Tiamat-Zyklus 1 - Die Schneekönigin
Kleidung.
Doch der uniformierten Frau entging die Bewegung nicht, sie kam augenblicklich näher. Und während sie sich ihr näherte, sah Mond in ihrem Gesicht denselben ungläubigen Ausdruck, den sie schon bei den beiden Männern am Kai bemerkt hatte. Der Mann hinter ihr trat vorsichtig beiseite, als Elsevier und Cress aufstanden. Mond spürte Elseviers Hand an ihrem Ellbogen und erhob sich ungeschickt. Ihr Stuhl knarrte.
»Jetzt, Silky!« murmelte Elsevier und riß Mond zurück, während der Außerirdische zur Tür schnellte, durch die sie alle gekommen waren. Mond wurde gegen die Wand des Kaminsimses geschleudert, die beiden Polizisten schwankten unentschlossen zwischen möglichen Zielen hin und her, Cress riß einen Bierkrug vom Tisch und warf ihn, er zerschmetterte die Beleuchtung. In der plötzlichen Dunkelheit regnete ein Funken-schauer von der Decke herab.
»Lauft!«
»BZ! Nageln Sie ihn fest!«
»Mond, halt dich da raus!« Mond spürte, wie Elsevier sie drängend fortzog, sie stolperte blind über ihren eigenen Stuhl und fiel gegen den Tisch. Hinter sich hörte sie ein Geräusch, gefolgt von einem Schrei, sie sah verschwommen, wie die Polizistin Elsevier am Mantel festhielt. Monds Hand schloß sich um einen anderen Bierkrug auf dem Tisch. Sie drehte sich um und schlug ihn mit aller Gewalt auf den Arm der Polizistin. Sie hörte einen Schmerzensschrei. Elsevier packte sie und zog sie mit sich hinaus. »Niemals, niemals einen Blauen verletzen!« flüsterte sie ihr atemlos ins Ohr. »Trotzdem danke. Und nun lauf!«
Mond taumelte durch die Tür, ihr Verstand war weiß und leer, wie der Raum, den sie betraten, dann hasteten sie durch eine weitere Tür in eine dunkle Allee.
»Hier entlang!« Cress tauchte neben ihr auf und deutete nach links. »Eine Sackgasse. Elsie?«
»Hier!« Die Tür fiel hinter ihnen ins Schloß. »Red nicht so viel, ab zum LB!«
Sie rannten. Mond gab der alten Frau die Hand, um sie zu unterstützen. Weit vor sich sah sie den Außerirdischen in einem Streifen rotgoldenen Sternenlichts, dann verschwand er in einem finsteren Loch. Hinter ihnen wurde die Tür aufgerissen, dann vernahm sie einen lauten Ruf. Man hatte sie entdeckt. Plötzlich wurde ihre freie Hand bis zum Gelenk taub. Die Panik beflügelte ihre Schritte.
Dort, wo sie den Außerirdischen verschwinden gesehen hatte, kam Cress schlitternd zum Stillstand. Sie sah einen Lattenzaun im Schatten der Nacht, sah, wie er sich zwischen zwei morschen Planken durchduckte. Sie folgte ihm, wobei sie Elsevier mit sich zog, und stürzte beinahe über einen Stapel Treibholz, der auf der anderen Seite aufgeschichtet war.
»Verschwindet zum LB!« Cress winkte wie wild. »Ich verschließe die Lücke.«
»Hier entlang!« Elsevier zog sie am Arm und führte sie durch ein Gewirr von Treibholz und Stämmen. Mond folgte ihr, sah sich aber noch einmal um zu Cress, der die losen Planken mit einem Baumstumpf abstützte. Eine Hand krallte sich an seiner Parka fest, als er sich umwenden wollte, er wurde zurückgerissen. Dann versperrte ihr ein Ballen Segeltuch die Sicht. Elsevier stolperte neben ihr über ein Hindernis am Boden, sie reichte ihr eine stützende Hand.
Nun konnte sie vor sich, zwischen den Schatten und dem goldenen Glanz der Sterne, eine Art Linse aus zerschrammtem Altmetall liegen sehen. Seitlich war eine Luke offen, von der eine Rampe zum Boden verlief. »Was ist das?«
»Rettung«, keuchte Elsevier. Gemeinsam hasteten sie die Rampe empor, an deren Ende Silky bereits wartete. »Eingeschaltet?«
Der Außerirdische grunzte zustimmend und vollführte mit einem Tentakel eine Bewegung.
»Alles anschnallen, wir verschwinden von hier.« Elsevier lehnte sich gegen die Wand und preßte eine Hand gegen die Brust. »Cress?« Sie blickte zur Luke, konnte aber nur Abfälle und einen Ausschnitt des Himmels sehen.
Mond wandte sich um und blickte die Rampe hinab. Cress kam herbeigeeilt, doch während sie zusah, stolperte er und fiel hin. Als er sich wieder aufgerappelt hatte, glichen seine Bewegungen denen eines Mannes, der unter Wasser läuft, jede Bewegung schien verlangsamt. »Da kommt er!«
Er erreichte den Fuß der Rampe, wo er stehenblieb und mit über dem Magen verschränkten Armen einen Augenblick hochsah, bevor er zu klettern begann. Dahinter sah sie einen ihrer Verfolger hinter dem Segeltuchballen auftauchen. »Beeil dich, Cress!«
Doch kaum hatte sie es ausgerufen, da verharrte er in der Mitte der Rampe. Seine Augen schimmerten
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