THARKARÚN – Krieger der Nacht
zu bewegen, war wirklich seltsam, zu schnell, zu leise.
Ulf Ghandar und Huninn führten die Soldaten nun zum Tor und Alfargus wollte sich ebenfalls einreihen, doch da hielt ihn eine raue, leise Stimme zurück, die ihm zunächst vollkommen fremd vorkam, und er brauchte ein wenig, bis er bemerkte, dass sie Herg gehörte.
Der hochgewachsene schweigsame Mann mit den gelben Augen zeigte auf etwas unterhalb der Mauern, wo das feindliche Heer immer näher kam. »Schaut, dort unten, das ist er!«
Hergs scharfe Augen hatten ihn nicht getrogen. Ein unangenehmer Schauder lief Alfargus den Rücken hinunter, als er die ihm vertraute, in Violett gekleidete Gestalt erblickte, mit dem breitkrempigen, tief in die Stirn gezogenen Hut und den langen nachtschwarzen Haaren. Der Nekromant lief allen Feinden voran und stützte sich auf etwas, das sehr gut der Stab eines Zauberers sein konnte. Diesmal trug er Waffen: Alfargus bemerkte erstaunt
die Scheide an seiner Seite, in der er aufgrund der Form ein Schwert der Elben vermutete. Konnte der Nekromant zu seinem eigenen Volk gehören? Einen Kampf zwischen Brüdern war das Letzte, was er sich jetzt wünschte.
»Gehen wir!«, trieb Elirion ihn an und Alfargus begriff, dass nur noch sie drei auf den Mauern verblieben waren und es nicht mehr lange dauern würde, bis die Schlacht begann.
Unten war man gerade damit beschäftigt, die Tore zu öffnen und dem Feind den Zutritt zu verwehren. Alfargus nickte einigermaßen verwirrt, als er die Axt von der Schulter nahm und spürte, wie der Griff mit einer unbekannten Wärme auf seiner Handfläche pulsierte: Er folgte Elirion, wobei Herg ihnen beiden den Rücken deckte. Die Truppen standen bereits nah beim Tor und durchlebten letzte Momente zitternder Erwartung. Alfargus spürte ihre Angst und wusste, dass es die gleiche war, die auch auf seiner Haut klebte wie ein widerlicher Blutegel.
»Nur Mut, Männer!«, schrie er, doch selbst wenn dieser Anfeuerungsruf vielleicht irgendeine Wirkung auf die Männer zeigte – ihn selbst überzeugte er nicht. »Sie kommen hier nicht durch!«, fügte er hinzu. »Wir werden sie nicht durchlassen!«
Einige Männer wandten sich zu ihm, vielleicht weil sie eine Ansprache von ihm erwarteten, doch dazu blieb keine Zeit und außerdem versagte ihm die Stimme. Deshalb begnügte er sich mit einem bekräftigenden Nicken, mit all der Entschiedenheit, zu der er in der Lage war, und mehr Heuchelei, als er je in sich vermutet hätte. Als man das Tor unter dem Geräusch quietschender Ketten öffnete, sahen sie im Licht der Fackeln den Feind vor sich. Leute aus den acht Reichen wie sie, jedoch mit leeren Augen, die Gremlins, die zwischen den Toten hin und her huschten, an ihrer Spitze der geheimnisvolle Tharkarún.
Entschlossen packte Alfargus seine Axt und schrie: »Vorwärts!«
Das unvermittelte Kommando traf die Heere merkwürdigerweise überraschend, weshalb der Angriff alles andere als geordnet vonstattenging. Alfargus fand sich kämpfend an Elirions Seite
wieder, inmitten eines Chaos aus Einzelgefechten, Feuerblitzen, Explosionen und Zaubersprüchen, die durch die Luft zischten und irgendwo im Nichts verloschen. Seine Augen suchten nach Tharkarún, weil er befürchtete, dass der jederzeit und von überall her auftauchen konnte, doch er schien sich im gleichen Moment in Luft aufgelöst zu haben, als sein Heer auf den Gegner gestoßen war.
Als Alfargus die Axt durch die Luft schwang, um den ersten Schlag gegen einen der Toten zu führen, die ihn bedrohten, waren die beiden Runen auf dem Griff in schneller Folge aufgeleuchtet und ein Feuerstreif war an der Klinge entlanggefahren. Seitdem war das Feuer nicht etwa erloschen, sondern schien sich mit jedem Hieb, der sein Ziel traf, zu verstärken. Zweifellos hatte seine Waffe magische Kräfte, denn als Alfargus einen Schlag gegen einen Gremlin führen musste, der plötzlich aus dem Herzen der Dunkelheit aufgetaucht war, hatte er gesehen, dass der plötzlich wie eine Fackel brannte, zurückwich und vom Feuer aufgezehrt wurde. Er besaß also eine Waffe, mit der er diesen Kreaturen Schaden zufügen konnte – das gab ihm zumindest einen Teil seiner Selbstsicherheit zurück.
Er wechselte sogar mit Elirion einen begeisterten Blick. Der Prinz des Menschenreiches kämpfte mit seinem alten Schwert und hielt die Toten damit sehr gut in Schach. Alfargus und er gaben einander abwechselnd Rückendeckung, Herg hatte immer ein Auge auf sie und tötete alle Feinde, die ihnen zu nahe
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