THARKARÚN – Krieger der Nacht
dachte sogar kurz, dass die Shardari Ametista kennen könnten, immerhin befanden sie sich im Faunenreich. Doch diesen Gedanken musste er sogleich verwerfen, als der Krieger, der der Anführer zu sein schien – genauer gesagt war es eine Kriegerin –, sich vollkommen auf den Magus konzentrierte. Der Abgesandte der Götter hatte inzwischen einen Arm gehoben, um das Wort zu erhalten. Morosilvo nahm an, dass er eine seiner üblichen feierlichen Reden halten würde, um ihre Anwesenheit hier zu rechtfertigen, und die Situation auf diese Weise auflösen würde. Aber diesmal zumindest irrte er sich. Der Magus versuchte es nicht einmal und stellte stattdessen lediglich eine Frage.
»Ist Allan Sirio hier?«
Falls die Frau, die die Shardari befehligte, überrascht war, den Namen Allan Sirio zu hören, verbarg sie ihr Erstaunen sehr gut. Morosilvo gelang dies nicht in gleichem Maße. Der verrückte Kräuterkundige, der seine Flucht in der Heiligen Erde aufgehalten hatte, war bestimmt der Letzte, nach dem er jetzt gefragt hätte. Man sah ihm seine Überraschung sehr wohl an und er fing Thix’ Blick auf, der jedoch mit den Schultern zuckte, als wolle er sagen: »Keine Ahnung, was das bedeutet.«
Die schwarz gekleidete Kriegerin schüttelte nur den Kopf, wobei die Münzen an ihrem Gesichtsschleier laut klirrten. »Nein!«, sagte sie und er erkannte, dass es ihre klare, befehlende Stimme gewesen war, die sie bei ihrem allgemeinen Gelächter so kalt erwischt hatte. »Er ist auf dem Feld«, fügte sie hinzu und Morosilvo war mehr als erstaunt, dies zu hören, obwohl es für die dem äußeren Anschein nach absurde Frage des Magus durchaus gute Gründe zu geben schien.
»Ihr kennt ihn?«
»Besser als viele andere«, erwiderte der Magus gutmütig. »Falls ihr zu Eurer Sicherheit wissen wollt, wer wir sind, und das kann ich Euch in diesen Zeiten nicht vorwerfen, müsst Ihr ihm nur
eine Nachricht senden und ihm mitteilen, dass der Herr des Uhus Verannon und seine Gefährten bei Euch sind, dann weiß er schon Bescheid.« Der Uhu auf seiner Schulter stieß einen Ruf aus und drehte den Kopf, als hätte er jedes Wort verstanden. »Doch beeilt Euch bitte, uns läuft die Zeit davon.«
Die Frau nickte, mit Sicherheit hatte sie keine Schwierigkeiten damit, eine schnelle Entscheidung zu treffen. Sie flüsterte dem Gefährten, der ihr am nächsten stand, einige Worte zu, worauf dieser losrannte und schnell in der Ferne verschwand. Die Frau wendete sich wieder dem Magus zu und tat dann etwas, das Morosilvo nie erwartet hätte. Sie nahm das Tuch ab und enthüllte ihr Gesicht. Kurze, ziemlich auffallend rote Locken kamen zum Vorschein. Ihre dunklen Augen musterten ihn aufmerksam und blitzten auf, als sie sagte: »Ich heiße Vàna Deinira und bin die Anführerin der Wachen. Und ich versichere Euch, wenn die Zeit drängt, werden wir bestimmt keine verschwenden.«
Elirion kam gerade in Begleitung von Chatran und Janden von einem Bad im Fluss zurück, als er sah, wie Sirio auf ihn zueilte. Das Verhalten des Druiden beunruhigte ihn umso mehr, da es vollkommen ungewöhnlich für ihn war: Er wirkte äußerst erregt und sorgenvoll. Janden sah erst kurz seinen näher kommenden Onkel an, um dann fragend Elirion anzuschauen. Er brauchte die Frage nicht einmal auszusprechen, um eine Antwort zu erhalten.
»Ich weiß nicht, was er hat, Janden«, sagte Elirion seufzend. Seine langen nassen Haare hingen ihm offen über die Schultern und durchnässten den grünen Umhang. »Das Schlimmste, was ich mir vorstellen kann, ist, dass Brennus es irgendwie geschafft haben könnte, mich sofort von hier zu verbannen. Ich habe immer noch nicht begriffen, warum er mich so ablehnt.«
Janden schlug ihm lachend auf die Schulter und schüttelte mitleidig den Kopf. »Du bist Herrscher über ein fremdes Land und seine Schwester mag dich«, bemerkte er. »Für mich sind das zwei sehr gute Gründe. Aber Brennus ist nicht böse. Außerdem, soviel
Einfluss er auch auf seinen Vater haben mag, Onkel Sirios Einfluss ist größer. Dass er Girvan überzeugen könnte, dich wegzujagen, steht außer Frage.«
Sirio erreichte sie, während Janden seinen Satz beendete, fragte aber nicht, über wen sie gesprochen hatten. »Elirion«, rief er ihn und tat beinahe so, als wäre er allein mit ihm. »Ich habe wichtige Neuigkeiten. Gerade ist ein unerwarteter Gast ins Lager gekommen und deshalb musst du sogleich mit mir kommen. Wir werden gebraucht.«
Elirion versuchte zu erraten, wen er gemeint
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