The Weepers - Wenn die Nacht Augen hat: Band 2 - Roman (German Edition)
und ich verließen den Bunker, um nach Nahrungsmitteln zu suchen. Die Weepers spürten uns auf. Ich konnte entkommen … mein Dad nicht. Die Weepers nahmen ihn gefangen und brachten ihn in ihr Nest, aber wir konnten ihn ein paar Tage später befreien. Wir wussten nicht, dass er bereits mit der Tollwut infiziert war – einem Virus, das die Regierung geschaffen hat, um eine Armee aufzustellen. Ein Virus, das selbst die nettesten und liebenswertesten Menschen in Ungeheuer verwandelt.«
Ich fuhr mit den Fingern über Dads Kreuz. »Ich konnte meinen Vater nicht vor dem Virus retten. Nachdem es sich in ihm ausgebreitet hatte, verwandelte er sich in einen Weeper. Ich wollte ihn heilen, aber es war zu spät. Er wollte mich umbringen, und ich musste ihn in Notwehr töten. Ich …« Vergebens versuchte ich, die Tränen zurückzuhalten. Ich blinzelte mehrmals schnell hintereinander und konzentrierte mich wieder auf die Kamera.
»Diese Erinnerungen werden mich mein Leben lang begleiten. Das Bild meines Vaters, der in meinen Armen stirbt, weil die Regierung ihn in ein Ungeheuer verwandelt hat. Auf gewisse Weise verwandeln sie uns alle in Ungeheuer. Wir sind ihnen völlig egal. Es ist ihnen egal, dass Väter auf ihre Töchter losgehen und Familien auseinandergerissen werden. Ihr seid ihnen auch egal. Für sie sind wir nur Bauern in ihrem kranken Spiel.
Doch jetzt ist die Zeit gekommen, um abzurechnen. Um sie aufzuhalten. Wir müssen ihnen zeigen, dass wir in der Überzahl sind. Dass wir Rechte haben. Ihr müsst ihnen zeigen, dass ihr in der Überzahl seid – dass wir zusammenstehen, und dass wir, die Überlebenden im Ödland, euch nicht egal sind. Ich habe den Zaun gesehen, der unser Land teilt, die Labore, in denen sie das Virus an unschuldigen Kindern testen, die verlassenen und gejagten Waisen von Vegas. Das alles hat mir klar gemacht, dass wir kämpfen müssen, wenn wir die Dinge verändern wollen – wenn wir das Töten und Leiden beenden wol len. Ich bin bereit zu kämpfen. Für meinen Dad, dem seine Menschlichkeit genommen wurde, für die verlorenen Seelen, die als Weepers durch die Straßen des Ödlands irren. Ich bin bereit, für eine bessere Zukunft zu kämpfen.«
Ich verstummte und stand auf.
Quentin hob hinter der Kamera den Kopf. Seinem Gesichtsausdruck nach zu schließen war er zufrieden.
Doch irgendwie hatte meine Rede ein leeres Gefühl bei mir hinterlassen. Würden die Menschen mir wirklich zuhören? Würde ich wirklich etwas damit verändern können? Ich wusste es nicht.
Ich trat aus dem Bild, und Joshua nahm den Platz vor der Kamera ein. Joshua weinte nicht. Im Gegenteil, er sprach sachlich und nüchtern – wie immer, wenn er seine Gefühle zurückdrängte und durch feste Entschlossenheit ersetzte. Doch irgendwie machte das seine Botschaft noch eindringlicher und aufrüttelnder. Er erzählte von seiner Mutter; dass er mitansehen hatte müssen, wie sie in einem öffentlichen Bunker erschlagen wurde; über den Terror, der in L.A. in den Wochen nach dem Ausbruch des Virus geherrscht hatte. Er sprach über all jene Menschen, die er im Ödland hatte sterben sehen; über den wahren Schrecken der Tollwut und was sie aus den Menschen machte, wie sie sie in Ungeheuer verwandelte. Und schließlich sprach er auch über seine kleine Schwester Zoe, die zu einem Leben als Weeper verdammt war – über die Kindheit, die man ihr genommen hatte, und über den Schmerz, den er empfand, weil er nicht wusste, was aus ihr geworden war.
Als er fertig war, schwiegen wir. Joshua und ich hatten völlig offen vor der Kamera gesprochen; wir hatten nichts weiter zu sagen. Doch war das genug?
Joshua, Quentin und ich waren gerade in die Küche zurückgegangen, um etwas zu essen, da kam Geoffrey auf uns zu. Seine Kleidung war so verknittert, als hätte er da rin geschlafen, und sein zerzaustes Haar war ungewaschen .
»Ich muss euch um einen Gefallen bitten«, sagte er.
»Was denn?«, fragte Joshua.
»Ich glaube, dass ich das Heilmittel jetzt reproduzieren kann, aber mit meinen begrenzten Möglichkeiten kann ich das nicht nachprüfen. Ich muss es testen«, sagte Geoffrey.
Joshua hob die Augenbrauen. »Was sollen wir tun?«
»Ich brauche ein paar Weepers für die Tests. Könnt ihr mir zwei oder drei fangen und hierherbringen?«
Joshua sah mich an. Mit einem Blick forderte er mich auf, ihn dabei zu begleiten. Ich nickte.
»Wenn du so viele brauchst, ist es wohl besser, wenn Alexis und ich auch mitkommen. Zur
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