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Tief im Wald und unter der Erde - Winkelmann, A: Tief im Wald und unter der Erde

Titel: Tief im Wald und unter der Erde - Winkelmann, A: Tief im Wald und unter der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Winkelmann
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natürlich ausgebaut. Metall war damals was wert.«
    Tim Siebert tauchte an der östlichen Ecke des Bunkers auf. Er war einmal drum herumgegangen.
    »Ist kaum zu fassen, was?«, rief er.
    »Kommt man da hinein?«, fragte Anou den alten Schröder.
    »Die Eingänge sind alle zugemauert. Aber es gibt einen Zugang zum Dach.«
    »Wie? Man kann auf das Dach gehen?«
    Peter Schröder nickte. »Über eine ehemalige Außentreppe. Jemand hat sich mal die Mühe gemacht und die ausgebrochenen Stücke durch Holz ersetzt. Im Sommer kommen hier manchmal Liebespärchen her. Man ist dort oben ungestört und hört und sieht rechtzeitig, wenn sich jemand nähert. Der Aufstieg ist aber nicht ganz ungefährlich.«
    Tim kam zu ihnen. »Hier ist lange niemand mehr gewesen«, sagte er. »Nirgendwo Spuren zu entdecken.«
    »Hab ich doch gesagt«, meinte Peter Schröder. »In dieser Jahreszeit kommt hier keiner her.«
    »Wir können aufs Dach gehen«, sagte Anou.
    Tim legte ebenfalls den Kopf in den Nacken und blickte in die Höhe. »Da rauf?«
    »Hast du Höhenangst?«
    »Nee. Aber was sollen wir dort?«
    »Uns vergewissern. Außerdem interessiert es mich. Ich hab noch nie ein Dach gesehen, auf dem Bäume wachsen.«
    »Na gut, warum nicht.«
    »Ich komme aber nicht mit«, sagte der alte Forstwirt. »Ist nichts mehr in meinem Alter.«
    Er zeigte ihnen die Außentreppe auf der rückwärtigen Seite des Bunkers. Sie bestand ebenfalls aus nacktem Beton, begann aber erst in vier Metern Höhe. Der untere Teil war entfernt worden, doch wie von Schröder angekündigt, hatte jemand eine wackelige Konstruktion aus Holz angebaut. Eine Art Leiter. Nicht sehr vertrauenerweckend und zudem morsch.
    Anou machte den Anfang.
    Das Holz hielt. Trotzdem fühlte sie sich besser, als sie die Betontreppe erreichte. Allerdings nur für einen kurzen Moment, denn die Treppe stand völlig frei, es gab kein Geländer, keinen Handlauf, nichts, was einen vor dem Sturz in die Tiefe schützte. Je höher Anou stieg, desto mulmiger wurde ihr. Als sie das Dach erreichte, zitterten ihre Knie.
    Tim war direkt hinter ihr.
    Oben angekommen verharrten sie und betrachteten den Wald oberhalb des Waldes. Der Erdboden hier oben war drei bis vier Meter dick, trotzdem fragte sich Anou, wie die Bäume sich im Sturm hier hielten.
    »Unglaublich«, sagte sie.
    Tim nickte nur.
    Sie überquerten das Dach. Zur Mitte hin stieg der Boden an. Dort entdeckten sie eine alte Feuerstelle. Bierdosen lagen herum. Auch ein weißer Damenslip, zerrissen. Nichts deutete jedoch darauf hin, dass kürzlich jemand hier gewesen war.
    »Im Sommer bestimmt ein richtiges Liebesnest«, meinte Anouschka.
    Tim sah sie von der Seite an.

    »Vielleicht sollten wir beide im Sommer noch mal wiederkommen.«
    Anou hörte die Andeutung sehr wohl, hatte aber keine Lust, darauf einzugehen. »Vielleicht«, sagte sie, »aber im Moment sind wir hier wohl auf der falschen Fährte.«
    Sie waren eine ganze Stunde lang durch dichten, teilweise dschungelartigen Wald gelaufen, bevor sie den Bunker gefunden hatten. Anou konnte sich nicht vorstellen, dass jemand, der einen vermutlich leblosen oder bewusstlosen Körper zu transportieren hatte, sich dieser Tortour aussetzte. Leichen ließen sich an tausend anderen Plätzen leichter ablegen. Wollte man sich allerdings mit seinen Opfern beschäftigen, sah die Sache schon anders aus. Aber auch in dem Fall war der Weg hierher ein Hindernis und machte die Theorie unwahrscheinlich.
    Sie folgte Tim zur Dachkante.
    Der Blick darüber hinweg ließ ihren Magen sich zusammenziehen. Schnell trat sie einen Schritt zurück. Für den Bruchteil einer Sekunde hatte sie das Gefühl gehabt, die Tiefe würde an ihr ziehen.
    Tim griente. »Höhenangst?«
    »Eigentlich nicht.«
    Unten stand Peter Schröder und rauchte eine Zigarette. Er winkte kurz zu ihnen rauf.
    Anou ließ den Blick schweifen. Sie befanden sich auf einer Höhe mit den Baumkronen des unteren Waldes, konnten aber nicht drüber hinwegschauen. Um sie herum war alles dicht und dunkel. Nadelwald mit viel Unterholz, ungepflegt, verwildert. Anou wollte sich gerade von der Dachkante abwenden – auch wenn sie es nicht zugab, so hatte sie doch sehr wohl Angst vor der Höhe -, als sie im Unterholz etwas sah. Eine Farbe, die nicht dorthin gehörte.

    »Was ist denn das dort?«, fragte sie und streckte den Arm aus.
    »Wo?«
    »Da hinten. Da liegt doch was Blaues.«
    Es dauerte einen Moment, bis Tim es sah.
    »Müll wahrscheinlich.«
    »Wenn man unten

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