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Themba

Themba

Titel: Themba Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lutz van Dijk
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verdammt wehtut, zwinge ich mich aufzustehen und bin erleichtert, dass meine Beine mich tragen, wenn auch etwas zitternd. Mit steifen Schritten gehe ich zur Feuerstelle und nehme den eisernen Haken, der vorhin während unseres ungleichen Zweikampfs außer Reichweite war. Ich fühle das kühle Metall in meiner warmen Hand. Der Haken ist schwer, massives Gusseisen, die Oberkante mit scharfen Zinken besetzt.
    Noch zwei Schritte und ich stehe unmittelbar vor diesem widerwärtigen Kerl. Seine Gesichtszüge sind völlig entspannt, sein Mundwinkel zuckt ein wenig, als würde er etwas träumen, das ihn zum Schmunzeln bringt. Der breite, leicht behaarte Brustkasten hebt und senkt sich von seinem tiefen, gleichmäßigen Atem. Ob er sich morgen überhaupt noch an Einzelheiten dieser Nacht erinnern wird? Wie kann er mir jemals wieder ins Gesicht schauen?
    Er wird sich nicht erinnern, weiß ich plötzlich mit einer so noch nie empfundenen Bitterkeit. Und er wird mir niemals mehr ins Gesicht sehen... Ich trete etwas zurück, um weit ausholen zu können, und hebe den Haken. Ein Schlag auf seinen Schädel, genau über den Augen, wird genügen. Nie mehr wird er sich an etwas erinnern, nie mehr will ich ihn sehen in meinem und Nomthas Leben. Jetzt habe ich den Haken bis über meinen Kopf erhoben und...
    Auf meiner Stirn hat sich Schweiß gebildet. Ich spüre, wie die ersten Perlen herunterzulaufen beginnen, erst noch von meinen Augenbrauen aufgehalten werden, dann aber bis in die Augen rinnen und ein leichtes Brennen verursachen. Mit der freien linken Hand wische ich mir einmal über die Augen. Noch immer hält meine andere Hand den Haken erhoben, äußerlich ruhig und fest entschlossen.
    Und dann ist plötzlich alles vorbei - die Mordlust, der gewaltige Rachedurst. Vorbei. Mein Hass verwandelt sich im Bruchteil einer Sekunde in maßlosen Abscheu und Ekel. Gerade kann ich mich noch abwenden, als mein Magen auch schon eine brodelnd stinkende Masse herausschleudert, die sonst auf seinem Kopf gelandet wäre. Ich kotze neben das Bett, stütze mich dabei auf den Haken, denn nach dem ersten Mal kommt noch eine zweite Ladung, dann nur noch ein Würgen. Endlich muss mein Magen völlig leer sein.
    Als hätte ich nicht nur schlecht verdautes Essen hinausbefördert, sondern gleichzeitig meine Seele von einem Übermaß an Ekel gereinigt, kehrt mein Vermögen, klar zu denken, erst nun langsam zurück.
    Es hat keinen Sinn, zum Mörder zu werden, sich wegen so einem Kotzbrocken das eigene Leben zu versauen. Jetzt muss ich nur eines tun: Ich muss zu Nomtha und mit ihr zusammen weg von diesem Ort, der seit dem Tag, an dem Mutter uns verließ, nicht mehr unser Zuhause ist. Luthando, dieser verkommene Drecksack, wird eines Tages seine Strafe erhalten. Irgendwann werde ich stark und klug genug sein, um dafür zu sorgen. Keine Ahnung, woher ich auf einmal diese innere Gewissheit habe. Ich habe sie einfach. So als wäre ich mit einem Schlag erwachsen geworden. Ein Mann… nicht ein armer, missbrauchter Junge. Ein Mann.
    Die Schmerzen akzeptiere ich, als wären sie Teil meiner ulwaluko - meiner Initiation vom Jungen zum Mann, die ich erst später mit der rituellen Beschneidung erleben werde. Dann werde ich es im Beisein gleichaltriger Jungen laut rufen. Jetzt flüstere ich es nur, dennoch erfüllt es meinen gesamten nackten Körper vom Kopf bis in die Finger- und Zehenspitzen hinein: » Ndiyindoda... ndiyindoda... - ein Mann... ich bin ein Mann!«
    Das ist das eine. Von dem anderen, von der Schande dieser Nacht, werde ich niemandem erzählen. Niemandem. Niemals.
    Mit Umsicht und beinah unwirklicher Ruhe entzünde ich zuerst eine Kerze, wasche mich dann und suche mir frische Kleidung heraus sowie zwei Jutesäcke, in die ich nach sorgfältigem Abwägen alles einpacke, von dem ich denke, dass Nomtha und ich es in den nächsten Wochen brauchen werden. In Nomthas Sack stecke ich außerdem einige Dinge, die nicht unbedingt nötig sind, aber an denen ihr Herz hängt: eine kleine Blumenvase aus blauem Glas, die sie von Mutter zum zehnten Geburtstag bekommen hat, und eine CD von Brenda Fassie. Auf die CD ist sie besonders stolz, obwohl wir nie einen CD-Player besessen haben. Es gibt keinen Grund zur Eile. Luthando wird bis lange in den Morgen hinein schlafen und uns auch tagsüber nicht vermissen. Und Nomtha und ich werden nur zusammen mit Mutter jemals hierher zurückkehren - oder gar nicht.
    Zuletzt löse ich vorsichtig die beiden 200-Rand-Scheine aus dem Versteck

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