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The Bone Season - Die Träumerin (German Edition)

The Bone Season - Die Träumerin (German Edition)

Titel: The Bone Season - Die Träumerin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samantha Shannon
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bestimmt Nadine.«
    Die Augen und die ruhelose Mimik waren dieselbe wie bei ihrem Bruder, aber damit endeten die Ähnlichkeiten auch schon. Ihre Haar war rot gefärbt und so akurat geschnitten wie mit einem Lineal. In den Zitadellen von Scion herrschten üblicherweise Mode und Sprache aus der Zeit vor, als sie gegründet wurden. In SciLo trug man neutrale Farben und viktorianische Schnitte, während Nadines gelbes Shirt, ihre Jeans und die roten High Heels sie eindeutig als Tourist kennzeichneten – sie schrien ihre Andersartigkeit geradezu heraus. »Soweit ich weiß«, antwortete sie.
    Nick drehte sich wieder zu Zeke um und kniff leicht die Augen zusammen. Ich tat mich ebenfalls schwer damit, seine Aura einzuordnen. Als sie Nicks Blick bemerkte, schob sich Nadine dichter an ihren Bruder heran.
    »Was ist?«
    »Gar nichts, tut mir leid«, sagte Nick schnell. Er warf einen prüfenden Blick auf die Universität, bevor er sich wieder auf die beiden konzentrierte. »Wir müssen uns beeilen. Ich gehe davon aus, dass ihr euch die Sache gut überlegt habt, denn sobald ihr dieses Gebäude hinter euch lasst, gibt es kein Zurück mehr.«
    Zeke sah seine Schwester fragend an, doch die starrte mit verschränkten Armen auf ihre Schuhe. »Wir sind uns sicher«, sagte er dann. »Wir haben unsere Entscheidung getroffen.«
    »Dann lasst uns gehen.«
    Am Ende der Straße quetschten wir uns zu viert in ein Taxi. Nadine wühlte kurz in ihrer Tasche und zog einen Kopfhörer hervor. Wortlos setzte sie ihn auf und schloss die Augen. Ihre Lippen zitterten leicht.
    »Zur Monmouth Street, bitte«, wies Nick den Fahrer an.
    Der Wagen setzte sich in Bewegung. Zum Glück gab es diese Taxis ohne Lizenz. Sie zogen ihren Seherfahrgästen auch ziemlich viel Geld aus der Tasche.
    In der Monmouth Street bewohnte Jax eine dreigeschossige Maisonettewohnung über einer kleinen Boutique. Dort übernachtete ich auch oft, wobei ich meinem Vater immer sagte, ich würde bei Freunden schlafen. Im Grunde genommen war das ja nicht gelogen. Monatelang hatte ich gelernt, die Drahtseilakte in der Sehergemeinschaft zu meistern: Ich hatte mir die Strukturen der verschiedenen Gangs eingeprägt, die Namen ihrer Anführer, die Umgangsformen und Animositäten zwischen den Sektoren. Jetzt stellte Jaxon meine Gabe auf die Probe, brachte mir bei, eine von ihnen zu sein.
    Schon wenige Wochen, nachdem ich den Job angetreten hatte, war ich dazu in der Lage, meinen Geist bewusst aus seiner Verankerung zu lösen. Dabei hatte sofort meine Atmung ausgesetzt. Jax und Eliza gerieten in Panik und glaubten, sie hätten mich umgebracht. Ganz der Arzt, hatte Nick mir eine Adrenalinspritze ins Herz gerammt und mich so wiederbelebt, und auch wenn ich danach noch eine Woche lang Brustschmerzen hatte, war ich stolz wie Oskar gewesen. Zu viert waren wir ins Chateline’s gegangen, um zu feiern, und Jax hatte für das nächste Mal eine Herz-Lungen-Maschine bestellt.
    Ich passte zu diesen Leuten. Sie verstanden genau, wie fremdartig meine Welt war, eine Welt, die ich gerade erst zu entdecken begann. Wir hatten uns eine kleine Welt in Seven Dials geschaffen, eine Welt der Verbrechen und Farben. Nun hatten wir eine Fremde unter uns. Vielleicht sogar zwei, falls Nadine sich tatsächlich als interessant herausstellen sollte.
    Ich tastete mich zu ihren Traumlandschaften vor. Nadines war vollkommen durchschnittlich, aber Zekes … doch, ja, die war interessant. Eine dunkle, bedrückende Präsenz im Æther.
    »Also, Zeke«, eröffnete Nick das Gespräch, »woher kommt ihr?«
    Zeke blickte hoch.
    »Ich bin in Mexiko geboren, aber jetzt lebe ich bei Nadine.«
    Mehr Erklärung kam nicht. Ich spähte über die Schulter nach hinten. »Und wart ihr schon einmal in einer Scion-Zitadelle?«
    »Nein. Ich war mir auch nicht sicher, ob das so eine gute Idee ist.«
    »Aber ihr seid trotzdem gekommen.«
    »Wir wollten einfach für eine Weile weg. Nadines College hat Plätze für die Konferenz ausgeschrieben. Ich war neugierig auf Scion.« Er starrte auf seine Hände. »Ich bin froh, dass wir uns dazu entschlossen haben. Seit Jahren fühlen wir, dass wir anders sind, aber … na ja, jetzt hat Mr Hall uns erklärt, warum.«
    Das schien Nick zu interessieren. »Wie steht man denn in den Staaten offiziell zur Hellseherei?«
    »Sie nennen es extrasensory perception , kurz ESP , also außersinnliche Wahrnehmung. Ansonsten sagen sie nur, dass es von Scion gesetzlich als Krankheit klassifiziert wurde und dass eine

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