THARKARÚN – Krieger der Nacht
seinen Stiefel knallen. Die anderen hatten sich jetzt um die beiden Kontrahenten versammelt. Niemand wollte das Duell der Könige verpassen, selbst die Lerchen, die eben noch gesungen hatten, waren verstummt. »Daran zweifele ich nicht.« Zarak wandte sich um. »Worauf wartest du noch? Bring die Pferde weg! Oder soll ich etwa hier stehen bleiben, die Zügel in der Hand wie ein Stallbursche?«
Raschelndes Laub unter Pferdehufen kündete die Ankunft eines weiteren Reiters an. Hinter Zarak tauchte ein blonder junger Mann auf, kaum älter als Mitte zwanzig, auch er hochgewachsen, athletisch, mit kalten stahlblauen Augen. Die Kapuze seines grünen Umhangs war tief ins Gesicht gezogen. An den schwarzen Stiefeln glänzten goldene Schnallen, eine Brosche in Lilienform hielt seinen Umhang zusammen. Lautlos glitt er aus dem Sattel und nahm Zarak die Zügel aus der Hand.
»Es tut mir leid, dass ich dich warten ließ.« Er klang höflich, aber nicht demütig, wie man es von einem Untertan erwartet hätte, der mit seinem König sprach. »Ich erledige das sofort.« Betont ruhig wandte er sich um und wollte die Pferde zum Saum des Waldes bringen.
Nachdem er den halben Weg zurückgelegt hatte, begann Gavrilus zu sprechen, zuerst zögernd, fast ein wenig überrascht, dann
aber glasklar und unmissverständlich. »Zarak Fudrigus, wer ist dieser Mann und warum begleitet er dich? Für jedes Volk darf nur jeweils ein Vertreter den Saal im Wald betreten. An diesem heiligen Ort herrschen strenge Regeln, und jeder hier weiß, dass die Anwesenheit deines Begleiters diese Regeln verletzt.«
Es hatte fast den Anschein, als müsse Zarak ein Lächeln unterdrücken, als er Gavrilus antwortete. »Du erstaunst mich, Gavrilus! Ein so weiser Elbe wie du erkennt meinen Sohn nicht?«
Gavrilus blieb gelassen. »Jeder weiß, dass er hier dennoch nichts zu suchen hat.«
»O nein, das denke ich nicht«, sagte Zarak, nun völlig ernst. »Elirion! Lass die Pferde, wo sie sind, und komm zu mir. Meinem Sohn ist es also nicht gestattet, am Rat teilzunehmen? Dann erkläre mir doch bitte, warum deine Freunde und Verwandten und wohl demnächst dein ganzer Hofstaat das dürfen!«
Seine Stimme triefte vor Hohn, aber Gavrilus verzog keine Miene. Dhannam fragte sich besorgt, wie sein Vater reagieren würde, er selbst wusste keine Antwort.
»Die alten Regeln sind eindeutig«, sagte der Elbenkönig.
Zarak und Elirion standen ihm gegenüber, die Hände zu Fäusten geballt, sie schienen nur darauf zu warten, dass ihr Widersacher nachgab. Sich allein auf die alten Regeln zu berufen, ist etwas wenig, dachte Dhannam und überlegte fieberhaft, was die traditionellen Vorschriften eigentlich legitimierte. Warum fiel ihm nicht wenigstens ein Grund ein?
»Lasst uns abstimmen«, schlug Viyyan Lise diplomatisch vor. »Wenn die Mehrheit dafür ist, kann Elirion Fudrigus bleiben.«
»Wenn er heute bleiben darf, dann darf es auch jeder andere!«, beharrte Gavrilus. Seine Souveränität geriet ins Wanken, er wirkte, als befürchtete er, dass ihm die Situation aus den Händen gleiten könnte. »Wenn Elirion Fudrigus bleiben darf, dann schafft Ihr einen Präzedenzfall, dann haben in Zukunft alle das Recht, an der Versammlung teilzunehmen und bei Entscheidungen mit abzustimmen. Ist Euch das nicht klar?«
Dhannam sah flehentlich zu seinem Bruder hinüber, aber der bemerkte ihn nicht einmal. Alfargus hatte nur Augen für Elirion, sie starrten einander hasserfüllt an.
»Den Präzedenzfall hast du doch bereits geschaffen, Gavrilus«, konterte Zarak gelassen und lächelte. Die Mitglieder des Rates schauten wie gebannt auf ihn. »Wenn du deinen waffenstrotzenden Begleitschutz dabeihast, warum sollte ich das nicht dürfen? Willst du uns in unserer Freiheit einschränken? Was hast du vor? Genügt es dir nicht, König der Elben zu sein, die gemeinsame Streitmacht zu befehligen und den halben Großen Rat hinter dir zu haben? Willst du nun auch noch der Herrscher aller acht Völker genannt werden?« Er ging auf Gavrilus zu.
Alfargus baute sich instinktiv neben seinem Vater auf, als ob er ihn schützen wolle.
»Es gibt nichts, worum wir Menschen die Elben beneiden müssten«, zischte Zarak dem Elbenkönig ins Gesicht. Seine leisen Worte hallten im Saal wider, als hätte er sie hinausgeschrien. »Dass du der Vorsitzende des Großen Rates bist, ist reiner Zufall! Genauso gut könnten die Menschen dieses Privileg haben. Unsere Armee ist der euren strategisch überlegen, das hast du
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