The Cutting
natürlich ein, zwei Chirurgen zur Unterstützung. Wir glauben, dass Kane gerade dabei ist, sein kleines Geschäft dichtzumachen, und dass er alle ausschalten will, die irgendetwas darüber wissen. Spencer und dessen Frau hat er bereits umgebracht. Wilcox vielleicht auch. Wir wissen nicht, ob Holland überhaupt in der Sache mit drinsteckt, aber falls ja, dann schwebt er in größter Gefahr. Ich schlage vor, Sie nehmen ihn in Schutzhaft oder lassen ihn zumindest überwachen, für den Fall, dass Kane sich an ihn heranmacht.«
»Ich maile dir alles, was wir über Kane haben«, sagte Maggie.
»Habt ihr auch ein Bild?«, fragte Bell. »Unsere Leute wollen sicher wissen, nach wem sie da eigentlich Ausschau halten sollen.«
»Ein altes, das vor ungefähr zehn Jahren aufgenommen wurde«, erwiderte McCabe. »Darauf sind die vier Freunde auf einem Berggipfel zu sehen. Wir machen Kane am Computer ein bisschen älter und schicken es Ihnen zu.«
»Hört sich gut an«, sagte Bell. »Kommst du trotzdem her, Maggie?«
»Klar, aber nicht heute. Ich melde mich, okay?«
»Ich würd mich echt freuen. Wie lange ist das jetzt her? Fünf Jahre?«
»So ungefähr.«
Maggie schaltete das Handy aus.
»Na, ein Fall von ›Alte Liebe rostet nicht‹?«, sagte McCabe.
»Eher nicht«, erwiderte Maggie. »Und außerdem ist er vergeben, genau wie du. Verheiratet und ein Baby.« Sie lächelte ihn an. »Viel Glück mit deiner Ex. Du willst jetzt bestimmt noch ein bisschen Zeit mit Casey verbringen, und ich habe auch noch eine Menge auf dem Zettel.«
Obwohl sie mit einem Meter zweiundsechzig für ihr Alter ziemlich groß und noch längst nicht ausgewachsen war, wirkte Casey, wie sie da in seinem großen Sessel saß, eher klein. Ihre Füße reichten nicht einmal bis auf den Boden. Die rote Reisetasche, die sie immer für Übernachtungen mitnahm, stand neben ihr. Bunny saß auf ihrem Schoß. Casey fummelte an den Überbleibseln des Stofftiers herum, das mittlerweile hauptsächlich aus zerfledderten Ohren bestand.
McCabe hätte jetzt auch gut etwas zum Herumfummeln brauchen können. Ein Stoffhäschen für Erwachsene. Eine Zigarette wäre jetzt genau das Richtige, dachte er. Damit würde er sogar Sandy glücklich machen. Sie könnte ihn wegen Kindesgefährdung durch Passivrauchen anzeigen. Er schob das Verlangen beiseite.
»Hallo«, sagte er.
»Hallo.«
»Bist du startklar?«
»Ja.«
»Und Bunny nimmst du mit?«
Sie hob den Blick. Ihr ovales, von dunklen Haaren umrahmtes Gesicht wurde Sandys mit jedem Tag ähnlicher. »Ja«, sagte sie bestimmt, als rechnete sie mit seinem Widerspruch.
»Okay.«
Sie trug eines ihrer neuen Outfits. Die restlichen neuen Sachen lagen wahrscheinlich in der Tasche. So wie sie dasaß, erinnerte sie ihn unwillkürlich an das letzte Kind im Sommerlager, das Kind, das immer zu spät abgeholt wird. Er setzte sich ihr gegenüber auf das weiße Sofa. »Es wird bestimmt nett werden. Es wird dir gefallen.«
Sie schaute ihn an, als hätte er gerade etwas Dämliches gesagt, und wandte den Blick dann wieder Bunny zu.
Eine ganze Weile blieben sie stumm. Schließlich stand er auf und kniete sich vor sie hin. Er nahm ihre Hände in seine. »Casey, ich weiß, wie schwer das für dich ist, nach drei Jahren. Ganz ehrlich. Ich glaube, einer der Gründe dafür, dass deine Mutter dich besuchen möchte, ist, dass sie erkannt hat, wie viel ihr entgangen ist, weil sie an deinem Leben nicht teilgenommen hat, und wie sehr ihr das leidtut. Vielleicht hast du ja auch irgendwie das Gefühl, du würdest mich hintergehen, wenn du mit Sandy zusammen bist. Das ist aber nicht so. Ich glaube, es täte dir gut, deine Mutter wieder neu kennenzulernen. Und wenn ich sage, ich hoffe, dass es dir gefällt, dann meine ich damit nicht das schicke Hotel oder das Theater oder all das Zeug. Ich möchte, dass es dir gefällt, mit deiner Mutter Zeit zu verbringen. Nicht, weil ich sie liebe – das ist wirklich schon längst Vergangenheit –, sondern weil ich dich liebe. Verstehst du, was ich meine?«
McCabe gab seiner Tochter einen Kuss. Dann setzte er sich wieder auf das Sofa. Ein paar Minuten später kam sie zu ihm, setzte sich auf seinen Schoß und umarmte ihn. So blieben sie sitzen, bis es um fünf Minuten nach vier an der Tür klingelte.
»Hallo, McCabe.«
»Hallo, Sandy.« Sie war so wunderschön wie eh und je. Der Reichtum stand ihr gut. Er spürte sein Herz rasen und holte tief Luft, um seinen Puls zu beruhigen.
»Darf ich reinkommen?
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