THARKARÚN – Krieger der Nacht
holen.«
ZWEIUNDZWANZIG
D IE KLINGE ERSTRAHLTE von innen. Das war zumindest Dhannam Sulpicius’ erster Eindruck, als er sie in Lay Shannons erhobenen bleichen Händen sah. Der Ordensmeister trug wieder seine schwarze Kutte und stand zwischen zwei Mitbrüdern, die ihre Kapuzen über die Augen gezogen hatten. Das Schwert war lang und funkelte, im silbernen Griff war eine stilisierte Drachenfigur eingraviert, Runen und magische Zeichen zogen sich über die gesamte Klinge.
Shannon senkte das Schwert und zeigte es den anderen vorsichtig. Die Klinge musste unglaublich scharf sein und sehr schwer – wie die Waffe eines echten Kriegers. Schweigend betrachteten sie Gavrilus, Dhannam und General Asduvarlun mit instinktiver Ehrfurcht. Sie wussten, dass sie sehr viele unterschiedliche Kräfte in sich barg. Wie etwas Lebendiges, still, aber wachsam, lag sie in Shannons Händen.
»Das ist Ligiya«, sagte der Dämon ernst. »Ligiya, die Unsterbliche. Geschmiedet mit dem widerstandsfähigsten Stahl, gehärtet im Blut eines Zauberers, getränkt mit großer Macht. Sie kann Fesseln zerreißen und neue schaffen, Zauber brechen und Geheimnisse einschließen, Feinde vernichten und Freunde retten. Eine solche Waffe darf man nur mit äußerster Umsicht führen.« Mit einer weit ausholenden, eleganten Bewegung hielt er General Asduvarlun den Griff hin. »Der Orden möchte sie Euch anbieten, General. Ein kostbares Schwert für einen würdigen Krieger. Nehmt es an.«
Asduvarluns Finger schlossen sich um den Griff, und er und Shannon wechselten einen kurzen Blick, ehe der Hexer die Waffe losließ und dem Elben übergab.
»Und ich nehme sie als das an, was sie ist«, entgegnete er. »Ligiya, die Unsterbliche: Mögen meine Hände würdig sein, dich zu führen.«
Alle nickten ernst und nach Beendigung der Zeremonie wurde die Stimmung ein wenig gelöster. Dhannam seufzte erleichtert auf. Aus irgendeinem Grund hatte er sich unter der Übergabe des magischen Schwertes an den General etwas Furchtbares vorgestellt.
Asduvarlun drehte den Schwertgriff in seinen Händen und ließ die Klinge ein paar Mal durch die Luft sausen. »Sie ist sehr gut ausbalanciert«, kommentierte er.
»Sie ist viel mehr als das«, erwiderte Shannon und hob in einer raschen Bewegung stolz seinen Kopf. »Sie ist perfekt. Oder zumindest beinahe. In ihr liegt höhere Macht als in jeder anderen magischen Waffe, die es augenblicklich in den Reichen gibt, abgesehen von der Lanze des Magus. Sie ist leicht, gut zu handhaben, verliert niemals ihre Schärfe, und nichts außer Eurem Tod kann sie zerstören. Das ist Eure Klinge, General, einzig für Euch geschmiedet, und sie wird nur zerbrechen, wenn Ihr zerbrecht. Lernt, mit ihr umzugehen. Anfangs mag es Euch leicht vorkommen, aber wie alle magischen Dinge ist sie mit einer Art Bewusstsein ausgestattet, und Ihr müsst Euch damit vertraut machen, um ihre Möglichkeiten nutzen zu können.«
Asduvarlun nickte und steckte sich das Schwert in den Gürtel, ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, dass es keine Scheide hatte. Dhannam betrachtete es fasziniert. Er hatte davor erst ein magisches Schwert gesehen, das sorgsam bewacht im Elbenreich aufbewahrt wurde, eine viele Tausend Jahre alte Kostbarkeit. Man erzählte sich, Sarandon Sulpicius selbst hätte dieses Schwert geführt, und das allein vermittelte eine Vorstellung davon, wie alt es war. Dhannam hatte immer den heimlichen
Wunsch verspürt, diese Waffe einmal in Händen zu halten, aber das war unmöglich, denn sie war viel zu wertvoll, als dass ein Junge – sei er auch ein Königssohn – damit herumspielen durfte.
Er hätte es nie gewagt, Asduvarlun darum zu bitten, ob er sein neues Schwert einmal ausprobieren durfte; die Lage war zu ernst für so eine Bemerkung. Der Bote, den sie nach Carith Shehon geschickt hatten, war mit der Nachricht zurückgekehrt, dass ihnen eventuell eine Belagerung durch die Gremlins bevorstand, außerdem hatte er berichtet, dass Prinz Elirion sehr traurig über die Verwundung seines Vaters war. Wohl deshalb wurde gar nicht erst in Betracht gezogen, den Boten wieder zurückzuschicken, um Elirion darüber zu informieren, dass sich der Zustand des Herrschers über das Menschenreich nicht verbessern wollte, obwohl die Wunde ja in gewisser Weise sofort ausgebrannt worden war. Das Gewebe rund um die Wunde färbte sich allmählich schwarz, und Zarak war zu keiner Zeit aus dem Fieberschlaf erwacht, in den er nach dem Kampf gefallen war. Dhannam fragte
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