THARKARÚN – Krieger der Nacht
vibrierte leicht. Ich bin allein und erwarte dich, warum zeigst du dich dann nicht?
»Verzeiht, Prinz Alfargus …«
Er drehte sich ruckartig um und ein unterdrückter Schrei kam aus seinem Mund, während er die Axt hob, um denjenigen zu treffen, der sich von hinten angeschlichen hatte. Doch die flammende Klinge der Doppelaxt hielt wenige Zentimeter vor dem verängstigten Gesicht eines jungen Fauns in Uniform inne. Ein Soldat seiner eigenen Truppen, mit zerfetzter Uniform und weit aufgerissenen Augen! Alfargus verfluchte stumm seine Nervosität.
»Hauptmann Skellensgard wünscht, dass Ihr zu ihm kommt«, stammelte der Soldat und zeigte auf einen Punkt ganz hinten auf der Straße, wo von Ferne magische Blitze aufleuchteten. »Wir haben dort einen besonders starken Trupp Gremlins, der uns Probleme bereitet. Vielleicht könntet Ihr mit Eurer Waffe etwas ausrichten. «
»Natürlich.« Alfargus warf sich den Umhang über die Schultern. »Los, zeig mir den Weg.«
Der Soldat verschwand schnell auf der Straße. Er lief schnell, zu schnell. Typisch für diese Faune. Sie waren immer gut darin zu verschwinden, zwischen den Bäumen in ihren Wäldern genauso wie in den Gassen der Stadt. Doch diese Fähigkeit war hier nicht gerade hilfreich, Alfargus hatte Mühe, ihm zu folgen, und er musste schnell feststellen, dass er ihn aus den Augen verloren hatte. Das Kampfgetümmel um ihn herum tobte einfach zu heftig. Unterschiedliche Uniformen tauchten aus allen Richtungen auf und verschwanden wieder und er sah bald ein, dass er seinen Boten im Halbdunkel der Nacht verloren hatte.
Alfargus bog in eine Querstraße und hoffte, dass es die richtige sein möge, doch schon nach wenigen Metern fand er sich in einer schmalen Sackgasse wieder, an deren Seiten sich hohe dunkle Gebäude erhoben. Fluchend drehte er um und dachte, dass er so Zeit verlor. Doch an der Einmündung zur Straße stand jetzt reglos und aufrecht eine Gestalt und versperrte ihm den Weg. Obwohl er bei der spärlichen Beleuchtung nur die Konturen des Wesens erkennen konnte, wusste Alfargus sofort, wen er vor sich hatte. Die Umrisse des weiten, flatternden, ungewöhnlich
geschnittenen Gewandes und der Hut waren unverwechselbar. Er blieb stehen und seine Hände schlossen sich fest um die Axt mit den Zauberkräften.
»Du bist also zurückgekommen«, sagte er und zeigte mehr Mut, als er eigentlich besaß.
Die Gestalt in der Dunkelheit antwortete mit einem leisen zustimmenden Laut. »Ich halte stets meine Versprechen, Prinz Alfargus«, hörte er ihn antworten. Seine Stimme klang einschmeichelnd wie eine Schlange, die mit ihrem Körper über die Steinplatten der Gasse glitt. »Im Gegensatz zu euch Eidbrüchigen. Ich hatte dir gesagt, dass ich am dritten Tag zurückkehren und dich töten würde. Beides geschieht nun. Du wirst diese Gasse nicht lebend verlassen, Alfargus Sulpicius, das weißt du selbst.«
Alfargus schwang seine Doppelaxt und sah mit einer gewissen Erleichterung, wie sich das magische Feuer ein weiteres Mal an der Klinge entzündete und aufloderte. Anscheinend hatte ihn die Axt nicht nur als würdigen Besitzer anerkannt, sie war auch in der Lage, die Bedrohung durch den Feind zu spüren. »Wenn du glaubst, du könntest mich einschüchtern, irrst du dich! Mich schrecken weder Drohungen noch magische Tricks. Ich habe dich einmal getroffen, und selbst wenn es mir nicht gelungen ist, dich zu töten, heißt das nicht, dass ich es nicht heute Nacht schaffen könnte. Deshalb genug der Worte. Stell dich zum Kampf!«
Der Stab in Tharkarúns linker Hand stieß auf dem Boden auf, es sprühten einige Funken. Mit der anderen zog der geheimnisvolle Mann das Schwert aus der Scheide. Wie Alfargus befürchtet hatte, glich es in allem einer Elbenwaffe. Es hatte die gleiche, leicht gebogene Klinge, die seine Vorfahren in der Vergangenheit geschmiedet hatten. Alfargus fragte sich, woher er sie wohl hatte. An Tharkarúns Waffe lief ein weißer Blitz entlang und irgendetwas leuchtete im Schatten seines Hutes auf, ein Blitzen in den Augen, das keinem Geschöpf dieser Welt eigen war.
»Ein magisches Schwert, was?«, fragte Alfargus und seine Stimme klang nicht so frei, wie sie sollte. Seine verdammte Nervosität
konnte ihn jeden Moment verraten. Früher war ihm das nie passiert, kein Feind hatte ihn je so erschüttert. Das ferne Waffenklirren der Gefechte, die inzwischen in fast allen Straßen von Carith Shehon entbrannt waren, drang gedämpft zu ihm herüber. Er konnte sich gerade
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