THARKARÚN – Krieger der Nacht
hatte er sich nicht geschämt.
Ja, er hatte schreckliche Angst. Eine solche Horrornacht würde er kein zweites Mal durchstehen; sein einziger Wunsch war, endlich aus diesem Albtraum zu erwachen. In dem Zustand war er seinem Vater gewiss keine Hilfe, und dabei brauchte der dringend Unterstützung.
Die ganze Zeit über hatte Gavrilus den Geräuschen gelauscht, die von außen ins Zimmer gedrungen waren, und auch wenn sein beherrschtes Gesicht keinerlei Regung gezeigt hatte, hatten ihn die Ereignisse mit Sicherheit verstört. Dhannam vermutete, dass er nicht der Einzige war, der sich fürchtete. Selbst der eiserne General hatte trotz seines wie immer zur Schau gestellten Gleichmuts das Schwert aus der Scheide gezogen und auf seine Knie gelegt, obwohl er sehr wohl wusste, dass er mit dieser Waffe gegen die Gremlins nichts ausrichten konnte. Das einzig wirksame Mittel gegen den mysteriösen Feind war Magie, und mochte sein Schwert auch noch so gut gehärtet sein – gegen diese Ungeheuer war es nicht mehr wert als eine Stecknadel. Dhannam wagte sich nicht einmal vorzustellen, wie diese Hilflosigkeit an Asduvarlun nagen musste. Mit sicherer Hand umfasste der General den Griff seines nutzlosen Schwerts. War das ein Zeichen für die Entschlossenheit eines Helden, selbst in einer ausweglosen Situation nicht aufzugeben? Oder die Sturheit eines Soldaten, der sich mit den gegebenen Umständen nicht abfinden konnte?
Die Tür knarrte und Asduvarlun fuhr herum. Dann nickte er einen stummen Gruß, während Lay Shannon langsam, in Schweigen versunken, in den Raum trat. Auch er ließ sich nicht anmerken, was ihn bewegte, und so waren es schon drei, deren Gesichter zu undurchdringlichen Masken erstarrt waren: der Elbenkönig, der eiserne General und der Ordensmeister der Schwarzen Hexe r.
Shannon sah aus, als käme er aus einer anderen Welt. Sein schwarzes Gewand war immer noch bis auf die Hüften heruntergelassen, auf der durchscheinend weißen Haut seines starken,
asketischen Oberkörpers konnte man die schwarzen Zeichen leuchten sehen. Seine goldfarbenen Augen glitten über das Krankenlager, vor dem die Schwarzen Hexer immer noch ihre Litanei intonierten. Er gab Asduvarlun flüchtig die Hand und setzte sich auf ein Kissen, direkt neben Dhannam und seinen Vater, sehr zur Verwunderung des jungen Prinzen. Bis jetzt hatte das Oberhaupt der Schwarzen Hexer sich ihm gegenüber immer distanziert gezeigt, ja er hatte deutlich durchblicken lassen, dass er nur zu ihnen trat, weil es die Höflichkeit gebot. Doch jetzt saß er wie ein Gleicher unter Gleichen mit ihnen in ihrer behelfsmäßigen Zuflucht und zeigte sich beinahe vertraulich. Gavrilus schien das nicht zu überraschen, auch General Asduvarlun ließ sich nichts anmerken. Als Zarak Fudrigus im Fieberwahn unverständliche Laute von sich gab, glitt Shannons Blick erneut über das Krankenlager.
»Das hätte auf keinen Fall passieren dürfen«, sagte der Hexer und schüttelte den Kopf. »Ich habe mit meinem obersten Heiler gesprochen, es gibt kaum Hoffnung für den König der Menschen. Natürlich versuchen wir es mit der sonst so wirksamen Heilkraft unserer Magie, doch im Grunde wissen wir nicht, wie wir mit ihm umgehen sollen. Mit einer solchen Wunde haben wir noch nie zu tun gehabt. Wir wissen ja nicht einmal, was sie verursacht hat, und bislang hat noch keines der Opfer einen Angriff überlebt. Ich halte es für wichtig, eine Botschaft nach Carith Shehon zu schicken. Selbst wenn es sie schwer treffen wird, sie haben ein Recht darauf, zu erfahren, was passiert ist. Das ist schließlich eine äußerst bedeutende Nachricht.«
Asduvarlun nickte. »Ich teile Eure Einschätzung, gebe allerdings zu bedenken, dass wir auf Euren Wunsch hin keine eigenen Soldaten hier haben. Ihr müsstet also einen Eurer Hexer als Boten abstellen.« In seiner Stimme lag kein Vorwurf, selbst wenn man seine Worte so verstehen konnte.
»Ich werde mich persönlich darum kümmern«, sagte Shannon sofort. »Aber deshalb bin ich nicht hier, General. Ich möchte mit
Euch darüber sprechen, wie Ihr uns im Kampf wirksamer unterstützen könnt.«
In dem nun folgenden Schweigen war nur das monotone Gemurmel der Hexer zu hören. Dhannam starrte auf den Fußboden, dann hörte er seinen Vater sagen: »Ich leite diese Abordnung, ehrwürdiger Lay Shannon, und ich möchte, dass General Asduvarlun in jedem Fall bei den Truppen bleibt. Er ist ein tapferer Soldat und vorausschauender Stratege, er hat mein vollstes
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