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The Volunteer. Erinnerungen eines ehemaligen IRA-Terroristen (German Edition)

The Volunteer. Erinnerungen eines ehemaligen IRA-Terroristen (German Edition)

Titel: The Volunteer. Erinnerungen eines ehemaligen IRA-Terroristen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shane O'Doherty
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anderen dachte, die umgekommen waren und die selbst mit meinen Verletzungen das Leben noch gern behalten hätten. So gewöhnte ich mich leicht – wahrscheinlich zu leicht – daran, verletzt zu werden.
    Ein freundlicher Arzt holte einen Augenspezialisten hinzu, und dessen Befund lautete, dass ich mein Auge in einem Ausmaß geschädigt hatte, das erst im Laufe des Heilungsprozesses sichtbar werden würde – jedenfalls gab es keine geeignete Behandlungsmethode. Auch mein Finger war noch nicht außer Verlustgefahr, aber immerhin waren die angrenzenden Teile meiner Hand, nachdem sie gereinigt und verbunden worden waren, schnell geheilt, wenn auch Verfärbungen und Narben zurückblieben. Zwei Wochen später wurde der Verband von meinem Auge genommen. Ich konnte nur sehr wenig sehen. Da auch mein kleiner Finger besorgniserregend aussah, beschloss ich, nach Dublin zu fahren, um dort weitere Behandlung zu suchen. Ohne Schwierigkeiten passierte ich die nordirische Grenze und ließ mich in Dublin ärztlich versorgen. Meinem Auge ging es stetig besser und auch die Wunden an der Hand verheilten schließlich, aber die Narben davon trage ich bis heute.
    Während ich mich erholte und meine Sehkraft langsam zurückkehrte, traf ich jemanden von der IRA-Führungsspitze, der mich auf die Briefbomben ansprach. In London waren nämlich die Geschwister Price und andere verhaftet worden, nachdem sie dort im März Bomben gelegt hatten. Ob ich wohl bereit sei, mich dorthin zu begeben und eine Serie von Briefbomben an prominente Persönlichkeiten zu schicken? Er hatte gehört, dass ich mich dort einigermaßen auskannte.
    Ich zögerte nicht einem Augenblick und erklärte mich bereit. Es ehrte mich, dass ich für den aktiven Einsatz in England auserwählt worden war. Ich war hoch erfreut über die Aussicht, endlich wieder im Mittelpunkt zu stehen, und die Gelegenheit, die prominentesten Leute in Großbritannien anzugreifen zu können, versetzte mich in Hochspannung. Attacken auf Soldaten hielt ich mittlerweile für wirkungslos, da die britische Regierung die einzelnen Soldaten aufgrund ihrer niedrigen Herkunft als ersetzbar betrachtete. Mir war oft der Gedanke gekommen, dass die Briten sich schon längst aus Irland zurückgezogen hätten, wenn die Gefallenen Söhne der einflussreichen Oberschicht gewesen wären. Warum sollten also die Regierungsmitglieder, die hohen Militärs und die Hauptfiguren der politischen Kreise nicht die Konsequenzen der britischen Besatzung Irlands am eigenen Leib erleben? Warum musste alles auf dem Rücken von Achtzehnjährigen aus der verarmten Unterschicht ausgetragen und mit deren Leben bezahlt werden? Es schien mir gerechter, endlich den Krieg nach London zu bringen.

BOMBENEINSÄTZE IN LONDON
    Sobald ich wieder einigermaßen geheilt war, bereitete ich mich auf die einfachste und doch wichtigste Mission meiner IRA-Laufbahn vor. Logistisch war das ganz simpel: Ich bekam fünfhundert Pfund Bargeld, besorgte zwei Pfund Sprenggel und schwarze Gelatine, sowie zwei Dutzend Elektrozünder. Den Sprengstoff packte ich ganz unten in meinen Rucksack, aber die Zünder schob ich in die Röhren des Tragegestells, für den Fall, dass das Gepäck durchleuchtet wurde. Ich bekam auch eine falsche Identität, deren Einzelheiten ich auswendig lernte, damit ich bei einer Kontrolle durchkommen würde. Dann flog ich nach Heathrow, wo ich mein Gepäck ohne Schwierigkeiten wiederbekam. Mein großer Rucksack hatte unbeanstandet die Flughäfen Dublin und Heathrow passiert, und der Sprengstoff und die Zünder waren unversehrt geblieben.
    Ich hatte niemandem in Irland, weder meiner Familie noch meinen Freunden, von meiner Abreise erzählt. Ich verschwand einfach aus Dublin, und weg war ich. Es stand außer Zweifel, dass die britische Armee, die Polizei und der Geheimdienst sehr schnell dahinterkommen würden, dass ich in London aktiv war – genauso schnell wie viele Leute in der IRA bald Bescheid wissen würden. Es gibt nämlich immer gewisse Merkmale und Verhaltensbesonderheiten bei ausgeführten Einsätzen, die einen Täter identifizieren. Angesichts all der unachtsamen Äußerungen von IRA-Leuten in Derry und der panischen Reaktion der britischen Sicherheitskräfte würde ich wohl bald sehr weit oben auf der Gesuchtenliste zu finden sein, und ich musste damit rechnen, dass ziemlich viele Einsatzkommandos hinter meinem Skalp her sein würden. Diese Überlegungen beflügelten mich in meinem Verlangen, soviel wie möglich auszurichten,

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