The Sign Bd. 1 Nur zu deiner Sicherheit
höchsten Effekt erzielte. Sandy hatte die Bewegung Tag für Tag einstudiert, mithilfe des Artikels »Nonverbale Signale richtig einsetzen«.
Ich fand das albern – und trotzdem saß ich jedes Mal da und sah ihr zu, während sie übte. Doch mit meinem kurzen, dunklen Haar war das Ganze natürlich nicht halb so beeindruckend.
»Wer ist das?«, erkundigte sie sich bei Derek. »Einer aus deiner Band?«
»Nein, ist ein Freund von Nina.«
Mir entging nicht, dass sie drauf und dran war, noch etwas hinterherzuschieben, deshalb sagte ich rasch etwas, bevor sie es tat. »Das ist Sal.«
Mike deutete auf die Wunden in Sals Gesicht. »Was ist denn mit dir passiert? Hast du nähere Bekanntschaft mit einem Trannie gemacht?«
»Wäre wohl auch nicht schlimmer gewesen.« Sal lachte. »Ich bin gegen eine Tür gerannt.«
»Hey.« Derek hatte ihn eindringlich gemustert. »Dich kenn ich. Du bist an der Daley. Mein Schließfach ist gleich gegenüber von deinem.«
»Oh, stimmt«, pflichtete Mike ihm bei. »Du bist doch der Typ, dessen Eltern bei dem Leviton-Unfall ums Leben gekommen sind.«
Mike ist echt ein Meister darin, nicht lange um den heißen Brei herumzureden, ganz gleich, wie taktlos es ist.
»Der bin ich«, erwiderte Sal.
»Das ist ja fürchterlich«, sagte ich. »Tut mir wirklich …«
»Mein Dad ist auch tot.« Sandy trat näher an ihn heran und schenkte ihm ihr bezauberndstes Lächeln. Dazu zwirbelte sie sich eine Strähne ihres Haars um den Finger.
Das stammt auch aus »Nonverbale Signale richtig einsetzen«. Sandy führte sich echt auf wie eine typische Sechzehnjährige. Ihr war es gleich, dass sie erst in einem Monat Geburtstag hatte. Und dass sie ihren toten Vater erwähnte, um eine gemeinsame Basis mit Sal zu schaffen, hätte mich auch nicht weiter überraschen dürfen. Sie war so dermaßen scharf darauf, von Jungs beachtet zu werden, dass ihr dazu nahezu jedes Mittel recht war. Doch da es für mich das Letzte war, was ich wollte, hielt ich den Mund und sagte keinen Ton über meinen Dad.
Ich hatte ja gehofft, dass Sal jetzt verschwinden würde, doch er machte keinerlei Anstalten. Ich wollte Sandy davon abhalten, sich weiter zum Idioten zu machen und sich ihm an den Hals zu werfen. Doch fiel mir nichts anderes ein als ein wenig Small Talk. »Bei wem lebst du denn dann?«
Sal sah mir in die Augen. Ich hatte nicht erwartet, was für eine Wirkung diese dunklen braunen Augen auf mich haben würden. Mein Puls begann zu rasen, und ich fühlte, wie mir das Herz in der Brust pochte. Ich blickte betreten zu Boden und zog mit meinen Fußspitzen Rillen in den Kies.
»Mein Bruder, John, hat mich bei sich aufgenommen, nachdem unsere Eltern gestorben waren. Ich helfe ihm dabei, Transporter und City-Transitfahrzeuge zu reparieren. Meine Schwägerin meint, damit wäre für Kost und Logis bezahlt.«
»Du arbeitest also mit Trannies?«, meinte Mike. »Das ist ja cool. Ich habe vor ein paar Tagen einen gesehen, den ich gern hätte. Ein Cruiser aus den frühen Dreißigern; rot wie ein Kometenschweif, mit Orion-Verzierungen und Chromax-Hebeln. Mann, ich würde alles geben, um so einen Wagen zu kriegen.«
»Hast du denn einen eigenen?«, wollte Derek wissen. Es hatte den Anschein, als wäre er nicht weniger beeindruckt als Mike. Der Druck war von mir genommen, zumindest fürs Erste.
»Ich hab letztes Jahr meinen Führerschein gemacht. Doch John lässt mich keinen eigenen Wagen kaufen, bevor ich nicht achtzehn bin. Er meint, junge Fahrer seien viel zu oft in Unfälle verwickelt. Er klingt ganz wie mein Dad früher. Aber manchmal lässt er mich seinen 260G Perseiden fahren. Mann, der ist fast so schnell wie ein Tri-Leviton-Express.«
Und schon steckten die Jungs in einer lebhaften Diskussion über die Vor- und Nachteile von Personenfahrzeugen und Multitransitgefährten und darüber, welche Modelle die besten seien. Sandy zerrte mich rüber an den Zaun.
»Das ist der Typ, nicht wahr?« Sie hielt ihren Blick auf Sal fixiert. »Er ist echt niedlich. Das hast du überhaupt nicht erwähnt.« Kurz sieht sie mich mit einem schneidenden Blick an, dann schaut sie schnell wieder zu Sal.
»Er ist okay, wenn man auf große, dürre Typen steht. Und was ist jetzt mit deinen Einwänden, ich hätte mich mit einem Obdachlosen unterhalten?« Ich verriet ihr nicht, was ich wirklich von seinem Aussehen hielt, und ich wagte es auch nicht, ihr zu gestehen, wie er auf mich gewirkt hatte. Ich war nicht auf der Suche nach einem Freund, und schon
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