Thai Juwelen
bekam Cola.
»Danke.« Mutter und Tochter bedankten sich erneut mit einem Wai.
»Tschok dii khap - zum Wohl«
»Tschok dii khaa - zum Wohl«
Jindi hatte inzwischen alles Muschelfleisch aus den Schalen gelöst und war damit beschäftigt, die schwarzen Fleischklumpen zu waschen.
»Esst ihr oft Schnecken?«, fragte Grod.
»Ja, fast jeden Tag«, antwortete Jindi. Dann schien sie zu überlegen. Schließlich fuhr sie fort:
»In meinem nächsten Leben werde ich bestimmt als Flussschnecke wiedergeboren.«
»Warum?«, fragte Grod erstaunt.
»Ich habe in meinem Leben schon sehr viele Schnecken getötet. Zur Strafe werde ich wohl selbst im nächsten Leben eine Flussschnecke sein.«
Grod fand ihre Sorge ein wenig lustig, ließ sich jedoch nichts anmerken.
Das gewaschene Schneckenfleisch wurde in kleine Stücke geschnitten und auf Holzstäbchen, die Jing in der Zwischenzeit von einem Stück Bambus abgespalten hatte, gespießt. Dann kamen sie auf das Gitter eines Holzkohlengrills. Jing übernahm das Grillen und so konnte sich Jindi mehr ihrem Gast widmen.
»Ich kenne Samrak schon sehr lange«, begann sie zu erzählen. »Wir sind beide in diesem Dorf aufgewachsen. Früher sind wir zusammen in die Schule gegangen.« »Ihr seid Freundinnen?«
»Ja, ich war auch als Gast auf ihrer Hochzeit. Sie war auch auf meiner Hochzeit.
Samrak hat mehr Glück gehabt im Leben als ich. Mein Mann hat mich wegen einer anderen Frau mit den beiden Kindern sitzen gelassen.«
»Seitdem lebst du mit den Kindern allein hier?« »Nein, anfangs lebten auch meine Eltern noch hier. Die sind jetzt jedoch seit einigen Jahren tot und wir sind allein.«
»Wovon lebt ihr?«, fragte Grod.
»Unser Essen fange ich im Fluss«, antwortete Jindi, »Wenn ich einmal einen größeren Fisch fange, verkaufe ich ihn auf dem Markt. So bekommen wir etwas Geld für Kleidung und die Schulbücher, die meine große Tochter braucht. Wir haben immer zu wenig Geld und dann hungern wir, weil ich auch unsere gefangenen Schnecken verkaufen muss.«
»Ist der Fluss deine einzige Einnahmequelle?«, fragte Grod.
»Ja, wenn ich nichts fange, müssen wir hungern. Wenn ich etwas fange und ich es verkaufen muss, um etwas Geld zu bekommen, hungern wir auch. Eigentlich hungern wir sehr oft.«
»Hast du keine andere Möglichkeit, Geld zu verdienen?«, fragte Grod.
»In einer der Bars?« Jindi sah ihn fragend an.
»Nein, besser nicht.«
Jindi nickte.
»Und heute bin ich hier und esse euch eure Schnecken weg«, antwortete Grod.
»Nein, du bist uns herzlich willkommen. Heute haben wir auch genug Schnecken. Zusätzlich habe ich kaum Hunger. Du isst uns nichts weg. Du musst sogar ganz viel essen.«
Zwischenzeitlich war Jing mit dem Grillen fertig geworden und servierte die Schneckenspieße auf einem Blechteller, den sie zwischen Grod und Jindi stellte. Jindi und Grod nahmen sich je einen Spieß. Jing bediente sich nicht.
»Möchtest du nichts essen?«, fragte Grod.
»Nein, ich habe keinen Hunger«, antwortete das Kind. Grod wusste, dass sie log. Sie als Kind, besonders da sie ein Mädchen war, würde erst essen, wenn etwas überbliebe - vorher nicht.
Die Schnecken schmeckten gar nicht einmal schlecht. Das Fleisch war zwar sehr hart, aber durchaus schmackhaft. Grod schenkte weiteres Bier und Cola ein. »Die Hochzeit von Samrak war eine sehr schöne Hochzeit«, nahm Jindi den Faden ihres früheren Berichts wieder auf. »Sehr viele Gäste waren dort. Ich glaube, das ganze Dorf war zu Gast. Ihr europäischer Mann hat wohl sehr viel Geld.«
»Du meinst Fred, nicht wahr?«
»Es kann sein, dass er Fred heißt, genau weiß ich es nicht. Hier in unserem Dorf nennen wir ihn ›Bolii‹.« »O.k., in Deutschland heißt er Fred.«
»Bolii war schon lange nicht mehr hier. Er ist zur Zeit in Deutschland.«
Grod sah keine Veranlassung, ihr zu sagen, dass Fred zwischenzeitlich tot war und nie wieder hierher zurückkommen würde.
»Ein Freund von ihm war gerade hier. Er fragte mich nach Bolii. Ich sagte ihm, dass Bolii in Deutschland ist. Der Mann ist dann auch gleich wieder weggefahren. Ich musste ihm nur noch das Haus zeigen, wo Bolii und Samrak wohnen.«
Plötzlich war Grod wie elektrisiert.
»Wie sah der Mann aus?«
»Es war ein Chinese. Ich schätze ihn auf etwa zwanzig Jahre.«
»Ein Chinese war hier? Er hat sich das Haus von Samrak zeigen lassen? Wann war das?«
»Gestern. Ich habe es ihm gezeigt, wie vorhin euch. Er ist jedoch nicht zu dem Haus gegangen. Er hat es sich vom
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