THARKARÚN – Krieger der Nacht
Explosion die Hälfte seines Gesichts eingebüßt hatte. Der von seinem dichten roten Bart halb verborgene zusammengekniffene Mund und die gerunzelten Augenbrauen ermutigten auch nicht gerade zu Fragen. Dem Elbengeneral Amorannon Asduvarlun, den Ghandar schon lange kannte, brachte der Kommandant offensichtlich Respekt entgegen. Und Dhannam schien es, als sei dies zwar eine ausreichende Garantie für seine Achtbarkeit, mache aus ihm aber noch lange keinen erfreulichen Begleiter. Alte, des Lebens müde Veteranen sind nie eine angenehme
Gesellschaft und Ulf Ghandar kannte im Prinzip nur zwei Beschäftigungen: Entweder er verbreitete sich unentwegt polternd darüber, wie ungenügend etwas oder jemand war, das oder der seinem Befehl unterstand. Oder er warf mit seinen ständig hin- und herwandernden himmelblauen, Funken sprühenden Augen drohende Blicke in alle Richtungen.
Ehrbarkeit schien nicht gerade zu den hervorstechenden Tugenden von Lay Shannon, dem zweiten Kommandanten, zu gehören. Fühlte Dhannam sich schon in der Anwesenheit des Zwergenobersts befangen, verwirrte ihn die Gesellschaft des Schwarzen Hexers zutiefst. Lay Shannon war das zwielichtigste Wesen, das er jemals kennengelernt hatte, und es kam ihm vor, als würde der Hexer nur deshalb alle gründlich erforschen, um sie anschließend in Angst und Schrecken versetzen zu können.
Wie alle Dämonen war Lay Shannon hochgewachsen und bleich. Er hatte schmale, goldfarbene Augen, deren durchdringender Blick unaufhörlich für andere unsichtbare Zeichen zu lesen schien, und sein Gesichtsausdruck wirkte drohend. Seine Haare, die mit Bändern und Amuletten zu Zöpfen gebunden waren, waren blutrot, und dazu trug er ein schwarzes Gewand mit auffallend spitzer Kapuze. Nachdem viele seiner wesentlich erfahreneren Mitbrüder verstorben oder auf unerklärliche Weise verschwunden waren, war Lay Shannon an die Spitze des Ordens gelangt und so zu einer der wichtigsten Autoritäten für Magie in allen acht Reichen geworden. Er verfügte über große Macht, und man hätte keinen Moment daran gezweifelt, dass er sich dessen bewusst war.
»Ein Toter wahrt seine Geheimnisse, aber ein Schwarzer Hexer verteidigt sie.« Nur dieses Sprichwort bürgte für die Zuverlässigkeit Shannons und seiner Männer. Sie wollten verhindern, dass die Geheimnisse ihrer Bruderschaft dem mysteriösen Feind in die Hände fielen, wer auch immer das sein mochte. Andere Gründe, sich einzumischen, hatten sie nicht, und wären sie nicht selbst angegriffen worden, hätten sie ganz bestimmt ihre Mithilfe verweigert.
Dazu kam Zaraks Eskorte. Dhannam zweifelte nicht, dass es sich bei ihnen um fähige und treu ergebene Männer handelte, aber sie waren eben Zarak ergeben, und das beunruhigte ihn. Der Anführer der Schwarzen Wachen trug einen unverständlichen, hart klingenden Namen, an den sich Dhannam nicht mehr erinnerte. Er hatte wie ein ernster, strenger Soldat gewirkt, der seinem Herrn und seinem Beruf treu diente. Hochgewachsen und dunkel wie er war, verstand er es, jeden, der ihm begegnete, einzuschüchtern. Mehr allerdings galt das noch für den anderen Mann in Zaraks Begleitung.
Dieser war groß, hatte grau melierte Haare, eingefallene Wangen und gelbe Augen. Eine lange, gezackte Narbe verunstaltete sein Gesicht. Alles in allem hätte man ihn für einen altgedienten Soldaten halten können, wobei man sich kaum vorstellen konnte, dass er sich der Hierarchie eines regulären Heeres unterordnete. Dhannam hätte sich in seiner Gesellschaft viel wohler gefühlt, wenn der andere nur nicht immer geschwiegen hätte, aber seit sie den Saal im Wald verlassen hatten, war kein Wort über seine Lippen gekommen. Er beschränkte sich stets darauf, möglichst nah bei Zarak und seinem Sohn zu bleiben. Außerdem erinnerte sich Dhannam nicht, ihn im Rat gesehen zu haben, als man die Leute auf die einzelnen Einheiten verteilt hatte, und er war sehr überzeugt, dass dieser Mann ihm aufgefallen wäre. Insgesamt flößte ihm nur einer unter diesen Fremden, mit denen er wohl oder übel viel Zeit verbringen musste, wirklich Vertrauen ein – und das war Ulf Ghandar. Allerdings bedeutete das immer noch nicht, dass er sich in dessen Gesellschaft auch wohlfühlte.
Als Alfargus ihm unter der marmornen Tischplatte heimlich einen Tritt verpasste, bemerkte Dhannam, dass er sich in Gedanken verloren und nicht mehr zugehört hatte. Alle lauschten jetzt Ulf Ghandars aufgeregten Worten.
»… meiner Meinung nach ist es nicht
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