THARKARÚN – Krieger der Nacht
der Nähe gesehen worden waren. Nach Sonnenuntergang schlugen sie ihr Lager auf und Sirio entzündete das magische Feuer, aber Elirions Angst blieb.
»Irgendetwas beobachtet uns«, hörte er sich flüstern, während er und Herg die Decken auf dem feuchten Untergrund ausbreiteten. Er hatte gehofft, dass sein Leibwächter ihm widersprechen würde. Aber der nickte nur.
»Ich weiß«, antwortete Herg. »Im Augenblick hält sie Sirios Schutzzauber von uns fern, aber normale Waldtiere sind das nicht.«
Mehr sagte er nicht, weitere Worte waren auch gar nicht nötig. Elirions Blick fiel auf Hergs Schwert an seinem Gürtel. Er hatte den unehelichen Bruder seines Vaters noch nie ohne diese Waffe gesehen, das Einzige, was er aus dem Tempel der Ritter der Finsternis mitgenommen hatte. Bis zu diesem Tag hatten sie nie darüber gesprochen, jetzt aber fragte Elirion: »Ist es magisch?«
Herg verzog abschätzend seinen Mund. »Es geht«, sagte er. »Alle Schwerter der Ritter der Finsternis sind magisch, jedenfalls ein wenig. Nicht genug, um einen Gremlin mit einem Streich zu vernichten, aber immerhin. Man kann ihn damit verwunden, wenn man trifft. Und ich treffe meistens.«
So viel hatte Herg noch nie am Stück geredet, Elirion konnte sich zumindest nicht daran erinnern. Er rückte den magischen Bogen auf seiner Schulter zurecht und ging zu Sirio hinüber. Eigentlich sollte sich ja ein Leibwächter Sorgen um seinen Schützling machen und nicht umgekehrt. Doch gerade musste er wieder an seinen Vater denken und die Vorstellung, auch Herg zu verlieren, war mehr, als er im Moment ertragen konnte. Solange er zurückdenken konnte, war Herg da gewesen, doch erst in den letzten Tagen war Elirion eine gewisse Ähnlichkeit zwischen ihm und Zarak aufgefallen. Da war ihm endgültig bewusst geworden, dass sein treuer Schatten wirklich der Bruder seines Vaters war, sein Onkel und sein letzter männlicher Verwandter.
»Es wird nicht reichen«, sagte Sirio, als Elirion hinter ihm auftauchte. Er wandte sich nicht einmal um. Die Worte trafen den König wie ein Peitschenhieb.
»Was wird nicht reichen?«, fragte er, aber im Grunde wusste er Bescheid.
Und Sirio bestätigte seine Vermutung. »Der magische Schutzkreis um das Lager. Auch in den vergangenen Nächten waren die Gremlins unterwegs, aber sie sind dem Lager nicht so nahe gekommen, deshalb konnte der Kreis uns schützen. Aber ich bin nicht der Magus, und es sind bestimmt vier oder fünf, die dort auf uns lauern. Heute Nacht wird es zum Kampf kommen.«
Elirion nahm die Nachricht schweigend zur Kenntnis. Er hatte gewusst, dass das früher oder später auf ihn zukommen würde, und vielleicht war es Sirios Gelassenheit, die es ihm ermöglichte, weiterhin einen klaren Kopf zu behalten. Sie waren gut gerüstet, jeder von ihnen besaß eine magische Waffe: er den Bogen, Herg sein Schwert und Sirio den Zauberstab. Wenn es sein musste, würden sie bis zum letzten Atemzug kämpfen.
»Was auch immer passieren mag, Elirion, du hältst dich immer bei mir und bei Herg.« Sirios Worte duldeten keinen Widerspruch.
Seit jenem Abend, als sie am Lagerfeuer über Alfargus gesprochen hatten, duzte ihn der Druide und Elirion war nicht ein einziges Mal in den Sinn gekommen, es ihm zu verbieten.
Der Angriff erfolgte viele Stunden nach Sonnenuntergang, als Elirion längst nicht mehr bei jedem Rascheln, Knacken oder Knistern aus dem Wald aufschreckte. Als der Schutzkreis mit einem dumpfen Knall explodierte, fuhren die drei hoch, sie wandten sich um und sahen, wie vier schwarze Gestalten aus den Büschen gesprungen kamen und sich auf sie stürzten. Die Spannung war zurück, das gleiche beklemmende Gefühl, das er schon während der Angriffe der Gremlins in Carith Shehon gespürt hatte. Elirion schoss seinen ersten Pfeil ab, der während des Fluges blau aufleuchtete. Ein magisches Licht, viel intensiver als bei seinen Übungen auf der Heiligen Erde. Der Pfeil traf einen Angreifer, der wie eine blaue Fackel brannte und in einem gespenstischen Feuer zu verglühen schien.
Währenddessen richtete Allan Sirio seinen Birkenstab zuerst
auf das Lagerfeuer und dann auf einen Gremlin, dabei rief er ein einziges Wort, das wie ein Befehl klang. Verblüfft sah Elirion Flammenzungen aus dem Feuer aufsteigen, die sich den schwarzen Wesen entgegenreckten und sie so auf Abstand hielten. Er schoss einen zweiten Pfeil ab, doch der ging ins Leere, vielleicht hatte seine Hand gezittert, oder er hatte nicht genau genug gezielt.
Weitere Kostenlose Bücher