THARKARÚN – Krieger der Nacht
den Widerschein der Kerze auf der gravierten Klinge. Dann schüttelte Alyssa sanft den Kopf und legte Adilean eine Hand auf die Schulter. »Es ist spät geworden. Und Ihr solltet Euch nicht übermäßig ermüden. Lasst uns essen gehen. Vielleicht gibt es ja auch Nachricht von Eurem Vater.«
»Vielleicht«, wiederholte Adilean wenig überzeugt. »Ja, gehen wir. Im Grunde haben wir hier drinnen nichts zu suchen.«
Sie senkte ihren Arm mit der Fackel und wandte sich der Tür zu. Das Zimmer versank wieder in Dunkelheit, in der das Schwert von Sarandon Sulpicius all die Jahre wie ein schlafendes Raubtier geschlummert hatte. Adilean dachte über Alyssas letzte Worte nach. Vielleicht würden tatsächlich demnächst Nachrichten von ihrem Vater, ihren Brüdern oder ihrem Verlobten eintreffen, aus dem so fernen äußersten Norden, wo sie kämpften. Aber vielleicht waren das nicht die Nachrichten, die sie hören wollte.
Elirion Fudrigus fand Alfargus im Waffensaal. Der Elbenprinz starrte aus dem Fenster auf den sonnigen Morgen. Wie immer war in der Nacht, in der es merkwürdigerweise keine gravierenden Vorfälle gegeben hatte, Nebel aufgekommen, doch dann hatte er sich in aller Frühe verzogen und Carith Shehon einen unverhofft strahlenden Tag beschert, der ihre Gemüter mit seinem Sonnenschein aufhellte. Auf seinem üblichen Kontrollgang hatte Elirion Ulf Ghandar auf der Festungsmauer angetroffen. Er leitete eine Schar von Zwergenzimmerleuten, die eifrig versuchten, die bei der Explosion der Bombarde entstandene Bresche zu schließen.
Erst drei Tage waren seit dem schrecklichen Angriff jener Nacht vergangen, aber die Zwerge verstanden ihr Handwerk wie niemand sonst und so waren die Schäden schon fast nicht mehr zu sehen. Noch vor dem Abend würden sie mit der Arbeit fertig sein. Als Ghandar Elirion bemerkte, hatte er ihn mürrisch gegrüßt. Er hatte kein Wort darüber verloren, dass vor allem die Bombarde diesen Schaden verursacht hatte. Das schmerzte ihn gewaltig, aber er war zu stolz, um darüber zu sprechen.
Weiter hinten im Hof übte Huninn mit den Bogenschützen. Der unerschütterliche Herg unterstützte ihn dabei, ganze Wolken von Pfeilen flogen auf die Zielscheiben an der Festungsmauer
zu, Hände der unterschiedlichsten Größe und Hautfarbe spannten danach wieder die Sehnen ihrer Bogen.
Eine kleine Gruppe Zwerge hatte in einer Ecke im Hof ein Zelt errichtet. Sie ließen niemanden heran, aber ab und zu kam ein Zwerg mit einem zufriedenen Gesichtsausdruck heraus, im Arm ein Bündel Pfeile, an denen man Sprengstoff angebracht hatte.
Elirion erkannte die schmalen, dunklen Pfeile der Goblins. Die der Feen hatten eine Bleispitze und grüne Federn, rote Federn schmückten die aus seinem Menschenheer. Eigentlich hatte er erwartet, Alfargus bei Huninn Skellensgard anzutreffen, der in seiner aufbrausenden, stolzen Art die militärischen Übungen überwachte, doch der Elbenprinz war nicht da und Huninn erklärte, dass er ihn nicht gesehen habe. Daraufhin war Elirion aus einem unerfindlichen Grund besorgt gewesen – und war jetzt erleichtert, Alfargus hier im Waffensaal zu treffen. Streitäxte mit riesigen Klingen hingen an der Wand, zwei leere Rüstungen mit Hellebarden standen zu beiden Seiten des Eingangs, und darüber hing ein großartiger Krummsäbel der Dämonen, von dessen mit Lapislazuliintarsien geschmücktem Griff zwei blaue Troddeln baumelten.
Alfargus stützte sich mit seinen Ellenbogen auf das Fensterbrett, den purpurfarbenen Umhang um die Schultern. Als er Elirion näher kommen hörte, drehte er sich abrupt um. »Ach, du bist es«, sagte er unwirsch. Er schien sich auch nicht darum bemüht zu haben, freundlich zu klingen.
Elirion trat neben ihn. »Seit wann bist du hier?«, fragte er und schaute ebenfalls aus dem Fenster. In der Ferne sah man das Refugium der Wahrsager einsam auf dem Berggipfel thronen. »Niemand hat dich heute Morgen in der Festung gesehen. Hast du etwa hier geschlafen?«
»Mehr oder weniger«, sagte Alfargus immer noch kurz angebunden. »Sagen wir einfach, ich habe gar nicht geschlafen. Ich habe diese Ansammlung von Kriegsgeräten danach durchsucht,
ob sich darunter nicht zufällig eine magische Waffe befindet. Schließlich sind wir im Reich der Dämonen und kein anderes Volk ist so erfahren in Zauberkunst wie sie. Und wir brauchen dringend magische Waffen.«
Elirion wiegte nachdenklich den Kopf hin und her. »Meinst du gegen den Nekromanten? Du solltest dich von seinen Worten nicht
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