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THARKARÚN – Krieger der Nacht

THARKARÚN – Krieger der Nacht

Titel: THARKARÚN – Krieger der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chiara Strazzulla
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die jetzt in Shilkar auf einer Tischplatte aus schwarzem, grau geädertem Marmor vor ihnen lag. Es stimmte: Sie war wahrhaftig kein schöner Anblick. Genau genommen war der Anblick so schlimm, dass Dhannam Sulpicius mit dem Brechreiz kämpfte.
    Er wusste ganz genau, dass er hier eigentlich nichts zu suchen hatte, und selbst wenn er es kurz vergessen haben sollte, hätten es ihm die zutiefst verärgerten, wenn nicht sogar verächtlichen Blicke von Lay Shannon und den Schwarzen Hexern ausreichend wieder in Erinnerung gerufen. Doch lieber zog er den Hass des ganzen Ordens auf sich, als mit Alfargus und Elirion, die liebend gern mit ihren Schwertern aufeinander losgegangen wären, in dieser düsteren Stadt Carith Shehon zurückzubleiben. Deshalb hatte er mit der hervorragenden Entschuldigung, die beiden Erbprinzen müssten den Befehl über die Stadt führen, sodass nur er blieb, um den immer müder werdenden Gavrilus zu unterstützen, Amorannon Asduvarlun und Zarak Fudrigus und natürlich seinen Vater bis in die verbotene Stadt Shilkar begleitet. Die Stadt der Schwarzen Hexer war gewiss ebenso düster wie Carith Shehon, doch hier herrschte wenigstens keine so angespannte Stimmung. Dass es diesen schwarzen Wesen gelungen war, in die Stadt einzudringen und Panik zu verbreiten, hatte den Brüdern des Ordens einen ziemlichen Dämpfer versetzt. Bis zu diesem
Zeitpunkt hatten sie es genossen, unbesiegbar zu sein. Nun wussten sie, dass auch sie verwundbar waren.
    Ihr Mitbruder, Shannons Stellvertreter dort auf dem Marmortisch, hatte das auf schmerzhafte Weise zu spüren bekommen. Sein hagerer, weißer Körper, der im Halbdunkel des Raumes gleichsam leuchtete, war nicht nur verunstaltet, er war regelrecht in Stücke gerissen worden.
    Dhannam wollte sich nicht ausmalen, wie scharf die Krallen gewesen sein mussten, die ihm den Bauch aufgeschlitzt und das Fleisch bis auf den Knochen eingeschnitten hatten. Die rechte Hand des Toten hing nur noch an einem Strang aus Fleisch und Sehnen herunter. Er wollte überhaupt nicht wissen, warum dieser ohnehin schon knochige Körper jetzt wie ausgedörrt wirkte, die Haut wie in Pergament verwandelt, als wäre jede Feuchtigkeit aus ihr entwichen. Ihn interessierte auch nicht, aus welchen möglichen Gründen die Kiefer des Toten geschwärzt waren, warum sich das Weiß seiner Augen in Gelb verwandelt hatte und die Eingeweide, die aus dem Riss im Bauch hingen, so widerlich stanken. Dhannam war wie gelähmt bei dem Gedanken, er könnte herausfinden, warum das Gesicht den Ausdruck blanker Todesfurcht zeigte. Tatsächlich hätte er am liebsten überhaupt nichts von der ganzen Sache gewusst.
    So kindisch oder egoistisch das auch war, er wünschte sich noch immer nichts sehnlicher, als nach Hause zurückzukehren, inmitten der duftenden Nelken seines Gartens zu sitzen und seine Harfe zu spielen. Doch der Hauch des Todes, der dieses Zimmer durchtränkte, nahm ihm jede Erinnerung an Blumenduft. Diesen zerfetzten Körper umgab ein seltsamer ätzender Geruch, der die Lippen brennen und die Augen tränen ließ. Magie. Eine so intensive und starke Magie, dass sie selbst das unsensibelste Wesen der Welt wahrgenommen hätte.
    Amorannon Asduvarluns Finger glitten fachmännisch über den geschwärzten Rand der Bauchwunde. »Er ist auf die gleiche Weise umgekommen«, sagte er leise.

    Lay Shannon und drei weitere Schwarze Hexer, alles Dämonen, umgaben ihn schweigend. Sie hatten sich die spitz zulaufenden Kapuzen über die Augen gezogen, sodass man ihre Gesichter nicht erkennen konnte. Nur Shannon hatte seine Kapuze nach hinten geschlagen und in seinen gelben Augen leuchtete ein unergründliches Funkeln.
    »So wurden auch meine Soldaten bei den nächtlichen Angriffen umgebracht«, fuhr Asduvarlun fort. »Diese Einschnitte scheinen von spitzen, scharfen Krallen zu stammen. Und dieser Geruch ! Es ist der gleiche wie damals.«
    Shannon nickte und schüttelte dabei seine rote Mähne. »Das ist Magie«, sagte er leise. »In meinem ganzen Leben bin ich noch keinem Zauber begegnet, der so intensiv war. Und das ist nur der Rest, der im Körper verblieben ist! Ursprünglich muss die Magie zehnmal stärker gewesen sein, so intensiv, dass es meine Vorstellungskraft übersteigt. Aber irgendetwas stimmt hier nicht.« Er fuhr sich mit der Zungenspitze über die Lippen und verzog dabei angeekelt den Mund. »Da ist etwas faul.«
    Dhannam roch zwar nichts Faules, hätte sich aber trotzdem beinahe übergeben. Angesichts der blutigen

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