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Tief im Wald und unter der Erde - Winkelmann, A: Tief im Wald und unter der Erde

Titel: Tief im Wald und unter der Erde - Winkelmann, A: Tief im Wald und unter der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Winkelmann
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bis hinauf in den Kopf, und er biss sich heftig auf die Zunge. Metallischer Geschmack breitete sich in seinem Mund aus. Erneut fragte er sich, ob es nicht besser wäre, die Kollegen zu informieren. Jetzt, mit dem Blut im Mund, den Schmerzen im Rücken und der deutlichen Spur vor Augen, erschien es ihm als der allerbeste Einfall.
    Aber was sollte er Nele sagen?
    Dass er sich tief im Wald befand, dass hier und dort Moos von Steinen und Bäumen gekratzt war und er meinte, eine Schleifspur gefunden zu haben? Sie würde ihm nicht glauben. Sie würde ihm seine Eigenmächtigkeit vorwerfen und ihn sofort zurückbeordern. Zu recht!
    Nein, er brauchte erst einen Beweis.
    Also weiter!
     
    Menschen bewegten sich auf verschiedene Arten durch den Wald. Die, die es nicht gewohnt waren, verursachten dabei Geräusche, die sämtliche Tiere im Umkreis von einigen hundert Metern das Weite suchen ließen, und derjenige, der sich hier herumtrieb, gehörte zu dieser Gattung. Karel Murow hörte und spürte den Eindringling sofort, nachdem er sein Versteck verlassen hatte.
    Die Lebensmitteleinkäufe mussten warten.
    Jemand trieb sich in der Nähe seines Verstecks herum. Das konnte er nicht zulassen. Er war in den letzten Tagen zu häufig hier unterwegs gewesen, so dass seine Spuren mittlerweile gut zu sehen waren. Wer sich einigermaßen in der freien Natur zurechtfand, würde sie entdecken. Sie unterschieden sich deutlich von denen des Damwildes.

    Schnell und leise bewegte er sich durch das Unterholz. In seiner schwarzen Regenbekleidung war er so gut wie nicht zu erkennen. Zwischendurch blieb er stehen und lauschte.
    Ja, eindeutig!
    Eine einzelne Person.
    Also konnte es sich nicht um die Polizei handeln. Kurz hatte er gefürchtet, sie hätten sein Versteck doch gefunden, auch wenn er sich überhaupt nicht vorstellen konnte, wie. Aber nein, die Polizei schickte niemanden allein los. Die kamen immer in Gruppen, vielleicht mit Hubschrauber, ganz sicher aber mit viel Lärm und Trara. Wer auch immer sich seinem Versteck näherte, war allein und konnte somit nicht zur Polizei gehören. Vielleicht ein Jäger! Aber um diese Zeit, und hier! Das war ebenso unwahrscheinlich. Es war müßig, sich darüber den Kopf zu zerbrechen. Er würde ohnehin gleich sehen, um wen es sich handelte.
    Karel Murow wählte seinen Weg so, dass er ihn in den Rücken des Eindringlings brachte. Leise näherte er sich ihm von hinten, huschte von Baum zu Baum, verbarg sich hinter den Betonbrocken, die hier überall verstreut lagen, und wurde so fast eins mit der Umgebung. Dabei fühlte er sich als Teil des Waldes, weniger Mensch als Tier, übermächtig, wie eine Raubkatze, die in ihrer natürlichen Umgebung nichts und niemanden fürchten musste. Dies hier war sein Revier, und wer hier eindrang, riskierte sein Leben.
    Vom bewachsenen, eingestürzten Dach eines alten Bunkers aus sah er den Fremden. Offensichtlich war er gerade gestürzt. Er hockte auf der steinernen Treppe und rieb sich den Hintern. Er war allein, so wie Murow es erwartet hatte. Was für ein blöder Kerl.
    Murow erkannte ihn.
    Er war vor ein paar Tagen zusammen mit seiner Schönheit
aus dem Wald gekommen. Also doch ein Bulle! Aber warum allein? War er ihr Freund? Wollte er den einsamen Helden spielen? Es konnte ihm egal sein. Dieser Mann hatte einen Fehler gemacht und würde diesen Fehler mit seinem Leben bezahlen!
    Murow schlich weiter, leiser noch, als es ein Rehkitz gekonnt hätte. Kaum zehn Meter trennten ihn noch von seinem Opfer, als plötzlich dessen Handy klingelte. Das Geräusch klang laut und merkwürdig fremdartig hier im tiefen Wald.
    Murow schüttelte den Kopf.
    Wie dumm konnten Menschen sein?
    Dann packte ihn plötzlich eine Vorahnung.
    Dieser Mann war allein unterwegs, vielleicht wussten seine Kollegen nichts davon. Wenn er aber jetzt ans Handy ging und ihnen mitteilte, wo er sich befand, würde sein Versteck auffliegen. Das durfte er nicht zulassen!
    Murow begann zu laufen, während der Bulle hektisch im Inneren seiner Jacke herumkramte, um an sein Handy zu gelangen. Schließlich holte er es heraus, drückte eine Taste und presste es sich ans Ohr. Im selben Augenblick erreichte Murow ihn und sprang ihm von hinten in den Rücken. Das Handy flog weg. Der Bulle gab einen erschrockenen Laut von sich, stürzte nach vorn und rutschte auf dem Bauch zum nächsten Brocken. Murow selbst konnte sich an einer rostigen Eisenstange festhalten. Sofort setzte er nach. Der große, schlanke Bulle hatte sich von

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