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Thunderhead - Schlucht des Verderbens

Thunderhead - Schlucht des Verderbens

Titel: Thunderhead - Schlucht des Verderbens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Douglas & Child Preston
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regelmäßig und ruhig zu atmen, denn die kleinste Unsicherheit, der winzigste Fehltritt hätte hier unweigerlich zu einem Sturz hinab in die gähnende Tiefe geführt. Nur einmal gestattete sie sich einen Blick auf das ausgetrocknete Tal, dessen mit verkrüppelten Wacholderbüschen bewachsene Felsformationen aus der Höhe wie eine Hand voll schwarz gepunkteter Kieselsteine wirkten. Während sie vorsichtig weiterging, überlegte Nora bereits, wie sie ihr Pferd am besten über die schwierigsten Stellen des Steigs bringen könnte.
    Kurz vor der zweiten Kehre hörte sie, wie Arbuckles' Hufe ausrutschten, und ließ in Panik die Zügel los, aber mit ein paar raschen, trappelnden Schritten fing sich das Pferd wieder und blieb zitternd stehen. Es war ganz offensichtlich, dass es mit den bloßen Hufen einen sehr viel besseren Halt auf dem Fels hatte als mit den Hufeisen. Als Nora sich bückte, um die Zügel wieder aufzunehmen, flogen zwei Krähen, die sich vom Aufwind nach oben tragen ließen, direkt an ihr vorüber. Sie waren so nahe, dass Nora die kleinen, schwarzen Knopfaugen der aufgebracht krächzenden Vögel erkennen konnte.
    Nach zwanzig weiteren bangen Minuten hatte sie das untere Ende des Pfades erreicht. Ein Blick über die Schulter sagte ihr, dass Smithback ebenfalls gerade die letzten Meter hinter sich brachte. Sie war darüber so erleichtert, dass sie den Journalisten am liebsten umarmt hätte.
    Dann drehte der Wind, und ein entsetzlicher Gestank stieg ihr in die Nase. Er kam von den drei toten Pferden, die etwa fünfzig Meter von ihr entfernt auf ein paar scharfkantigen Felsen lagen. Wer auch immer den Bergrücken hinaufgeritten war, musste an den toten Tieren vorbeigekommen sein und sie gesehen haben.
    Nora gab Smithback Arbuckles' Zügel in die Hand und ging, geplagt von Schuldgefühlen, hinüber zu den verwesenden Kadavern. Die Pferde, die weit voneinander entfernt lagen, boten ein grausiges Bild: Der Bauch war ihnen aufgeplatzt, die Eingeweide herausgequollen. An einer sandigen Stelle zwischen den Felsblöcken fand Nora schließlich das, wonach sie gesucht hatte: die Abdrücke von nicht beschlagenen Pferdehufen. Zu ihrem Erstaunen sah sie, dass die Spuren nicht von Süden kamen, sondern aus dem Norden, wo in einer Entfernung von vielen Tagesritten das kleine Indianerdorf Nankoweap lag. Der oder die mysteriösen Reiter waren also offenbar nicht der Expedition gefolgt.
    »Die Spur führt nach Norden«, sagte Nora, als sie wieder bei Smithback war.
    »Ich bin beeindruckt«, erwiderte der Journalist. »Was können Sie eigentlich sonst noch diesen Spuren entnehmen? Stammen sie von einem Hengst oder einer Stute? Von einem Pinto oder einem Palomino?«
    Nora holte die Hufeisen aus den Satteltaschen und kniete sich neben Arbuckles in den Sand. »Ich kann lediglich feststellen, dass es sich möglicherweise um ein Indianerpferd handelt.«
    »Woher wollen Sie das wissen?«
    »Weil Indianer häufig Pferde ohne Hufeisen reiten. Angloamerikaner hingegen beschlagen ihre Tiere zumeist, sobald sie zugeritten sind.« Sie befestigte die Eisen an Arbuckies' Hufen, klopfte die Nägel durch und bog sie um. Swires Pferde, deren Hufe vom jahrelangen Eisentragen weich und empfindlich waren, durften keine Minute länger als nötig unbeschlagen bleiben.
    Smithback zog den Revolver, den Swire ihm gegeben hatte, aus seiner Jackentasche und steckte ihn nach einer kurzen Überprüfung wieder zurück. »Und können Sie sagen, ob jemand auf dem Pferd saß?«, fragte er.
    »So eine gute Spurenleserin bin ich nun auch wieder nicht. Aber ich bezweifle, dass ein Mann wie Roscoe unter Halluzinationen leidet.«
    Nachdem Nora auch die Hufe von Smithbacks Pferd wieder mit Eisen versehen hatte, begannen die beiden der Spur zu folgen. Bald wurde Nora klar, dass es sich eigentlich um zwei Hufspuren handelte: Die eine führte zum Fuß der Wand hin, die andere von ihr weg. Obwohl der Wind sie teilweise verweht hatte, war noch deutlich zu erkennen, dass sie durch die Schachtelhalmsträucher nach Norden wiesen. Eine Weile liefen Nora und Smithback, die Pferde an den Zügeln hinter sich her führend, am Fuß des Bergrückens entlang, dann bogen sie ab in einen zwischen niedrigen Hügeln aus schwarzem Vulkangestein eingezwängten Hohlweg.
    »Wo haben Sie denn das Spurenlesen gelernt?«, wollte Smithback wissen. »Ich wusste gar nicht, dass der Lone Ranger noch auf Vortragsreise ist.«
    Nora warf ihm einen irritierten Blick zu. »Ist das für Ihr

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