THARKARÚN – Krieger der Nacht
Vor einem völlig schwarzen Hintergrund zeichnete sich eine einzige hochgewachsene, schmale Gestalt ab. Seiner hellen Hautfarbe nach musste das ein Elbe oder ein Mensch sein. Er war äußerst hager, fast bis auf die Knochen abgemagert, und in ein weites violettes Cape gehüllt. Schwarze Haare, die vor dem dunklen Hintergrund kaum zu erkennen waren, fielen ihm offen auf die knochigen Schultern, und sein Gesicht wurde beinahe ganz von einem breitkrempigen Hut verdeckt, den er sich bis über die Augen gezogen hatte. Er wirkte beinahe nichtssagend, doch als Thix ihn betrachtete, lief es ihm unerklärlicherweise eiskalt den Rücken hinunter.
»Magus!« Der Abgesandte der Götter, der bereits die Tür erreicht hatte, blieb stehen. »Magus, wer ist das?«
Der Magus ging wieder ein wenig zurück und seufzte kurz, als er sah, worauf Thix Bezug nahm. »Ach«, meinte er leise und sprach mehr zu sich selbst als zu Thix. »Ich habe mir schon gedacht, dass auch er seinen Platz in dieser Galerie gefunden hat. Aber jetzt ist nicht der geeignete Zeitpunkt, um über ihn zu sprechen, jetzt nicht, Thix Velinan.«
»Warum?« Shaka warf dem Magus einen misstrauischen Blick zu. »Warum sollten wir nichts über ihn erfahren? Es ist nur ein Bild auf einem Wandteppich. Was könnte uns schon passieren, wenn wir etwas über ihn hören?«
»Nichts«, antwortete der Magus und musterte den Gobelin eindringlich. »Oder vielleicht sehr vieles. Ich versichere euch, dass
ihr zu gegebener Zeit erfahren werdet, wer auf diesem Teppich abgebildet ist. Aber wenn ich jetzt anfange zu erzählen, würde das zu lang und zu kompliziert, und ihr seid noch nicht bereit dafür. Lasst uns jetzt zu den anderen gehen. Wir werden hierher zurückkehren, wenn die Zeit dafür gekommen ist.«
Er schien nicht gewillt, weiter auf ihre Proteste einzugehen oder dieses Thema noch länger zu vertiefen. Daher blieb ihnen nichts anderes übrig, als ihm in den neuen Raum zu folgen, der noch größer zu sein schien als die Vorhalle, wenn das überhaupt möglich war.
»Alle Achtung«, murmelte Thix, der wie gebannt an der Tür stehen blieb.
Sie beobachteten, wie der Magus zielstrebig einen riesigen Saal durchquerte, der fast leer war, abgesehen von vielen Teppichen, die diesmal über dem Fußboden verteilt lagen und ihn fast bedeckten, und mehreren an der Wand stehenden Sofas, auf denen ihre Gefährten saßen. Sie hielten dampfende Tassen mit Tee in der Hand und wirkten sehr entspannt. Fresken von den zwölf Göttern und den Schöpfungsgeschichten zierten die Wände und die hohen Spitzbogen waren mit bunten Glasfenstern geschmückt. Der Saal war etwa so groß wie sonst eine ganze Festung und die Decke wirklich schwindelerregend hoch. Warmes Licht fiel durch die bunten Mosaikfenster herein und spiegelte all ihre Farben wieder. Es herrschte eine beinahe absolute Stille und über dem Raum lag eine friedliche Stimmung. Pelcus Vynmar winkte ihnen einen fröhlichen Gruß zu, als er einen Kessel vom niedrigen Holztisch vor dem Sofa hob.
»Seid ihr auch endlich da!«, rief er und lachte dröhnend auf. »Habt ihr den Drachen gesehen? Ein Drache, du glaubst es nicht! Ein sprechender Drache!« Er goss sich noch einen Tee aus dem Kessel ein und meinte dazu: »Das Zeug schmeckt gar nicht schlecht. Ich bin ja eigentlich kein großer Freund von Tees und Kräutertränken, das ist so ein feiner Elbenkram. Und warum sollte man etwas trinken, wenn kein Alkohol drin ist? Aber ich
muss zugeben, das hier ist nicht schlecht. Kommt doch her und nehmt euch auch eine Tasse.«
Ametista, die neben Thix gestanden hatte, wich sofort einen Schritt zurück, so sehr überraschte sie dieses unerwartet freundliche Angebot.
»Ihr braucht gar nicht so erstaunt zu sein, liebes Faunenfräulein«, sagte Arinth, der ihre Reaktion beobachtet hatte. »Das muss an diesem Ort liegen, hier kann man gar nicht anders, nach ein paar Sekunden ist man vollkommen entspannt. Es liegt wohl an der Gewissheit, dass einem hier nichts und niemand etwas anhaben kann. Stellt euch nur vor: Der alte Pelcus hat doch tatsächlich Morosilvo die Hälfte von dem zurückgegeben, was er ihm geklaut hat.«
»Und Morosilvo hat ihn nicht dafür umgebracht, was eigentlich noch erstaunlicher ist«, fügte Farik an. Neben ihm starrte Ardrachan mit einem friedfertigen Ausdruck auf dem Gesicht in seine Teetasse.
»Es sind auch für euch noch Tassen da«, sagte Pelcus liebenswürdig. »Dieser Trank oder was immer das auch darstellen soll, scheint
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