The Stand. Das letze Gefecht
war auf die Knie gestürzt und wieder aufgestanden. Er rief nach Leuten, die nicht da waren, antwortete ihnen und betrachtete sie mit Gefühlen, die von Ausgelassenheit bis Entsetzen reichten, bis Fran überzeugt war, Gus' imaginäre Gesprächspartner wären real und sie das Phantom. Sie hatte Gus angefleht, wieder ins Bett zu gehen, aber für Gus war sie gar nicht da. Sie mußte ihm immer wieder aus dem Weg gehen; wenn nicht, hätte er sie umgestoßen und wäre über sie hinweggetrampelt.
Schließlich war er aufs Bett gefallen und von seinem tobenden Delirium in eine keuchende, kurzatmige Bewußtlosigkeit gefallen, die Fran als das letzte Koma betrachtete. Aber als sie am nächsten Morgen nach ihm sah, saß Gus im Bett und las ein Westerntaschenbuch, das er auf einem Regal gefunden hatte. Er war des Dankes voll, daß sie sich um ihn kümmerte, und gab seiner aufrichtigen Hoffnung Ausdruck, daß er vergangene Nacht nichts gesagt und getan hatte, das sie in Verlegenheit brachte. Als sie gesagt hatte, daß dem nicht so war, hatte sich Gus zweifelnd in den Trümmern des Schlafzimmers umgesehen und ihr gesagt, daß es auf jeden Fall schön von ihr war, das zu sagen. Sie machte Suppe, die er mit Heißhunger aß, und als er sich beschwerte, wie schwer es sei, ohne Brille zu lesen (seine ,war zerbrochen worden, als er vergangene Woche seine Wache an der Barrikade am Südende der Stadt gehalten hatte), hatte sie das Taschenbuch - trotz seiner schwachen Proteste - in die Hand genommen und ihm vier Kapitel des Westerns von dieser Frau, die im Norden wohnte, in Haven, vorgelesen. Rimfire Christmas war der Titel. Sheriff John Stoner hatte, schien es, gewisse Probleme mit den Tunichtguten der Stadt Roaring Rock, Wyoming, und schlimmer - er fand einfach nichts, was er seiner reizenden jungen Frau zu Weihnachten schenken konnte.
Fran war optimistischer weggegangen und hatte gedacht, daß sich Gus vielleicht erholen würde. Aber letzte Nacht war es wieder schlimmer gewesen, und Viertel vor acht heute morgen war er gestorben; erst eineinhalb Stunden war das her. Am Ende war er vernünftig gewesen, aber ohne zu begreifen, wie ernst sein Zustand war. Er hatte ihr sehnsüchtig gesagt, daß er gerne ein Eis haben würde, wie sein Daddy ihm und seinen Brüdern immer am vierten Juli und am Labor Day gekauft hatte, wenn der Jahrmarkt nach Bangor kam. Aber da war in Ogunquit schon der Strom ausgefallen - er war, wollte man den elektrischen Uhren glauben, am 28. Juni exakt um 9:17 Uhr ausgegangen -, und es gab kein Eis mehr. Sie hatte sich überlegt, ob jemand in der Stadt nicht vielleicht einen Dieselgenerator mit Notstromaggregat hatte, an das ein Kühlschrank angeschlossen war, und hatte sich sogar schon überlegt, ob sie Harold Lauder aufspüren und fragen sollte, aber dann machte Gus seine letzten, keuchenden, hoffnungslosen Atemzüge. Es dauerte vier oder fünf Minuten, während sie mit einer Hand seinen Kopf hoch- und ihm mit der anderen ein Tuch unter die Nase hielt, um die zähflüssigen Schleimabsonderungen aufzufangen. Dann war es vorbei.
Frannie hatte ein sauberes Laken über ihn gebreitet und ihn auf dem Bett des alten Jake Green mit Blick aufs Meer liegenlassen. Dann war sie in den Park gegangen, und seitdem saß sie hier, ließ Steine über den See hüpfen und dachte an nichts. Aber ihr war unterbewußt klar, daß es eine gute Art war, an nichts zu denken; es war nicht die seltsame Apathie, die sie am Tag nach dem Tod ihres Vaters wie ein Leichentuch eingehüllt hatte. Seitdem hatte sie immer mehr zu sich selbst zurückgefunden. In Nathans Blumengeschäft hatte sie einen Rosenstock geholt und am Fußende von Peters Grab eingepflanzt. Sie war überzeugt, daß er gut Wurzeln schlagen würde, wie ihr Vater gesagt hätte. Nachdem sie Gus' Tod miterlebt hatte, war es eine Art Erholung für sie, eine Zeitlang an nichts zu denken. Anders als das Vorspiel des Wahnsinns, das sie zuvor durchgemacht hatte. Das war gewesen, als wäre sie durch einen stinkenden grauen Tunnel voller Gestalten gegangen, die sie mehr fühlte als sah; es war ein Tunnel, durch den sie nie wieder gehen wollte.
Aber sie würde sich nun bald Gedanken machen müssen, was als nächstes zu tun war, und diese Gedanken mußten Harold Lauder mit einschließen. Nicht nur, weil sie und Harold die einzigen Menschen in dieser Gegend waren, sondern auch weil sie keine Ahnung hatte, was aus Harold werden sollte, wenn niemand auf ihn aufpaßte. Sie war gewiß nicht der
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