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Tief im Wald und unter der Erde - Winkelmann, A: Tief im Wald und unter der Erde

Titel: Tief im Wald und unter der Erde - Winkelmann, A: Tief im Wald und unter der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Winkelmann
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Flecken waren an den Beinen zu sehen. Während seine Eltern zum Becken liefen, ausgelassen wie Kinder, ging er langsam hinterher. Die Hände verschränkt vor dem Körper, den Kopf gesenkt.
    Blicke, er spürte Blicke!
    Alle starrten ihn an!
    Nein, das stimmt nicht, das bildest du dir ein. Sie wissen gar nichts davon, sie können es nicht sehen. Jetzt und hier bist du so normal wie alle anderen auch.
    Ja, aber wenn er aus dem Wasser stieg, wenn der Stoff der Badehose schwer und nass an seiner Haut klebte …
    Er verdrängte den Gedanken.
    Die Sonne war da, heiß und freundlich, das Geschrei der spielenden Kinder, das Plätschern des Wassers, leichter Geruch von Chlor, vom Holzhäuschen her der Duft von Pommes und Bratwurst. Sommer!
    Sein Vater stand schon auf dem Ein-Meter-Brett und machte es zu seiner Bühne. Streckte die Arme weit über den Körper, ließ die Bauchmuskeln spielen, die sich als erstaunliches Relief abzeichneten. Es dauerte eine peinlich lange Zeit, bis er endlich sprang. Formvollendet tauchte er ins Blau ein, erzeugte kaum Spritzer und zog natürlich viele Blicke auf sich. Keiner der Badegäste wäre wohl auf die Idee gekommen, dass es sich bei dem schüchternen, langen Schlaks mit der hellen Haut um seinen Sohn handelte.
    Mutter stieg über die Leiter ins Wasser, verzog ob der Temperatur das Gesicht und tauchte dann ein. Er tat es ihr gleich. Vom Brett zu springen traute er sich nicht. Obwohl
er seinem Vater nur unauffällig zugesehen hatte, hatte er dennoch genau registriert, was dort oben zu sehen war und was nicht.
    Das Wasser war kalt. Er fror, seine Haut zog sich zusammen, sah plötzlich aus wie die eines gerupften Huhns. Schnell ließ er sich ins Wasser gleiten, stieß sich von der Treppe ab und schwamm. Mit seinen langen Armen kam er gut voran, und die Anstrengung spürte er kaum. Er schwamm seiner Mutter hinterher, überholte sie und schlug am Beckenrand an.
    Plötzlich legte sich eine starke Hand auf seinen Kopf und tauchte ihn unter, hielt ihn unter Wasser, wollte ihn nicht entkommen lassen. Der Junge riss die Augen auf, sah vor sich die durchs Wasser verzerrte Silhouette seines Vaters, die gut gefüllte Badehose, die kräftigen Beine.
    Er ließ ihn nicht wieder hochkommen!
    Der Junge begann zu strampeln. Ob es mit Absicht geschah oder doch nur aus Zufall, konnte er später selbst nicht sagen, doch er redete sich gern ein, dass er in diesem Moment mutig gewesen war und seinen Fuß wohlgezielt in die Genitalien seines Vaters schnellen ließ. Jedenfalls verschwand die Hand von seinem Kopf. Er tauchte prustend auf, wischte sich das Wasser aus den Augen und sah seinen Vater, der mit hochrotem Kopf am Beckenrand geklammert hing und starr nach vorn auf die Fliesen schaute. Die Knie waren unter Wasser angewinkelt. Er hätte sich entschuldigen können, tat es aber nicht. Stattdessen genoss er es, den Vater leiden zu sehen.
    Seine Mutter drückte sich von hinten an ihn. Deutlich spürte er ihre festen Brüste an seinem Rücken.
    »Was ist passiert?«
    Er zuckte nur mit den Schultern. Im selben Augenblick
drehte der Vater den Kopf und sah sie an. Den Sohn, der lässig mit den Schultern zuckte, vielleicht ein kleines Lächeln in den Mundwinkeln, die Mutter, die sich von hinten an ihn drückte, einen Arm um seinen Brustkorb gelegt.
    In dieser Sekunde wusste der Junge, dass die schöne Zeit vorbei war. Hass lag in den Augen seines Vaters, und wenn er ihn auch nicht sofort ausleben konnte, so würde dieser Hass dennoch eine lange Zeit überstehen und irgendwann umso heftiger ausbrechen.
    Der Vater stieß sich vom Beckenrand ab und schwamm mit kräftigen Zügen davon.
    Seine Mutter küsste ihn auf den Hinterkopf und schwamm ebenfalls davon. Er folgte ihr. In seinen Gedanken bekam er einen Steifen, wenn er an die Schmerzen dachte, die der Vater erlitten hatte.
    Als seine Eltern das Becken längst verlassen hatten und sich auf der Decke in der Sonne aalten, schwamm er noch immer seine Bahnen. Eine nach der anderen, hin und her, Brust, Kraulen, Brust, Kraulen. Er spürte keine Ermüdung, war wie in Trance und versuchte den Moment so lange wie möglich hinauszuzögern, in dem er das Becken verlassen musste. Natürlich kam er trotzdem irgendwann. Nach fast einer Stunde war er am Ende.
    Ausgekühlt und ausgelaugt griff er mit zittrigen Händen nach der Leiter und zog sich daran hoch, so weit, bis seine Hüften aus dem Wasser waren. Dann zog er mit der rechten Hand den schweren Stoff der Badehose von seinem

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