Themba
sehe ich ein Lächeln auf seinem Gesicht. »Für heute gehst du da rüber ins Büro und füllst ein paar Formulare aus. Dort erfährst du deine täglichen Trainingszeiten und alles andere.« Dann zieht er eine Brieftasche hervor und gibt mir drei Hundertrandscheine. »Ab nächste Woche bekommst du ein regelmäßiges Taschengeld von uns, noch keine richtige Gage, aber besser als nichts. Das hier ist ein Vorschuss für dich und deine Mutter.«
»Und meine Schwester...«, sage ich strahlend. Endlich habe ich meine Sprache wieder gefunden.
»Mach damit, was du willst«, entgegnet Big John und klopft mir kurz auf die Schulter. »Wenn du nur gut Fußall spielst, alles andere ist deine Sache.«
Damit wendet er sich ab und beginnt, eine Nummer in sein Handy einzutippen. Ich gehe hinaus zu den anderen Jungen, die sich noch immer auf dem Rasen ausruhen, und verabschiede mich auch von dem jungen Trainer: »Ich darf wieder kommen!« Er nickt und reicht mir die Hand: »Ich bin Kevin! Glückwunsch, Themba!«
Einige von den andern strecken mir den erhobenen Daumen zum Gruß zu.
Im Büro gibt mir eine Sekretärin ein paar Formulare und hilft mir sogar beim Ausfüllen. Ich wage nicht zu fragen, wie hoch das Taschengeld sein wird. Die drei Banknoten in meiner Tasche sind mehr, als ich je in meinem Leben auf einen Schlag verdient habe.
»Du gehst morgen Mittag erst zu unserem Vereinsarzt und bekommst dann auch eine Grundausstattung des Jugendteams, Trikot, Trainingsanzug, Schuhe und das alles.« Noch einmal überprüft sie, ob alles richtig ausgefüllt ist, und zeigt dann auf eine freie Linie auf dem ersten Blatt: »Hier muss einer von deinen Eltern unterschreiben!«
Ich sage nichts von meiner kranken Mutter und meinem verschwundenen Vater. Nichts kann mich jetzt mehr aufhalten. Ich danke ihr und frage nur noch nach der nächsten Minibushaltestelle.
Dort muss ich eine Weile auf einen Bus nach Bellville warten, aber das macht nichts. Ich darf das Hospiz ohnehin erst wieder ab 18 Uhr betreten. Auf einem kleinen Markt in der Nähe kaufe ich ein paar Blumen und Hautcreme für Mutter, Seife, zwei Handtücher, Brot und Obst für Nomtha und mich.
Als ich beim Hospiz ankomme, steht das Gittertor bereits offen, und ein paar Besucher gehen zu den verschiedenen Baracken. Auch die Holztür von Baracke sieben ist nicht mehr verschlossen, und als ich eintrete, sehe ich Schwester Ruth, die offensichtlich kontrolliert, wer kommt und dass niemand unerlaubt hinausgeht.
»Vorhin war eure Mutter wach«, ruft sie mir freundlich zu.
Eine gute Nachricht! So schnell ich kann, laufe ich zu Mutters Bett, das noch an der gleichen Stelle auf dem Flur unter dem großen Fenster steht. Sie hat die Augen geschlossen, aber ihr Gesicht ist entspannt, und jemand hat ihr die Haut frisch eingecremt.
»Mama?«, frage ich dicht an ihrem Ohr. Sie reagiert nicht. Aber sie ist ruhig, keine Atemnot. Ob sie mich hören kann? Ich nehme eine ihrer mageren, kühlen Hände und beginne, ihr ganz leise von diesem Tag zu berichten. »Du brauchst dir keine Sorgen zu machen, ich werde Geld verdienen - als Fußballer bei Ajax Cape Town!«
Ihre Hand zuckt leicht und wird warm. Ich ziehe das Formular aus meiner Hosentasche und fälsche ihre Unterschrift in der entsprechenden Spalte. Dann will ich Mutter waschen, wie wir es auch in letzter Zeit im Township regelmäßig getan haben, und sehe, dass auch dies bereits von jemandem sorgfältig erledigt worden ist. Ich bin erleichtert, dass sich unser erster negativer Eindruck nicht zu bestätigen scheint. Bestimmt ist es auch nicht leicht, jeden Tag hier zu arbeiten.
Die kurze Besuchszeit geht zu Ende, ohne dass Mutter noch einmal wach geworden ist. Die Hälfte der mitgebrachten roten und gelben Rosen stelle ich in ein Glas auf das Fensterbrett neben Mutters Bett. Die andere Hälfte überreiche ich beim Hinausgehen Schwester Ruth.
»Ach, Junge«, sagt sie mit einem dankbaren Lächeln, »ihr habt doch selbst nichts.« Mit einem Augenzwinkern fügt sie hinzu: »Jede zweite Woche hat Oberschwester Agnes, die ihr heute Vormittag erlebt habt, Dienst im Hauptgebäude. Dann könnt ihr auch mal tagsüber kommen.«
Der Rückweg von Bellville bis nach Masiphumelele ist eine halbe Weltreise. Es ist längst dunkel, als ich am Hauptbahnhof ankomme. Dort erfahre ich, dass um diese Zeit keine Züge mehr Richtung Süden fahren. Aber ich will um jeden Preis noch in dieser Nacht zurück zu Nomtha und meine guten Nachrichten mit ihr teilen. Beim
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