The Sign Bd. 1 Nur zu deiner Sicherheit
gar nicht wollte ich einen, der in Lumpen umherstreunte und noch dazu ganz schön aggressiv werden konnte. Doch wegen seiner Eltern tat er mir echt leid.
»Oh, er ist definitiv nicht obdachlos.« Sie musterte ihn auf eine Art und Weise, dass ich rot anlief. »Und ich würde ihn eher als hochgewachsen und schlank bezeichnen. Ultralecker!«
»Hör bitte auf damit, Sandy. Du bist fast so schlimm wie diese Achtzehnjährigen im Express heute.« So wie sie über ihn sprach, war Sal nichts weiter als ein Leckerbissen, den es zu verschlingen galt. Es war zwar weit hergeholt, aber irgendwie erinnerte sie mich an den schweinsäugigen Athleten. Ich schüttelte den Gedanken ab und schob es auf die Tatsache, dass ich viel zu oft an Angel denken musste und an das, was hätte passieren können. »Wo wir schon beim Express sind …« Ich drehte ihr Handgelenk, um nach der Zeit auf ihren Chronos zu sehen. »Wir sollten bald aufbrechen. Ich muss um sechs zu Hause sein.«
Die Jungs unterhielten sich immer noch über Trannies. »Hey, wir müssen los«, sagte ich. »Ich muss heute Abend auf Dee aufpassen.«
»Wir begleiten euch noch zum Bahnhof«, schlug Derek vor.
»Nein, bleibt ihr ruhig da. Bis bald.«
Sal holte seinen PAV -Receiver aus der Tasche. »Hey, Nina, ich hab aus Versehen meine Kontakte gelöscht. Wie lautet noch mal deine Nummer?«
Und ehe ich ihm antworten konnte, hatte Mike sie auch schon rausposaunt.
Sal gab die Ziffern ein und grinste mich dabei die ganze Zeit an. »Ich ruf dich später an.«
Mein Herz schlug schneller, doch diesmal vor Zorn. Ich wollte ihm gerade klarmachen, dass er mich bloß nicht anrufen solle, da bemerkte ich, dass mich alle anstarrten. Vor allem Sandys warnender Blick, der besagte, Ich bring dich um, war nicht zu übersehen.
»Was ist?« Ich schaute sie mit zusammengekniffenen Augen an. »Bis später, Leute.« Sandy stürmte los, den Gehsteig hinunter.
Derek blickte von mir zu Sal und wieder zurück. »Ja, bis später, Nina«, sagte auch er.
Als ich Sandy schließlich eingeholt hatte, weigerte sie sich, mit mir zu sprechen. Doch leider hielt sie das nicht lange durch.
Sie blieb auf der Verkehrsinsel mitten auf der State Street stehen, stemmte die Hände in die Hüften und fing an, mir eine Moralpredigt zu halten. »Was ist eigentlich in dich gefahren, dass du Sal deine Nummer gibst? Du wusstest doch, dass ich ihn süß finde und noch ein bisschen bleiben wollte. Wir hätten doch auch den späteren Express nehmen können. Willst du ihn für dich allein, ist es das? Ich dachte, du willst überhaupt keinen Freund.«
Mir kam es vor, als wären Millionen von Transitfahrzeugen an uns vorübergefahren, während sie ihre Schimpftirade abließ und mich anschnauzte. Schließlich packte ich sie am Ärmel. »Sandy, hör sofort auf!«
Sie riss sich von mir los und starrte mich finster an. »Und?«
»Und was? Ich hab Sal doch meine Nummer gar nicht gegeben, das war Mike. Mir ist es gleich, ob er süß ist oder nicht oder ob er auf mich steht. Und du hast recht, ich will keinen Freund. Derek und du … Verdammt noch mal … eben wart ihr noch meine besten Freunde und plötzlich behandelst du mich wie eine Verräterin. Ist denn ein Typ, den wir eben erst kennengelernt haben, wichtiger als die Tatsache, dass wir schon die besten Freundinnen sind, solange ich denken kann? Na?«
Sandy senkte den Blick und erwiderte nichts.
»Eigentlich sollte man mit Freunden über alles reden können. Sie sollten keine abwegigen Schlussfolgerungen ziehen«, sagte ich. »Was ist überhaupt los mit dir? Wirst du denn immer so sein, wenn du erst mal sechzehn bist? Ich dachte, du würdest mich besser kennen.« Ich stapfte an ihr vorbei und überquerte die Straße. Dann drehte ich mich noch einmal um und brüllte: »Kommst du jetzt?«
VIII
Wegen Sandys Schimpfattacke erwischten wir letzten Endes doch erst den späteren Express und kamen gerade noch rechtzeitig in Cementville an. Auf dem Heimweg sprachen wir kaum ein Wort miteinander. Sandy entschuldigte sich zwar mindestens fünfmal und versicherte mir, ich sei viel wichtiger als irgendein Typ. Ich wusste auch, dass sie es ehrlich meinte – zumindest war sie in dem Moment, da sie es aussprach, der festen Überzeugung.
Doch mir war gerade völlig egal, was mit Sandy geschah, wenn sie sechzehn wurde, oder was aus mir wurde. Ich machte mir eher Sorgen, dass ich zu spät dran war. Ginnie bat mich nicht allzu oft, auf Dee aufzupassen. Und jetzt brach ich mein
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