The Carrie Diaries - Carries Leben vor Sex and the City - Band 1
Flamme für den Plan. Wir beschlossen, dass sie die Leiter besorgen sollte und Mouse und ich uns um die Farbe kümmerten. Klar, dass Maggie auch dabei sein wollte. Da sie erfahrungsgemäß für solche Abenteuer eher nicht zu gebrauchen ist, übertrugen wir ihr die Aufgabe, für Whiskey und Zigaretten zu sorgen. Als herauskam, dass sie Peter von unserem Vorhaben erzählt hatte, war ich ziemlich sauer. Ich verlangte von ihr, ihm zu sagen, wir hätten die Aktion wieder abgeblasen, aber sie meinte, dafür sei es schon zu spät. Peter sei total begeistert und wolle unbedingt mitkommen. Toll. Ich kann mir schon denken, wie das abläuft. Wahrscheinlich wird er nur blöd in der Gegend herumstehen und zu allem seinen Senf abgeben.
Nach Mathe gehe ich zur Scheune, um mir ein Bild davon zu machen, was auf uns zukommt. Obwohl das Gebäude bestimmt schon an die hundert Jahre alt ist, sieht es absolut stabil aus, allerdings ist das Dach höher und steiler, als ich gedacht hätte. Aber kneifen kommt nicht in Frage, sonst bepinseln spätestens nächste Woche ein paar Jungs das Dach, und ich habe mir geschworen, meinen Teil zur Geschichte der Castlebury High beizutragen. Selbst wenn davon in ein paar Jahren nichts mehr zu sehen sein wird, will ich, wenn ich mal alt bin, sagen können: »Ich habe es getan. Ich habe damals das Jahr unseres Schulabschlusses auf das Dach der alten Scheune gemalt.«
In letzter Zeit finde ich die Schule weniger nervig als sonst und bin ziemlich gut gelaunt. Zur Feier des Tages habe ich mich stilecht in Schale geworfen: Jeanslatzhose, Chucks und ein rotweiß
kariertes Secondhand-Hemd, die Haare rechts und links zu zwei Zöpfen geflochten und als krönender Abschluss ein Lederstirnband.
Als ich so dastehe und zum Dach hinaufstarre, überkommt mich plötzlich ein unerklärliches Glücksgefühl, und ich jage wie John Belushi in »Ich glaub’, mich tritt ein Pferd« jauchzend einmal um die Scheune herum. Als ich völlig außer Atem wieder an meinem Ausgangspunkt ankomme, steht da plötzlich Sebastian Kydd und sieht mich mit hochgezogener Augenbraue an, während er lässig eine Zigarette aus seinem Marlboro-Softpack klopft.
»Und, amüsierst du dich gut?«, fragt er.
»Klar«, keuche ich. Wahrscheinlich sollte ich jetzt vor Scham im Boden versinken, aber das tue ich nicht. Ich habe schon vor langer Zeit beschlossen, mich nicht in das geschlechterspezifische Raster – Mädchen werden ständig rot, Mädchen ist ständig irgendwas peinlich – pressen zu lassen. »Und was ist mir dir? Amüsierst du dich auch?«
»Mal mehr, mal weniger.«
Ich bin mir sicher, dass er sich amüsiert – allerdings nicht mit mir. Wie es nach dem Abend im Emerald weiterging? Gar nicht. Er hat mich nie angerufen, ist nie bei uns zu Hause vorbeigekommen – wenn überhaupt, wirft er mir höchstens rätselhafte Blicke zu, wenn wir uns im Mathekurs sehen oder im Schulgebäude oder uns wie jetzt hier vor der Scheune über den Weg laufen. Ich rede mir ein, dass ich kein Problem damit habe. Ich brauche sowieso keinen Freund. Das hindert mein kleines verräterisches Herz jedoch nicht daran, wie verrückt zu klopfen, sobald ich spüre, dass er in der Nähe ist. Es ist fast so schlimm wie damals mit zwölf – nein, eigentlich ist es sogar
noch schlimmer, weil ich mich inzwischen besser im Grif haben müsste.
Ich werfe ihm einen verstohlenen Blick zu und bin heilfroh, dass er meine Gedanken nicht lesen kann. Aber er achtet ohnehin nicht mehr auf mich, sondern blickt interessiert über meine Schulter hinweg. Als ich mich umdrehe, sehe ich, wie die beiden Jens in ihren hochhackigen Pumps den Hügel heraufgestakst kommen, als würden sie zum ersten Mal in ihrem Leben über eine Wiese laufen. Es überrascht mich nicht, dass die beiden hier aufkreuzen. Die Jens sind schon seit Monaten praktisch ununterbrochen in Sebastians Windschatten unterwegs. »Ah«, sage ich. »Dein Fanklub ist im Anmarsch.«
Er sieht mich stirnrunzelnd an, sagt aber nichts. In meinen Tagträumen ist Sebastian jemand, der unglaublich scharfsinnig ist und alles durchschaut. Aber in Wirklichkeit habe ich keine Ahnung, wer er ist.
Lali holt mich an diesem Abend um neun zu Hause ab. Wir tragen beide schwarze Rollkragenpullis, schwarze Jeans und Turnschuhe.
Am Himmel steht ein hell leuchtender Herbstmond. Lali reicht mir ein Bier und stellt das Radio so laut, dass wir uns anschreien müssen, um uns zu verstehen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass das die coolste Aktion
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