Thunderhead - Schlucht des Verderbens
den Beinen.
Auf einmal blieb Nora abrupt stehen. Irgendetwas war nicht in Ordnung. Das Lager lag verlassen da, und das Feuer brannte qualmend vor sich hin, ohne dass sich jemand darum kümmerte. Aus der Felswand, in der sich der Alkoven von Quivira verbarg, konnte sie aufgeregte Stimmen hören.
Trotz ihrer Erschöpfung streifte sie den Rucksack ab, lief hinüber zu der Strickleiter und kletterte nach oben. Als sie in dem Alkoven angelangt war, sah sie Sloane und Black, die auf dem Hauptplatz der Stadt miteinander sprachen. Etwas entfernt von ihnen saß Bonarotti im Schneidersitz auf dem Boden und schaute ihnen zu.
Als Sloane Nora erblickte, ließ sie Black stehen und rannte auf sie zu. »Nora!«, rief sie noch im Laufen. »Jemand hat unsere Funkgeräte zerstört.«
Erschöpft setzte sich Nora auf die Mauer am Rand des Alkovens. »Erzählen Sie mir alles der Reihe nach«, bat sie.
»Es muss wohl während der Nacht passiert sein«, begann Sloane, während sie sich neben ihr niederließ. »Beim Frühstück sagte Peter, dass er vor seiner Arbeit in der Stadt nach oben sehen und seine Geräte kontrollieren wolle. Ich hätte ihm am liebsten den Tag frei gegeben, denn er sah nicht gut aus, aber er bestand darauf. Er sagte, er habe in der Nacht ein seltsames Geräusch gehört. Kaum war er oben, da rief er auch schon nach mir, und ich kletterte zu ihm hinauf.« Sloane hielt inne. »Nora, unsere Funkgeräte sind nur noch Schrott. Jemand hat sie kurz und klein geschlagen.«
Nora schaute Sloane an. Die junge Frau sah ungewohnt mitgenommen aus. Ihre Augen waren gerötet und ihre Haare unfrisiert.
»Ist denn alles kaputt?«, fragte Nora.
Sloane nickte. »Die Funkgeräte, die Antennen, alles. Nur der Wetterempfänger funktioniert noch. Offenbar haben sie ihn oben im Baum nicht bemerkt.«
»Hat außer Holroyd sonst noch jemand etwas gehört oder gesehen?«
Black blickte rasch hinüber zu Sloane, bevor er an ihrer Stelle antwortete. »Nein, niemand.«
»Ich habe den ganzen Tag über besonders Acht gegeben«, sagte Sloane, »aber ich habe nichts und niemanden bemerkt.«
»Was ist mit Swire?«
»Der war schon bei den Pferden, als Holroyd seine Entdeckung machte. Ich konnte ihn also noch nicht fragen.« Nora seufzte tief. »Ich würde gerne mit Peter über die Sache reden. Wo ist er?«
»Das weiß ich nicht«, antwortete Sloane. »Er ist vor mir die Strickleiter hinabgestiegen. Ich denke, er ist wohl in sein Zelt gegangen, um sich hinzulegen. Er war ziemlich fertig und... irgendwie durcheinander. Er hat sogar geweint. Ich schätze, die Geräte waren ihm sehr wichtig.«
Nora stand auf und ging zur Strickleiter. »Bill!«, rief sie hinunter in das Tal.
»Was gibt's, Madame?«, drang die Stimme des Journalisten herauf.
»Gehen Sie doch mal zu den Zelten und sehen Sie nach, wo Holroyd ist.« Während Nora wartete, ließ sie den Blick über den Canon-Rand schweifen.
»Er ist nicht in seinem Zelt«, rief Smithback nach einer Weile herauf.
Nora ging zurück zu der Mauer und setzte sich. Sie zitterte und bemerkte erst jetzt, dass ihre Kleidung vom Durchklettern des Slot- Canons noch ganz nass war. »Dann muss er wohl irgendwo in der Ruine sein«, sagte sie.
»Das ist möglich«, erwiderte Sloane. »Er hat gestern davon gesprochen, dass er das Magnetometer neu kalibrieren wolle. Irgendwie ist mir bei dem ganzen Trubel gar nicht aufgefallen, dass er nicht mehr da ist.«
»Was ist eigentlich mit den Pferdekillern?«, unterbrach Black. »Haben Sie sie gefunden?«
Nora zögerte einen Augenblick, bevor sie den Entschluss fasste, die anderen nicht mit Beiyoodzins Hexengeschichten zu beunruhigen. »Wir haben nur eine Spur entdeckt, und die führte in das Lager eines alten Indianers, der aber die Tiere nicht getötet hat. Dass unsere Funkgeräte gestern Nacht zerstört wurden, legt den Verdacht nahe, dass sich die Pferdekiller noch immer hier in der Nähe aufhalten.«
Black fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »Toll«, sagte er. »Dann werden wir ab jetzt wohl Wachen aufstellen müssen.«
Nora blickte auf ihre Uhr. »Lassen Sie uns Peter suchen«, sagte sie. »Ich will wissen, ob er nicht eine Art Notsender zusammenbasteln kann.«
»Ich schaue mal in dem Haus nach in dem er zuletzt mit dem Magnetometer gearbeitet hat«, sagte Sloane und ging davon. Black folgte ihr. Bonarotti trat auf Nora zu und steckte sich eine Zigarette zwischen die Lippen. Nora wollte ihn eigentlich darauf hinweisen, dass in der Ruine Rauchen verboten
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