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Thunderhead - Schlucht des Verderbens

Thunderhead - Schlucht des Verderbens

Titel: Thunderhead - Schlucht des Verderbens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Douglas & Child Preston
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denn nicht?«, fragte Smithback. »Das menschliche Drama gehört genauso zu dieser Expedition wie...«
    Holroyd trat auf den Journalisten zu und nahm ihm das Notizbuch aus der Hand. »Das war ein Privatgespräch«, sagte er, wobei er die Seite aus dem Notizbuch riss und es Smithback dann zurückgab.
    »Das ist Zensur!«, protestierte der Zeitungsmann.
    Auf einmal hörte Nora ein leises, kehliges Glucksen, das sich gleich darauf in ein mildes Lachen verwandelte. Sie drehte sich um und bemerkte, wie Sloane, die noch immer den Schädel in der Hand hatte, sie mit einem Glitzern in ihren bernsteinfarbenen Augen amüsiert anschaute.
    Nora atmete tief durch und ignorierte das Lachen. Verlier jetzt bloß nicht die Fassung, dachte sie bei sich. »Da der Schädel nun schon einmal entfernt wurde«, sagte sie ruhig, »können wir ihn genauso gut Aragon bringen, damit er ihn untersucht. Als überzeugter Verfechter von ZST wird er vielleicht etwas dagegen haben, aber jetzt ist das Kind schon in den Brunnen gefallen. Sloane, ich möchte, dass Sie in Zukunft keine eigenmächtigen Handlungen mehr vornehmen. Ist das klar?«
    »Ja«, antwortete Sloane und blickte auf einmal ziemlich zerknirscht drein. Sie reichte Nora den Schädel. »Ich habe vor lauter Begeisterung nicht richtig nachgedacht.«
    Nora steckte den Schädel in einen Plastikbeutel und verstaute ihn in ihrem Rucksack. Es kam ihr so vor, als wäre etwas Herausforderndes in der Art gewesen, wie Sloane mit dem Schädel auf sie zugekommen war, und sie überlegte sich ob es sich dabei wohl um eine gezielte Provokation gehandelt haben könnte. Schließlich wusste Sloane sehr wohl, was man an einer Ausgrabungsstätte zu tun und was man zu lassen hatte. Dann aber fragte sich Nora, ob sie vielleicht unter Verfolgungswahn litt. Sie erinnerte sich nur zu gut, wie sie selbst einmal auf einer Ausgrabung eine fantastisch erhaltene Folsom- Speersitze entdeckt und spontan aus dem Boden gezogen hatte. Erst danach war ihr an den entsetzten Blicken ihrer Kollegen klar geworden, dass sie einen Fehler begangen, hatte.
    »Was ist eigentlich ZST?«, fragte Smithback, der durch nichts kleinzukriegen war. »Eine neue Art von Empfängnisverhütung?«
    Nora schüttelte den Kopf. »Es ist die Abkürzung für >Zero Site Trauma< Das ist die wissenschaftliche Bezeichnung für die Auffassung, dass man eine archäologische Ausgrabungsstätte physisch unberührt lassen sollte. Wissenschaftler wie Aragon sind der Meinung, dass jede Art von Veränderung an einem Fundort, und sei sie auch noch so vorsichtig und minimal, diesen für künftige Archäologen zerstört, die ihn mit sehr viel besseren Methoden als beispielsweise den unseren untersuchen könnten. Die Anhänger dieser Schule arbeiten lieber mit Gegenständen, die andere Archäologen bereits gesammelt haben.«
    »ZST-ler halten konventionelle Archäologen für artefaktengeile Plünderer, die bloß nach Souvenirs buddeln, anstatt das Bild einer alten Kultur wirklich zu rekonstruieren«, ergänzte Sloane.
    »Wenn Aragon so denkt, weshalb ist er dann überhaupt mit auf diese Expedition gekommen?«, fragte Holroyd.
    »Weil er kein hundertprozentiger Purist ist«, antwortete Nora. »Ich schätze, dass er bei einem so wichtigen Projekt wie diesem seine persönlichen Überzeugungen bis zu einem gewissen Grad hintanstellt. Er denkt wohl, dass, wenn schon jemand Quivira entweiht, es wenigstens er selbst sein sollte.« Nora drehte sich um und wechselte das Thema. »Was halten Sie von der schwarzen Farbe an diesen Wänden?«, fragte sie Sloane. »Das ist kein Ruß, sondern irgendeine getrocknete, dickflüssige Substanz. Bisher habe ich noch keinen Raum der Anasazi gesehen, der mit schwarzer Farbe gestrichen war.«
    »Da bin ich überfragt«, antwortete Sloane. Sie nahm ein kleines Glasröhrchen und ein Kratzinstrument, wie es auch Zahnärzte verwenden, aus ihrem Rucksack und wandte sich lächelnd an Nora: »Darf ich eine Probe davon nehmen?« Nach einer kurzen Pause fügte sie noch an: »Frau Chefin?«
    Es ist schon nicht lustig, wenn Smithback mich so nennt, dachte Nora, aber wenn sie es tut, ist es das noch viel weniger. Dann aber nickte sie wortlos und sah zu, wie Sloane geschickt ein wenig von der schwarzen Substanz abschabte und in dem Glasröhrchen verschloss.
    Die Sonne stand nun schon ziemlich tief am Himmel und warf lange, dunkle Schatten auf die Wände des Raumes. »Gehen wir«, sagte Nora, aber bevor sie wieder hinaus auf den Sims trat, warf sie noch

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