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THARKARÚN – Krieger der Nacht

THARKARÚN – Krieger der Nacht

Titel: THARKARÚN – Krieger der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chiara Strazzulla
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drängte sie sich ihm immer stärker auf, je mehr er versuchte, sie zu verjagen. Er kannte seinen Bruder wie kein Zweiter und wusste:
Wäre er noch am Leben und unverletzt, hätte er als Erstes nach Ende der Gefechte die Führer der Streitmacht zu erreichen versucht. Wenn er das nicht getan hatte, hieß das, dass er aus irgendeinem Grund nicht dazu in der Lage war. Vielleicht lag er sogar schwer verwundet irgendwo in einer dieser verdammten Gassen und konnte sich nicht bewegen.
    Dhannam zog die schlimmste Vermutung lieber erst gar nicht in Betracht. Obwohl er ihn am Arm hielt, sah er Gavrilus nicht an, da er fürchtete, in seinen Augen die gleiche Angst zu entdecken. Aber dafür sah er ab und zu auf das gleichmütige Gesicht von General Asduvarlun, der Alfargus’ Lehrmeister gewesen war und der ihm erlaubt hatte, ihn beim Vornamen zu nennen – eine Ehre, die nur wenigen zuteilwurde. Obwohl das Gesicht des Generals keine Gefühlsregung verriet, schien es Dhannam, dass auch seine Besorgnis wuchs, je weiter sie gingen.
    Was Elirion Fudrigus anging, so musste man sich wirklich wundern, wie sehr ihm das Schicksal von jemandem am Herzen lag, mit dem er immer ganz offen in Streit gelegen hatte. Sein Gesicht hatte sich verdüstert und seine Hand umklammerte fest den magischen Bogen, als hoffe er, dessen Macht könnte sie zu Alfargus’ Aufenthaltsort führen.
    Als Amorannon Asduvarlun mitten auf einer der breitesten Straßen der Stadt stehen blieb, hielten auch die anderen an. Niemand sagte ein Wort. Dhannams Blick war auf den Boden, Elirions Augen waren ins Leere gerichtet. Da wandte sich der eiserne General an Shannon. »So erreichen wir gar nichts. Carith Shehon ist zu groß und womöglich haben wir nur wenig Zeit. Ehrwürdiger Shannon, zum Wohle von Prinz Alfargus: Seid Ihr in der Lage, ihn mithilfe Eurer Magie zu finden?«
    »Natürlich bin ich das«, antwortete Shannon bestimmt. Doch aus irgendeinem Grund ermutigten diese Worte Dhannam nicht etwa, sondern er fürchtete sich beinahe davor, Alfargus wiederzufinden. Und das, was General Asduvarlun zuvor gesagt hatte, schien seine Ängste nur noch zu bestätigen. Der Ordensmeister
ging ein paar Schritte voran, Elirion und Asduvarlun traten beiseite, um ihm den Weg frei zu machen. Dann hob Shannon die Rechte und ein bläulich funkelnder Pfeil flog aus seiner Handfläche, durchquerte wie ein Komet die Dunkelheit der tiefen Nacht und fiel nicht weit von ihrem Standort zu Boden. Sie sahen, wie er am Rande einer schmalen Gasse aufleuchtete.
    Shannon nickte. »Dort entlang«, sagte er.
    Es war nicht weit und die Sorge beschleunigte ihre Schritte, sodass sie beinahe zu fliegen schienen. Fast rennend erreichten sie die Einmündung der Straße. Dhannams Herz schlug ihm bis zum Hals, während General Asduvarlun sich vorbeugte, um in die Gasse zu schauen, die beinahe völlig im Dunkeln lag. Doch im geisterhaften Schein, den Shannons magischer Pfeil noch kurz vor dem Verlöschen aussandte, konnte man die Umrisse einer am Boden liegenden Gestalt ausmachen. Ihre Haltung war merkwürdig verdreht, und Dhannam brauchte nur fünf Sekunden, um in dem zerrissenen Stoff, der ihr den Rücken bedeckte, den purpurroten Umhang seines Bruders zu erkennen.
    »Alfargus!«, schrie er und versuchte nicht einmal, den Schrei zurückzuhalten. Er ließ alle Vorsicht außer Acht und stürzte in die Gasse. Elirion und General Asduvarlun, der Gavrilus stützte, folgten ihm.
    Shannon kam als Letzter, er erreichte die anderen erst, als Dhannam schon neben dem leblosen Körper seines Bruders niedergesunken war und seinen zerzausten Kopf im Schoß hielt. Anscheinend atmete der Prinz nicht mehr, aber es war zu dunkel, als dass man das genau hätte sagen können, und man sah auch keine Wunde. Er durfte nicht tot sein! Doch je mehr Dhannam sich bemühte, Alfargus’ Hand in die seine zu nehmen, ihm die Haare aus dem Gesicht zu streichen und ihn aufzurichten, umso mehr bemerkte er, dass in dem Leib in seinen Armen kein Leben mehr war. Und je offensichtlicher diese Tatsache wurde, desto weniger wollte er sie glauben.
    Er spürte, wie ihm die Tränen über die Wangen liefen, als hätte
sein Körper schon etwas begriffen, was sein Kopf nicht wahrhaben wollte. Leise rief er Alfargus’ Namen, rüttelte an seinem Körper, in der Hoffnung, er würde die Augen öffnen, ihn erkennen, lächeln und sei es das verkrampfte Lächeln eines Schwerverwundeten. Doch Alfargus reagierte auf keine seiner Bemühungen – sie mussten

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