlinkte die Dateien miteinander und suchte in seinem digitalen Zettelkasten ein paar Recherchedaten zu Dr. Jens Pauschler. Damals hatte er sich unter dem Datum 27. August 2009 notiert: »Geburtsort Aachen; Studium der Pharmazie Heidelberg; Promotion Münster; Professor Friedrich-Schiller-Universität Jena; 2007 Gründung Pauschlers Pharmazeutische Werke GmbH in Rastede; Medikamente gegen Insektengiftallergien, Hautausschläge (Dermatomykose/Pilzflechte), Cremes gegen Fuß- und Nagelpilzerkrankungen; Vorsitzender der PsS ; ledig; unangenehmer Zeitgenosse«.
Würden die Informationen für einen Artikel ausreichen? Er entschied, dass es sich noch nicht lohnte. Aber einen Vermerk auf seiner To-do-Liste machte er sich doch: »Was ist nach dem Brand passiert?«
***
Mit einer Half-Bent-Pfeife von Davidoff zwischen den Zähnen wollte Konnert gerade damit beginnen, sich über das weitere Vorgehen an diesem Nachmittag klar zu werden, als das Telefon klingelte. Genervt nahm er ab.
«Adi, das habe ich nicht von dir erwartet. Du misstraust unseren Laborergebnissen. Obendrein bist du auch noch zu feige, mich selbst anzurufen. Schickst Venske vor und lässt mir sagen, wir sollen die Vergiftung Renate Dreher erneut durchchecken. Was hast du dir bloß dabei gedacht?«
Gar nichts, liebe Frau Doktor Eveline Landmann, ging es ihm durch den Kopf. Ich habe keinen blassen Schimmer, was du willst. Aber das sagte er nicht. Stattdessen entschied er, sich hinter seinen Stellvertreter zu stellen. »Venske ist eine Formulierung im Bericht aus dem Evangelischen Krankenhaus aufgefallen. Der Arzt hat im Zusammenhang mit der Vergiftung von Sibelius von Eck«, er machte eine Minipause, »von einer Substanz geschrieben, die dem Gift vom Grünen Knollenblätterpilz ähnelt. Es könnte doch sein, dass Dreher und von Eck mit der gleichen Substanz vergiftet worden sind.«
» Dann ruf erst einmal bei denen an. Wahrscheinlich haben die nicht sauber gearbeitet. Das können sie in der kurzen Zeit auch nicht mit den Mitteln, die ihnen zur Verfügung stehen. Unsere Ergebnisse sind gerichtsfest. Immer.« In versöhnlicherem Ton fügte sie an: »Und beim nächsten Mal, welches natürlich nicht vorkommen wird, rufst du mich selbst an.«
» So soll es sein.«
» Ach, noch etwas. Die Frau Staatsanwältin hat die Leichen des Ehepaars Dreher freigegeben. Ich war überrascht. Normalerweise bekomme ich doch nach der Freigabe durch die Staatsanwaltschaft einen Anruf und danach die schriftliche Bestätigung von dir. Hast du es diesmal vergessen, oder hast du vielleicht gar nichts davon gewusst? Mag sie dich nicht? Oder habe ich dich verärgert, dass du vielleicht nicht mehr mit mir sprechen willst?«
» Eveline, Frau Lurtz-Brämisch kennt unsere Gepflogenheiten noch nicht. Ich spreche mit ihr.«
Weder der Hauptkommissar noch die Forensikerin legten auf. Es entstand eine Pause, in der jeder darauf wartete, dass der andere etwas sagte. Konnert brach das Schweigen: »Und zwischen uns bleibt alles so, wie es war.«
» Dann ist es ja gut.«
«Merde!«
Nach ein paar Augenblicken, in denen Konnert überlegt hatte, ob er sich beim Oberrat beschweren oder gleich in die Staatsanwaltschaft fahren sollte, zündete er sich seine Pfeife wieder an. Er entschied sich für später und lehnte sich zurück.
Er fasste gerade den ersten Gedanken, als es klopfte. Vor der halb geöffneten Tür wartete Stephanie. Konnert winkte sie zu sich. »Du, hier zögert keiner, einfach so hereinzukommen. Alle aus dem
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