The Sign Bd. 1 Nur zu deiner Sicherheit
einem haben wollen. Was soll denn sonst noch dahinterstecken?«
»Es geht hier um Kontrolle, Dee.« Die Erinnerung an jenen Nachmittag bei Rita kam mir wieder in den Sinn – damals hatte ich keine Kontrolle über mich selbst gehabt. In dem Moment waren Sals Küsse und meine Reaktionen darauf das Einzige gewesen, was für mich von Bedeutung war. Selbst jetzt noch fing mein Körper unwillkürlich an zu kribbeln bei dem Gedanken an seine Hand auf meiner Haut. Hätten wir nicht aufgehört, wären wir mit Sicherheit weiter gegangen, vielleicht hätte ich sogar Sex mit ihm gehabt. Ich schob die Erinnerung so gut es ging beiseite und fuhr fort: »Die Tätowierung – dank ihr kann jeder genau sehen, ob du sechzehn bist oder nicht. Dann wirst du als Erwachsene betrachtet …«
Offensichtlich gelangweilt von meinen Ausführungen, fingerte Dee jetzt an ihrem PAV herum und zog die Beine hoch. »Du wirst also Sex mit Sal haben, wenn du sechzehn bist?«
»Selbstverständlich nicht.« Ich verschränkte die Arme vor der Brust und starrte den Gang runter, wobei ich wieder an den Tag bei Rita denken musste. Und ich fragte mich, ob mein Körper wohl irgendetwas auf meine Worte gab.
XXXVIII
»Ich bin noch nicht so weit.« Ich starrte aus dem Wohnzimmerfester. Ich war zu Wei gegangen, nachdem ich Dee nach der Schule nach Hause gebracht hatte. Dee hatte über Halsschmerzen geklagt, weshalb ich den Nachmittag zur freien Verfügung hatte.
»Ist alles halb so schlimm. Die Tätowierung der Distel hat viel länger gedauert und war weitaus schmerzhafter.«
»Ich mach mir doch wegen der Schmerzen keine Gedanken. Sondern wegen des ganzen Drucks, der mit sechzehn auf einen zukommt, und wegen dieser We LS -Sache … Ich befürchte, ich pack das alles nicht. Ich fand es ja vorher schon schlimm genug, dass man zwei Jahre lang keinen Kontakt zu seiner Familie haben darf, aber jetzt? Wei, was wenn Ed seine Drohungen wahr macht? Was wenn ich auserwählt werde und nicht in der Gruppe von Mädchen ende, die in Sicherheit ist?« Ich sah sie Hilfe suchend an.
»Denk daran, die Auswahl findet erst nach dem Großen Feiertag statt«, versuchte sie mich zu beruhigen. »Ich bin überzeugt, bis dahin wird Dad eine Lösung gefunden haben, wie wir deinen Vertrag zurückbekommen.«
»Das hoffe ich.« Ich griff nach ihrem Arm und betrachtete eingehend ihr Distel-Tattoo. »Weißt du, mir gefällt dieses Design. Das ist echt ultra, mehr als ultra.«
Wei lachte. »Als es bei mir so weit war, da wollte ich, dass es ganz allein meins ist, nicht nur ein Brandzeichen der Regierung. Ich war die erste Kreative, die je etwas dergleichen getan hat. Die Verantwortlichen an der Schule luden sogar Vertreter der Regierung ein, um sicherzugehen, dass das auch alles legal war. Schon lächerlich, wenn der Regierungsrat uns erzählt, dass bei uns Rede- und Meinungsfreiheit herrscht, wo das doch gar nicht wahr ist.«
»Und was tust du, wenn die XVI langsam verblasst?« Nach ungefähr drei Jahren verschwanden die Tattoos allmählich, nach fünf Jahren sollten sie nicht mehr zu sehen sein. In den meisten Fällen aber verfärbte sich das Tattoo zu einem kränklich wirkenden blass-grünen Schatten.
»Der Typ, der mir das hier gemacht hat, tätowiert mir noch eine weitere Distel über die XVI , wenn ich einundzwanzig bin.«
Wei deutete auf eine kleine Narbe hinter ihrem rechten Ohr. »Mein GPS hab ich mir auch rausnehmen lassen. Ich find es immer wieder erstaunlich, wie viele Mädchen, und auch Jungs, ihres behalten. Mein Dad meint, die Regierung lässt in den Medien Schauermärchen verbreiten, damit wir uns fürchten, und will uns dann weismachen, dass wir in Sicherheit sind, solange wir das GPS tragen. Mom bezeichnet das als passive Gehirnwäsche. Ein Haufen Scheiße ist das, sonst nichts. Denn in Wahrheit will der Regierungsrat doch nur, dass sie einen auf Schritt und Tritt überwachen können, wann immer sie wollen.«
Ich berührte meinen Sender und fragte mich, ob es sich dabei tatsächlich um einen kleinen Verräter handelte. »Vielleicht hat Ed mich so neulich ausfindig gemacht«, meinte ich.
»Der Gedanke ist mir auch schon gekommen, aber Dad glaubt das nicht. Er bezweifelt, dass ein Auswähler Zugriff auf das Such- und Aufspürsystem der Regierung hat.«
Ich konnte nur hoffen, dass sie recht hatte. Irgendwie hatte er mich jedenfalls gefunden. »Vielleicht hat er ja aufgegeben. Jetzt ist es schon bald zwei Wochen her.«
»Werd bloß nicht unvorsichtig.« Sie war
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