Themiskyra – Die Begegnung (Band 1) (German Edition)
darüber nachdachte.
Vielleicht sollte ich mich selbst lieber ablenken, bevor ich völlig panisch werde.
Zum Beispiel mit Dantes merkwürdigem, möglicherweise wirklich fieberdeliriösem Satz. Deine kleine Amazone war da. Hieß das, Louis hatte mit seinem Ziehvater über mich gesprochen? Wann? Warum? Weshalb dachte ich überhaupt darüber nach? Als ob irgendein Possessivpronomen irgendeine Rolle spielte. Und warum zur Hölle tanzten dann kleine, wilde Schmetterlinge in meinem Bauch Salsa? Jetzt war ich nicht nur nervös, jetzt war mir auch noch schlecht.
Polly! Wo bleibst du? Angestrengt bemühte ich meine fragwürdigen telepathischen Fähigkeiten. Plötzlich ging das Licht in der gesamten Eingangshalle an und ich musste innerhalb eines Sekundenbruchteils entscheiden, was ich tun sollte. Da die Palme, hinter der ich mich verbarg, bei näherem Hinsehen nicht so dicht war, wie sie bei Dunkelheit erschienen war, rannte ich so leise und so schnell wie möglich die Treppe hinunter. Dabei betete ich, dass, wer immer das Licht angeschaltet hatte, nicht in den Keller wollte. Unten angekommen lief ich den Gang so weit entlang, bis mich der Lichtkegel aus der Halle nicht mehr erreichte und drückte mich in einen der Türrahmen. Oben hörte ich leise Schritte.
Als auf einmal die Tür hinter mir aufging und ich halb ins Leere stolperte, hätte ich vor Schreck fast aufgeschrien. Gerade noch rechtzeitig erkannte ich, dass es Polly war, die mich in den dunklen Raum hinter sich zog, bevor sie die Tür wieder lautlos schloss.
„Wer ist da oben?“, zischte sie.
„Keine Ahnung, wahrscheinlich Deianeira“, flüsterte ich.
„Sie wird schon wieder verschwinden. Ich hab übrigens den Stoff“, sagte sie triumphierend und leuchtete auf ein Baumwollsäckchen in ihrer Hand.
„Gut. Dann hat sich die Aktion wenigstens gelohnt. Falls wir es wieder hier raus schaffen“, relativierte ich.
Ich schaute durch das Schlüsselloch und sah nichts. Daraus schloss ich, dass das Licht oben wieder ausgegangen war. Vorsichtig schlichen wir uns in den dunklen Gang hinaus. Kein Laut war mehr zu hören. Auf Zehenspitzen gingen wir zur Treppe und Polly leuchtete die Stufen hoch, damit wir nicht stolperten.
Und ein weiteres Mal an diesem Tag hatte ich das Gefühl, mein Herz würde vor Schreck stehen bleiben: Am Ende der Treppe stand eine Gestalt.
Meine Schwester hatte sich als erste wieder gefangen.
„Taminee“, flüsterte sie und lief leise die Treppe hoch. „Was machst du hier?“
„Halina!“, rief die alte Frau und verwechselte Polly offensichtlich wieder mit ihrer Tochter. Sie trug Hausschuhe aus Filz und einen geblümten Schlafrock, dessen Innenseite nach Außen zeigte. „Ich kann meine Kuchengabeln nicht finden“, erklärte sie bedrückt.
„Pssst!“, machten wir beide. Ich war inzwischen auch oben angekommen. „Die sind oben in deinem Zimmer“, erinnerte ich Taminee. „In der Nachttischschublade.“
„Ja, richtig.“ Sie sah mich dankbar an. „Danke, Halina. Was täte ich ohne dich! Es ist gut, dass du zurückgekommen bist.“
Ich lächelte sie gequält an.
„Was ist hier los?“, durchschnitt eine harte Stimme die Stille der Halle.
Wir fuhren herum und Polly leuchtete zu den gläsernen Eingangstüren hin, in die Richtung, aus der der Ausruf gekommen war. Eine grimmige Areto tauchte im Lichtkegel der Taschenlampe auf. Sie betätigte einen Lichtschalter und kam uns schnellen Schritts entgegen. Kalte Helligkeit flackerte um uns herum auf. Ich öffnete den Mund, um zu einer Erklärung anzusetzen, aber mein Gehirn war vollkommen leer.
„Mir ist schlecht“, sagte Polly klagend, als Areto uns erreicht hatte, und ich klappte meinen Mund zu. Der Satz hätte von mir kommen können, mein Magen war definitiv in Aufruhr.
„Ihr ist schlecht“, setzte ich überflüssigerweise hinzu und zeigte auf meine Schwester.
„Und wieso steht ihr im Dunkeln herum? Und was ist mit Taminee?“ Areto machte eine knappe Kopfbewegung in Richtung der alten Frau.
„Ich bin auf der Suche nach meinen Kuchengabeln. Aber dann kamen zum Glück Halina“, sie lächelte Polly an, wandte sich mir zu – und zögerte, während sie die Stirn in tausend angestrengte Runzeln warf. Sie glätteten sich auf einen Schlag, als sie fortfuhr: „… und Halina aus dem Keller und haben mir geholfen, mich zu erinnern.“ Sie blickte nochmal verwirrt zwischen mir und Polly hin und her, nickte aber schließlich bestätigend.
Ich biss nervös auf der
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