The Cocka Hola Company: Roman
Für gute Schnittmöglichkeiten haben mindestens drei Kameras zugleich zu laufen. Auch der Durchschnittszuschauer stellt mittlerweile hohe Anforderungen und erwartet z.B. einen durchgehenden Bewegungsrhythmus, das ist beim Schnitt zu beachten. Die Kameramänner haben aktiv für dynamische Kameraführung zu sorgen. Die Qualität des Films hängt ebenso sehr von der »Teilnahme« der Kamera beim Akt ab wie von der Glaubwürdigkeit der Darsteller. Kamera und aktive Genitalien sollten zu einer Einheit werden. Das Weitwinkelobjektiv ist dazu der Schlüssel.
§9 Handlung: ganz nach Wunsch. Man vergesse nicht, dass der Kunde ab dem zweiten Mal, wo er den Film sieht, über die narrativen Sequenzen wegspult; mit anderen Worten, man verschwende nicht zu viel Arbeit und Ressourcen auf die Handlung. Ein gewisser »Plot« oder ein Thema kann hilfreich sein, um einen interessanten Titel zu finden. Ein originelles Skript kann – so unwahrscheinlich es ist – Kultstatus erlangen, was Absatz an Filmklubs usw. bedeutet. Generell gesehen wird die Handlung immer unwichtiger. Die meisten aktuellen Filme präsentieren sich eher als eine Art sportliches Ereignis oder Zurschaustellung denn als Filme im eigentlichen Sinn.
§10 Verbote:
In Heterofilmen hat keinerlei männliche Homosexualität vorzukommen, auch nicht andeutungsweise.
Ejakulationen haben ausschließlich in das Gesicht/ auf den Mund der Darstellerinnen zu erfolgen.
Eine jede Szene hat stets sowohl vaginale als auch orale als auch anale Penetration zu enthalten. Jeder Film hat so viele Stellungskombinationen und Penetrationsweisen wie möglich zu enthalten. Was fehlt, wird vom Kunden vermisst.
Vorhaut über der Eichel während der Erektion ist generell untersagt.
Wenn Darstellerinnen bei tiefen Oralszenen oder Ejakulation aufs Gesicht würgen oder sich erbrechen müssen, wird dies beim Schnitt entfernt.
Schmerzenslaute der Darstellerinnen bei analer Penetration sollten ebenfalls im fertigen Film nicht mehr enthalten sein (es sei denn, sie gehören zum narrativen Setting) .
Niemand in den Reihen von DESIREVOLUTION zieht Ritmeesters Kompetenz in Zweifel. Er hat extreme Mengen Pornos gesehen. Daher auch die Wichtigkeit der Ritmeester-Rapporte, die Eisenmann zu jedem Infomeeting mitbringt. Bislang ist es nicht oft vorgekommen, dass einer der Mitwirkenden oder auch Regisseur-Peter sich blamiert hätten, aber die wenigen Male, wo es geschehen ist, haben sie es auch zu hören bekommen. Tiptops Weste war wie gesagt bislang unbefleckt. Der Umsatz aus der Videoproduktion ist bei DESIREVOLUTION die Basis sowohl des Konzerns als auch der Tochterunternehmen. Ist man in Ritmeesters Augen schuld an der minderen Qualität eines Films – Ritmeester pflegt mit seiner diesbezüglichen Meinung nicht hinter dem Berg zu halten –, so trägt man voll und ganz die Verantwortung für gegebenenfalls nötige Budgetkürzungen für sämtliche Tochterunternehmen. Man braucht nicht viel Fantasie, um sich vorzustellen, dass so was z.B. bei Simpel nicht gerade gut ankommt.
Tiptop weiß nur zu gut, dass er gegen § 10 a) der Konventionen verstoßen hat und, abgelenkt infolge des Bruchs von § 10 a), auch gegen § 10 b). Soviel er weiß, ist eine solche doppelte Übertretung in der Geschichte von DESIREVOLUTION noch nie vorgekommen. Falls THE COCKA HOLA COMPANY bereits fertiggestellt und zur Bewertung an Ritmeester übersandt worden ist und Ritmeester den Film auch schon bewertet hat – woran kein Zweifel bestehen dürfte, er ist bei so was blitzschnell –, dann könnte Tiptop ein schwerer Tag bevorstehen, vielleicht auch eine schwere Woche. Fürchtet Tiptop.
Ritmeester, der Pornoideologe, hat in seiner Wohnungstür einen guten altmodischen Briefschlitz, durch den die DESIREVOLUTION-Filme und die übrige Post zu ihm gelangen. Alles plumpst direkt auf sein Parkett, und zwar nicht in den Wohnungsflur, sondern direkt in die gute Stube: Ritmeester lebt auf 22 Quadratmetern, und die Wohnungs- ist auch die Wohnzimmertür. Nicht gerade wenig Post purzelt zu ihm herein. Erst mal sechs internationale Tageszeitungen: Frankfurter Allgemeine Zeitung, The Herald Tribune, Neue Zürcher Zeitung, The New York Post, El País, Le Monde und Financial Times. Dazu jeden Tag drei nationale und zwei regionale Zeitungen. Rechnet man Ritmeesters weitere Abonnements auf den Monat um, so ergibt sich, dass so gut wie jeden einzelnen Tag etwas bei ihm eintrifft, wohlgemerkt über die Tageszeitungen hinaus. Allmonatlich kommen
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