The Sign Bd. 1 Nur zu deiner Sicherheit
an. Das war ein fetter Rang-zehn-Job. Sie haben ihm ein Vollzeitstipendium fürs College finanziert und ihm nach seinem Abschluss eine Anstellung zugesagt.«
»War er nett?« Ich wollte, dass er ein guter Mensch war. Ginnie verdiente es, dass sie von jemandem geliebt wurde, der sie gut behandelte.
»Ja, fast schon zu nett«, meinte Mrs Jenkins. »Das hat ihm letzten Endes dann auch den ganzen Ärger eingebrockt. Er hat allen geholfen, die nicht so viel Glück gehabt hatten wie er. Er konnte an keinem Obdachlosen vorbeigehen, ohne ihn zu fragen, ob er ein paar Kreditpunkte für Essen brauchte.« Sie wandte sich an ihren Mann. »Erinnerst du dich noch, wie er versucht hat, diese Suppenküche ins Leben zu rufen?«
»Und ob ich mich daran erinnere«, meinte Mr Jenkins. »Die Medien bekamen Wind von dieser Seite seines Charakters, und auch wenn sie gesetzlich dazu verpflichtet waren, für sein Stipendium bis zum Schluss aufzukommen, wartete nach dem College letztlich dann doch kein Job auf ihn.«
Sie sprachen so offen, dass ich mir langsam Sorgen machte. »Ist es hier wirklich sicher? Sie wissen schon …«
»Wegen der Überwachung? Mach dir keine Gedanken«, beruhigte mich Mrs Jenkins. »Hier drinnen ist es absolut sicher.«
Das hatte auch Wei schon gesagt, vorhin im Treppenhaus. Ich fragte mich, ob sie wohl so eine Art Störsender besaßen. Doch noch ehe ich danach fragen konnte, hatte Mr Jenkins wieder zu sprechen begonnen.
»Alan hat die Regionaldebatte von Chicago im Jahr 2132 gewonnen«, erklärte er. »Sein Name ist auf einer Gedenktafel im Verwaltungsamt für Bildung und Erziehung eingraviert, die in dem Gebäude an der Ecke State und Adams im Saal der Sieger hängt. Sie befindet sich in einem Schaukasten etwa in der Mitte des Hauptflurs auf der linken Seite.« Er zwinkerte mir zu, als wüsste er genau, dass ich sie mir ansehen würde. »Die Medien wollten die Tafel im Jahre 2135 beseitigen lassen, aber der Plan ging nicht ganz auf. Die Aufmerksamkeit, die ihre Bemühungen erregte, verhalf ihm und seinen Ansichten und Idealen zu noch größerer Bekanntheit.«
»Das war diese Debatte über die Medien und den freien Willen, nicht wahr?« Ich hatte ja das Foto von Dad und seiner Medaille in Grandmas Album gesehen.
»Ja. Er scheute sich nicht, sich für die Bürgerrechte einzusetzen und sich gegen die Medien zu stellen; er glaubte fest an die Volksherrschaft, nicht an die Allmacht der Medien.«
»Aber Sie arbeiten doch selbst für die Medien, oder?« Ich konnte nicht verstehen, wie jemand sich mit einer Person, oder in diesem Fall mit einer Institution abgeben konnte, der er nicht traute und an die er nicht glaubte.
»Ja, das tue ich.« Mr Jenkins machte eine Pause und strich ohne Eile über den gemusterten Stoff seines Sessels. Endlich sah er wieder auf und blickte mir direkt in die Augen. »Vor über dreitausend Jahren hat ein berühmter asiatischer General namens Sun Tsu Folgendes gesagt: ›Halte deine Freunde nah bei dir, aber deine Feinde noch näher.‹ Wenn man sich nach diesen Worten richtet, lässt es sich gut leben.«
Er klang jetzt genau wie Ginnie. Der einzige richtige Feind, den ich hatte, war Ed. Doch der Gedanke, ihm nahe sein zu müssen, bereitete mir Übelkeit.
»Dad«, meinte Wei, »kannst du Nina nicht einen Chip mit der Debatte ihres Vaters mitgeben? Er erklärt das alles so toll.«
»Du weißt, dass das nicht geht«, erwiderte Mr Jenkins. »Alans Reden und Debatten sind so radikal, dass sie als verbotene Ware gelten. Wenn man damit erwischt wird, riskiert man eine Verhaftung. Reassimilierung ist in dem Fall die übliche Korrekturmaßnahme.«
»Alan stand auf der Beobachtungsliste des Regierungsrats«, fuhr Mrs Jenkins jetzt fort. »Von dem Zeitpunkt an, als er öffentlich gegen die Medien zu argumentieren begann – und zwar mit Erfolg –, wurde jeder seiner Schritte überwacht. Wenn er seine Debatten nicht gewonnen hätte, wäre er wohl noch am Leben. Doch wenn er nicht gestorben wäre, hätte man ihn garantiert einem Reassimilierungsprogramm unterzogen.«
Schon seit Beginn unseres Gesprächs ging mir ein Detail nicht mehr aus dem Kopf.
»Moment – vor ein paar Tagen wurden die Werbeübertragungen in der Stadt von einem Mann gestört, den Derek den Eliminator nannte. War das etwa mein Vater? Ginnie hat mir erzählt, dass er noch am Leben ist und sich irgendwo in Chicago befindet.« Mein Puls raste jetzt dermaßen, dass mir schwindelig wurde. »Sie hatte recht, nicht wahr? Das
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