The Weepers - Wenn die Nacht Augen hat: Band 2 - Roman (German Edition)
stärker nach Abwasser.
»Willst du das wirklich wissen?« Quentin setzte sich neben mich. Ich nickte.
»Ratte«, sagte Quentin.
»Ratte?« Ich legte den Spieß auf den Teller zurück. Alexis unterdrückte ein Lachen.
»Unser Spezialkebab.« Er kicherte, doch die Heiterkeit verschwand so schnell, wie sie gekommen war. Im schwachen Licht wirkten seine Augen fast schwarz.
»Das ist …« Beinahe hätte ich »ekelhaft« gesagt. Es war noch nicht lange her, da hätte ich vor Hunger sogar einen Hund verdrücken können.
»Ekelhaft. Ich weiß«, sagte Quentin, als hätte er meine Gedanken gelesen. Er nahm das restliche Fleisch von meinem Teller und stopfte es sich in den Mund. »Aber ob du’s glaubst oder nicht, es ist nicht viel schlimmer als das künstliche Rindfleisch, das man im Supermarkt kaufen konnte. Und frage nicht, was den Leuten heutzutage als Rindfleisch verkauft wird.«
»Das ist jetzt echt ekelhaft«, sagte Alexis.
»Tut mir leid. Ich wollte euch nicht beleidigen.«
Quentin berührte meinen Arm. »Hast du nicht. Da braucht es schon mehr dazu.«
Meine Augen wanderten zu der Narbe in seinem Ge sicht. Ich wollte ihn erst danach fragen, hatte jedoch Angst, dass ich die Antwort in meinem jetzigen Zustand nicht verkraften würde. Quentin hatte meinen Blick bemerkt und fuhr mit dem Finger über die Narbe.
»Eine wichtige Erinnerung«, sagte er leise.
»Woran?«
»Dass meine Handlungen Konsequenzen haben. Und nicht nur für mich.«
Ich runzelte die Stirn und versuchte, mir einen Reim auf seine Worte zu machen. »Was ist passiert?«
Das Feuer knisterte. Holzkisten schrammten über den Boden, als die anderen darauf herumrutschten. Gerade war ich zu dem Schluss gekommen, dass er mir nicht mehr antworten würde, da fing er an zu erzählen. »Ich lebte mit meinen Eltern in Vegas. Sie wollten nicht von hier wegziehen. Mein Vater war gegen die Umsiedlung. Er glaubte, dass das Militär dadurch nur seine Unfähigkeit vertuschen wollte. Ich hielt ihn für paranoid.«
Ein bitteres Lächeln umspielte seine Lippen. Mein Ma gen zog sich zusammen.
»Ich konnte immer gut mit Computern umgehen. Also wollte ich meinem Vater beweisen, dass seine Verschwörungstheorien Schwachsinn waren, und hackte mich in das Computersystem des Militärs. Da fand ich heraus, dass die Wahrheit noch schlimmer war wie alle Geschichten, die mein Vater erzählte.«
»Und was hast du getan, als du das herausgefunden hast?«, flüsterte ich.
»Erst war ich schockiert, fühlte mich aber gleichzeitig unverwundbar, weil ich es durch ihre Firewalls geschafft hatte. Ich gab damit in einem Hackerforum an. Wir haben sogar Pläne geschmiedet, um die Regierung zu stürzen. Ich wollte die Informationen, die ich entdeckt hatte, der Öffentlichkeit zugänglich machen. Ich … ich war ein Idiot«, bekannte er offen.
»Ist dir das Militär auf die Schliche gekommen?«, fragte ich.
»Ein paar Tage später sind sie nachts in unser Haus eingedrungen. Einer aus dem Hackerforum hat uns verraten. Sie haben meine Eltern umgebracht und wollten auch mich töten. Ich habe mich gewehrt und sogar einen Soldaten mit der Pistole meines Vaters getroffen. Dann haben sie mich überwältigt. Der Typ, dem ich ins Bein geschossen habe, hat mir die Narbe hier verpasst. Er hätte mich noch schwerer verletzt, wenn ihn seine Kameraden nicht zurückgehalten hätten. Sie brauchten mich ja noch.«
»Wollten sie, dass du als Hacker für sie arbeitest?«
Er nickte. »Sie hielten mich in einer Militärbasis in der Nähe von Vegas gefangen. Mich und ein paar Hackerkumpels, deren Familien sie auch getötet hatten. Sie haben mich eine Woche lang gefoltert, bevor ich aufgab. Wie sich herausstellte, war ich der beste Hacker der Gruppe.« Das sagte er ganz ohne Stolz. Der Selbsthass in seiner Stimme war deutlich zu hören und in seinem Gesicht und seiner Haltung zu erkennen. »Nach zwei Monaten gelang mir die Flucht. Ich hätte nicht gedacht, dass ich es schaffen würde. Und schließlich bin ich hier in der Kanalisation gelandet.«
Ich versuchte mir vorzustellen, wie schwer es für Quentin war, über diese Dinge zu reden. Doch statt Mitleid zu empfinden, wurde ich plötzlich ganz aufgeregt. Er musste jede Menge Insiderwissen über die Regierung und ihre Methoden haben. Wenn wir ihn nur dazu bringen konnten, uns dabei zu helfen, die Menschen darüber zu informieren, dass ihre Regierung uns im Ödland im Stich gelassen hatte. Das würde uns enorm weiterhelfen. Immerhin hatte er uns
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