Theodor: The Theodor Story (Die Wiedergeburt) (German Edition)
Gesichtsausdruck wirkte ernst. „Henriece ist eine Gefahr. Ich hoffe, er kommt zur Besinnung bevor ihm etwas Schlimmes zustößt.“ Chrissie reichte ihr die Hand. „Bitte, weine nicht.“ Abrupt wandte sie sich ab und schritt durch die Schleuse, ohne sich nochmals umzudrehen.
Helen konnte sich gegen die Tränen nicht wehren. Zu sehr war Chrissie ihr ans Herz gewachsen. Sie starrte dem Flugzeug noch hinterher, als es längst schon ihren Blicken entschwunden war.
Schweren Herzens machte sie sich auf den Heimweg. Helen trauerte um die Abreise Chrissies, als hätte sie einen geliebten Menschen für immer verloren. Der 31. Januar 1966 war für Helen Tanner ein Datum, das sie nicht wieder vergessen wird.
Fünf Stunden später landete die Maschine in Freiburg. Schon von weitem fiel Chrissie das bildhübsche brünette Mädchen mit dem geflochtenen Haar und der hoch gewachsene Herr in Nadelstreifenanzug auf.
Das sind sie, sprach Chrissie in Gedanken zu ihrem Baby. Klara ist sehr hübsch. Und ihr Vater scheint ein Gentleman zu sein.
Chrissie lächelte die beiden an. Links trug sie einen Koffer, rechts eine Tasche, die sie neben sich abstellte, als die beiden auf sie zugeschritten kamen.
Sekunden darauf lagen Chrissie und Klara sich in den Armen.
„Ich konnte es schon nicht mehr erwarten“, sagte Klara mit strahlenden Augen. „Ich freu mich so sehr.“
„Ich auch“, erwiderte Chrissie auf Deutsch und sah ihren Vater respektvoll an, der ihr die Hand reichte. Chrissie hatte sich intensiv in der deutschen Sprache geübt – ein englischer Akzent war jedoch nicht zu überhören.
„Willkommen in Deutschland“, begrüßte er Chrissie und musterte sie mit einem verschmitzten Lächeln. „Dein Vater hatte keine Zeit?“
„Ich freue mich sehr“, erwiderte Chrissie und stockte. „Mein Dad – lebt nicht mehr“, sagte sie dann.
Von einem Augenblick auf den anderen verschwand das verschmitzte Lächeln und seine Stirn legte sich in Falten. „Was ist passiert?“, fragte er ernst.
Wie sie diese Frage beantworten sollte, darüber hatte Chrissie lange nachgedacht. Nach vielem abwägen, inwieweit sie die wahre Geschichte preisgeben konnte, hatte sie sich dazu entschlossen, nichts zu erzählen und den Tod ihres Vaters mit einem Unfall zu begründen.
„Dad“, antwortete Chrissie, „starb nach einem Autounfall.“
„Das – ist ja schrecklich“, entfuhr es ihm. „Zuerst deine Mutter, dann dein Vater. Wann ist das passiert?“
„Vergangenes Jahr im September“, antwortete sie. „Wenige Wochen nach Moms schrecklichen Unfall.“
„Mein Gott“, entfuhr es Thomas Ziesel. Das Entsetzen stand ihm sichtbar ins Gesicht geschrieben.
Klara fasste nach ihrer Hand. „Es wird dir bei uns gefallen“, sagte sie und versuchte zu lächeln. „Bestimmt wirst du bei uns Ablenkung finden.
Chrissies Mundwinkel zuckten. „Ablenkung“, sagte sie, wobei sie an Theodor dachte. „Wir haben viel vor uns“, setzte sie auf Englisch hinzu.
Thomas Ziesel fuhr einen Jaguar. Er liebte besondere Dinge und vor allem liebte er seinen Beruf, der ihm diesen Lebensstandard überhaupt ermöglichte. Thomas Ziesel war Pferdehändler.
Langsam lenkte er seinen Luxuswagen die Bergstraße hinauf, an dessen Ende sich das Anwesen Ziesels befand.
Chrissie bewunderte die schöne Landschaft, die schneebedeckt märchenhafter nicht sein konnte.
Während der Fahrt sprachen sie fast nicht miteinander. Die Nachricht über den Tod ihres Vaters saß beiden dann doch zu tief in den Knochen.
„Es ist sehr schön hier“, sagte Chrissie dann, nachdem sie ausgestiegen war.
Das schneebedeckte Schwarzwaldhaus mit seinem mächtigen Dach, das fast bis an den Boden reichte, wirkte sehr beeindruckend. Gegenüber befand sich der Pferdestall, der wenigstens zwanzig Pferden ausreichend Platz bot.
Daneben eine Reithalle, in der soeben ein Pferd von einer Pferdetrainerin trainiert wurde. Hinter dem Wohnhaus befand sich ein zweites, kleineres Haus; das Gästehaus, wie Chrissie später erfuhr. Unmittelbar neben dem Gästehaus erkannte sie eine riesige Garage, in welcher der Fuhrpark der Familie Ziesel untergebracht war.
Mathilde Ziesel erwartete sie schon und kam ihnen entgegen. Eine stattlich gekleidete Frau, gefolgt von einem vielleicht siebzigjährigen Mann in Arbeitskleidung, der sich um Chrissies Gepäck kümmerte.
Karl, der Hofmeister. Seit vierzig Jahren schon war er am Hof angestellt, zählte eigentlich schon zur Familie und wusste über so manche Dinge
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