THARKARÚN – Krieger der Nacht
Gefahr nie feige zurückwich. Und jetzt, während sie nebeneinander allein auf der Mauer standen und in den Wald starrten, wusste der General, dass sie den gleichen Gedanken hatten.
»Ein ziemlich düsterer Anblick, vor allem wenn es Nacht wird«, meinte Asduvarlun. Normalerweise begann er ungern ein Gespräch, aber er wusste, dass Lay Shannon niemals als Erster den Mund aufmachen würde, dabei verspürten sie beide das Bedürfnis, über diesen Wald zu reden. Der Ordensmeister drehte fast unmerklich den Kopf in seine Richtung und nickte, und in dieser schlichten Geste lag mehr als nur Zustimmung.
»Manchmal«, erwiderte er langsam und gesetzt, »trügt der Anschein auch nicht. Es gibt wirklich viele Wesen in diesem Wald, alte und neue. Einige ruhen in einem tiefen Schlaf und es besteht keine Gefahr, solange niemand kommt und sie aufweckt. Andere
warten nur darauf, dass es dunkel wird, um hierher schleichen zu können und jedem, der ihnen begegnet, ein Leid zuzufügen.« Und dann sagte er ziemlich kalt: »Sprechen wir es doch einfach aus: Gremlins, wenn es Euch nicht stört, ihren Namen zu hören.«
Unter seinem Umhang zuckte Asduvarlun mit den Schultern. »Nicht sehr«, sagte er gleichbleibend ungerührt. »Aber mir geht die ganze Zeit schon eine Idee durch den Kopf, ehrwürdiger Shannon, und vielleicht könnt Ihr mir ja weiterhelfen, indem Ihr mir sagt, ob es pure Verrücktheit ist oder sie vielleicht doch etwas taugt. Diese Gremlins kommen doch nach Sonnenuntergang aus ihren Verstecken, nur manchmal greifen sie auch tagsüber die Reisenden an. Also wenn sie sich am helllichten Tag im Wald verbergen, könnte man sie nicht dort überraschend aufstöbern? Am Tag wirken sie geschwächt und es könnte doch von Vorteil sein, sich nicht immer nur verteidigen zu müssen.«
Shannon nickte, ein merkwürdiges Leuchten ging durch seine goldenen Augen: Er schien diese Worte erwartet zu haben. »Sehr gut«, meinte er zufrieden. »Der eiserne General macht seinem Namen alle Ehre. Ihr schlagt also vor, dass wir uns in den Wald begeben sollten, um die Gremlins einmal überraschend anzugreifen. Da sie gewöhnlich stets in Rudeln auftreten, müsste es einen Ort geben, an dem sie sich sammeln, sie und die Toten, die an ihrer Seite marschieren. Sehr gut! Ich habe Euch eine Waffe gegeben, mit der man sie bekämpfen kann, und werde Euch helfen, wenn Ihr mich darum bittet. Aber macht Euch darauf gefasst, dass unter den Soldaten, die die Große Mauer bewachen, nur wenige Euch gern zwischen diese finsteren Bäumen begleiten werden.«
»Das weiß ich.« Asduvarluns Stimme klang fest. »Dennoch könnte ein solcher Schachzug von entscheidender Bedeutung sein. Würdet Ihr Eure Hexer mitbringen, ehrwürdiger Shannon?«
»So viele, wie Ihr benötigt.« Langsam legte sich die Nacht über sie und die Dunkelheit schien sich wirklich dort hinten über diesem Wald, der wie ein einziger schwarzer Fleck wirkte, zu erheben
und sich dann über das Land auszubreiten. General Asduvarlun schwieg eine Weile. Dann fragte er leise: »Und was bezweckt Ihr damit? Denn etwas habt Ihr bestimmt im Hinterkopf, streitet es gar nicht erst ab! Ihr seid an dieser Sache mehr interessiert als an allem, was Euch, seit wir uns kennen, untergekommen ist. Was habt Ihr vor?«
Lay Shannon wirkte nicht verärgert, sondern eher geschmeichelt. »Tharkarún«, sagte er. »Dieser Name will mir nicht mehr aus dem Kopf gehen, seit ich ihn von Elirion gehört habe. Der Menschenkönig ist noch jung und benutzt seinen Verstand nicht so, wie er könnte. Er hielt ihn für einen einfachen Nekromanten, doch kein noch so mächtiger Nekromant hätte Alfargus Sulpicius auf diese Weise umbringen können.« Schweigend musterte er den General, dann fügte er kühl hinzu: »Es tut mir leid, ich vergaß, das Alfargus Euer Schüler war.«
»Ist schon gut«, erwiderte der General brüsk. »Ihr habt etwas über Tharkarún gesagt. Wer ist das Eurer Meinung nach?«
»Ich habe keine Ahnung.« Verärgert schüttelte Lay Shannon den Kopf. »Ich habe noch nie von ihm gehört. Aber je länger ich darüber nachdenke, desto mehr bin ich davon überzeugt, dass er es ist, der die Gremlins lenkt, so absurd dies klingen mag. Und ich glaube, er hat sich uns in Carith Shehon gezeigt, damit wir wissen, dass er hinter allem steckt. Er hat Alfargus nur getötet, um seine Macht zu beweisen. Im Moment würde es ihm nichts bringen, sich offen auf dem Schlachtfeld zu zeigen. Aber wenn wir als Erste zuschlagen,
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