The Innovator's Dilemma
Prime, Wang und Nixdorf. Schließlich führte IBM doch noch eine Linie von Minicomputern ein. Das tat das Unternehmen aber im Wesentlichen nur, um seine Position zu verteidigen, als IBM feststellte, dass die Hersteller von Minicomputern ihre Geräte bereits so weit entwickelt hatten, dass sie auch für IBMs Hauptkunden attraktiv waren.
Ganz ähnlich war es bei den Minicomputern. Keiner der führenden Hersteller schaffte eine nennenswerte Marktposition bei den Desktop-PCs. Der [137] Desktop-PC war eine disruptive Technologie. Dieser Markt wurde durch neu eingetretene Unternehmen geschaffen. Darunter waren Apple, Commodore, Tandy und IBM. Hersteller von Minicomputern waren außergewöhnlich florierende Unternehmen, von Investoren, der Wirtschaftspresse und Managementforschern hoch geschätzt – bis in die späten 1980er Jahre. Zu dieser Zeit schnitt der Entwicklungspfad der Desktop-PCs die Gerade der Kundenerwartungen von Minicomputer-Käufern. Der raketenartige Angriff der Desktop-Hersteller setzte den Minicomputer-Produzenten schwer zu. Viele von ihnen kamen zu Fall. Keiner konnte sich nachhaltig am Markt behaupten.
Eine ähnliche Kette von Ereignissen zeichnete sich bei der Einführung der Laptops ab. Der Markt wurde von Neueinsteigern wie Toshiba, Sharp und Zenith geschaffen und später dominiert. Apple und IBM, die führenden Hersteller von PCs, ignorierten lange Zeit diesen Markt. So lange, bis der Entwicklungspfad der Laptops die Bedürfnisgerade der PC-Kunden schnitt.
Wahrscheinlich wurde keines dieser Unternehmen so hart getroffen wie Digital Equipment. Innerhalb weniger Jahre fiel DEC ins Bodenlose. Als einzelne Arbeitsplätze und vernetzte Desktop-Computer die Minicomputer überflüssig machten, war DECs Schicksal über Nacht besiegelt.
Natürlich stürzte DEC nicht aufgrund von mangelnden Versuchen. Zwischen 1983 und 1995 versuchte sich das Unternehmen vier Mal mit Desktop-PC-Linien. Diese Produkte waren technologisch viel einfacher als seine Minicomputer. Vier Mal scheiterte DEC in diesem Wertesystem, das man als durchaus profitabel ansah. Warum? DEC lancierte diese Produktlinien vom Mutterhaus aus 172 . Die Unternehmensleitung traf die Entscheidung, in das PC-Geschäft einzusteigen. Dennoch sahen Mitarbeiter und Führungskräfte, die im Tagesgeschäft entscheiden und handeln mussten, keinen Sinn darin, ihre Zeit, Geld und Energie in Low-Margin-Produkte zu investieren, die ihre Kunden gar nicht haben wollten. Die vielfältigen Gründe für solche Phänomene wurden bereits ausführlich diskutiert. Hochleistungsprojekte, die wesentlich höhere Margen versprachen, wie DECs superschneller Alpha Microprozessor und sein Ausflug in Mainframe-Computer, beanspruchten sämtliche Ressourcen und alle Aufmerksamkeit.
DEC versuchte in das Desktop-PC-Geschäft vom Mutterhaus aus einzutreten. Daher war das Unternehmen gezwungen, einen Spagat zwischen zwei Kostenstrukturen zweier Wertesysteme zu schaffen. Es gelang nicht, ausreichend Fixkosten abzubauen, um im Low-End PC Markt wettbewerbsfähig zu sein. Die Strukturen und die damit verbundenen Fixkosten waren nötig, um im Wettbewerb für die High-End-Produkte erfolgreich zu sein.
Die Erfolgsgeschichte von IBM in den ersten fünf Jahren der PC-Branche ist anders. Das Unternehmen schuf eine unabhängige Organisation in Florida – weit entfernt von der Zentrale in New York. Diese Organisation hatte sämtliche Freiheiten im Einkauf der einzelnen Komponenten, im Vertrieb [138] über die eigenen Kanäle, im Aufbau der nötigen Strukturen. Die Organisation konnte sich frei und unabhängig bewegen. Sie orientierte sich konsequent an den Erfordernissen und Erfolgsfaktoren des PC-Marktes. Vielfach wird die Meinung vertreten, dass erst IBMs spätere Entscheidung, die PC-Division stärker mit IBMs Hauptorganisation zu verbinden, verantwortlich für die großen Schwierigkeiten war, Marktanteile und die Profitabilität der PC-Sparte zu halten. Das reibungslose Zusammenleben zweier unterschiedlicher Kostenstrukturen und zweier unterschiedlicher Geschäftsmodelle scheint äußerst schwierig zu sein.
Die Schlussfolgerung, dass ein einzelnes Unternehmen es kaum schaffen kann, gleichzeitig eine disruptive Technologie einzuführen und das etablierte Geschäft im Hauptmarkt zu halten, gefällt vielen Managern nicht wirklich – vor allem nicht den sogenannten . „Macher-Typen“ unter ihnen. Die meisten Führungskräfte versuchen genau das, was Micropolis
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