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Tiamat-Zyklus 1 - Die Schneekönigin

Titel: Tiamat-Zyklus 1 - Die Schneekönigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
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Ermatten herauszufinden, doch Elsevier hatte ihr eine Antwort verweigert und sich, ohne deswegen weniger zärtlich zu sein, in sich zurückgezogen und Mond ausgeschlossen.
    Mond war verwirrt und verstimmt, bis schließlich die Zwillinge deutlich sichtbar auf dem Schirm zu sehen waren. Und dann endlich sah sie ein, daß Elsevier sich darauf vorbereitet hatte: das Ende, das mit Monds Neubeginn kommen würde. Der Abschied von dem Leben, das sie kannte und das sie gewohnt war, der endgültige Abschied von dem Schiff, mit dem ein halbes Leben bittersüßer Erinnerungen verknüpft war. Der endgültige Abschied von ihrer Ersatztochter, die ihrem Leben einen neuen Sinn hätte geben können, und die statt dessen nur noch mit einem schmerzlicheren Verlust konfrontierte.
    Nun versperrte ein ausgedehntes Wolkenmeer den Blick auf die See, während sie tiefer und tiefer sanken und bereits in die saphirfarbenen Ausläufer, der obersten Atmosphäreschichten eintauchten. Bald ... bald würden sie die Wolkenbank durchbrechen, bald würde sie ihr Ziel sehen können, die lange Linie der Westküste des Kontinents, wo Ngenets Plantage lag - und Karbunkel.
    »... Quotient liegt bei einein ... Silky! Wir sind entdeckt! Volle Energie auf die hinteren Schirme! Sie schießen ...«
    Ein blau-weißer Lichtblitz löschte den Himmel aus; Mond Augen tränten. Die Metallhülle um sie herum erbebte; ihre Zähne klapperten.
Nein, nein. Das kann nicht sein!
    »Oh, Götter!« schrie Elsevier auf, aber es war mehr Wut als Verzweiflung in ihrer Stimme. »Sie haben unsere Anflugbahn berechnet. Wir sitzen in der Falle, wir werden nie mehr ...«
    Eine zweite Explosion dröhnte um sie her ... dann folgte Stille. Sie wurde erst unterbrochen, als das Funkgerät plötzlich zum Leben erwachte. »... sich nun zu ergeben, andernfalls werden Sie vernichtet. Wir haben Sie auf unserem Scanner. Sie können nicht entkommen.«
    »Wir verlieren ...« Doch eine dritte Explosion machte das Wort unhörbar wie Monds fragenden Schrei. Die vierte folgte dichtauf, die Instrumentekonsole schrillte protestierend und überlastete ihre benommenen Sinne. »Energiezufuhr unterbrechen!« - sie hörte Elseviers brechende Stimme; ihre dröhnenden Ohren nahmen die Worte nur undeutlich wahr - »... einzige Hoffnung ... uns bereits für tot halten ...« Es wurde dunkel in der Kabine, wie plötzlicher Tod, doch Monds blinzelnde Augen erhaschten Blicke auf das Licht von außerhalb. Sie sah die blauen, weißen und goldenen Weiten eines himmlischen Phantasiereiches, als sie in eine Wolkenbank eintauchten. Sie klammerte sich an ihrem Sitz fest und zählte jeden Schlag ihres Herzens. Mit jeder weiteren Sekunde wurde ihr bewußt, daß keine weitere Explosion stattgefunden hatte - diejenige, die sie, nun völlig wehrlos, nicht überleben würden.
    Sie fielen so abrupt aus der Wolkendecke heraus, wie sie eingetaucht waren. Endlich konnte sie das Meer sehen, das unter ihnen dahinrollte, ein Ozean aus geschmolzenem Zinn. Regentropfen prasselten gegen die Scheibe und verschleierten den Blick auf den Himmel und das Meer wie Tränen. Und sie lebten immer auch. Das LB durchfiel das Blau in weitgeschwungenem Bogen, wie ein Stein, der in einen bodenlosen See sinkt. Elsevier und Silky arbeiteten stumm an den Kontrollen. Auch Mond durchbrach die Stille nicht, ihre Stimme blieb ihr in der Kehle stecken, sie konnte nichts beisteuern.
    »Jetzt, Silky, Notsysteme an ...«
    Der rauchfarbene Kegel über Monds Sitz senkte sich unerwartet auf sie herab und brachte Elseviers Stimme zum Verstummen, die gerade weitere Befehle gab. Sie erhaschte einen letzten Blick auf das eisengraue Meer. Ein expandierendes Luftkissen preßte sie fest gegen den Sitz, sie leistete keinen Widerstand - das konnte sie nicht -, während ihre Hilflosigkeit vollkommen wurde. Nach einer Ewigkeit voller Vorahnungen wurde sie sich entfernt des Aufpralls von heißem Metall auf graues Wasser bewußt, wie eine weit entfernte Explosion ein verblüffender Schlußpunkt.
    Nach einer weiteren Ewigkeit schrumpfte das Luftkissen wieder zusammen, und der rauchfarbene Kegel hob sich weg von ihr. Sie warf die Sicherheitsgurte ab und stemmte sich aus dem Sitz, um zwischen die Pilotensitze zu klettern. Gerade hob sich auch über Silkys Sitz der graue Kegel, er schüttelte in einer fast menschlichen Geste der Benommenheit den Kopf. Vor ihr drang das Meer mit wütender Entrüstung auf das kleine Schiff ein, eiskalte Tropfen spritzten durch den klaffenden Riß

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