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Tiefe

Tiefe

Titel: Tiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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festgezurrt.
    Das Kind war von Schweigen umgeben. Sara Fredrika sagte nichts Überflüssiges. Lars Tobiasson-Svartman versuchte zu verstehen, was im Begriff war zu geschehen.
    Nichts war mehr deutlich. Er konnte einen eigentümlichen Frieden empfinden, doch der war trügerisch und wurde oft von einem Schmerz durchbrochen, der aus allen Richtungen zugleich zu kommen schien.
    Er schob alle Gedanken weg, verscheuchte sie.
    Unruhe allzu groß wurde, kletterte er auf den Klippen herum, als wollte er Verfolger abschütteln.
    Zu Sara Fredrika sagte er nur, daß er in Bewegung bleiben müsse.
    In den Nächten teilten sie die Pritsche. Ihre Körper stellten keine Fragen, die ihn beunruhigten.
    Am 19. April kam ein kräftiger südwestlicher Wind und brach die letzten Reste von Eis auf, die noch die Buchten bedeckten.
    Sie gingen auf den Berg hinauf und sahen, daß sie vom offenen Meer umgeben waren. Weiter weg in den mittleren Schären sah man noch das aufgebrochene grauweiße Eis.
    Am Tag danach ließen sie die Segeljolle zu Wasser. Er war erstaunt darüber, wie stark sie war. Er blieb am Ufer stehen, während sie hinausruderte, um zu kontrollieren, ob der Boden dicht war und das Segel keine Risse hatte.
    »Ich segle einmal um die Insel herum«, rief sie.
    Er breitete die Arme aus. Er wollte nicht mit, er blieb auf der Schäre.
    Vom Gipfel des Berges aus folgte er ihr mit dem Feldstecher. Plötzlich drehte sie ihm ihr Gesicht zu, lächelte und winkte. Sie formte den Mund zu Lauten, die er nicht deuten konnte.
    Weiter draußen am Horizont tauchte ein anderes Segel auf. Im Feldstecher sah er, daß es ein Küstensegler war, der von Osten kam, auf dem Weg zur Einmündung bei Barösund.
    Er stand unten in der Bucht und wartete, bis sie die Landzunge umrundet hatte. Jetzt ruderte sie wieder, das Segel war mit der Großschot um den Mast geschlagen.
    Sie zogen das Boot ein Stück aufs Land, und er schlang ein Tauende um einen der Senksteine.
    »Es ist ganz trocken. Kein Wasser, das einsickert. Hast du gesehen, daß ich zu dir gesprochen habe?«
    »Ich habe die Worte nicht verstanden.«
    »Nächstes Mal wirst du sie verstehen.«
    »Der Küstensegler?«
    »Er ist hierher unterwegs.«
    Sie gingen hinauf zur Hütte. Frühlingsblumen begannen aufzublühen, Leimkraut und Strandweizen.
    »Es ist ein Schiffer aus Aland«, sagte sie. »Er kommt immer im Frühling her. Er sagt, daß er weiß, wann das Meer offen ist. Aber ich glaube, er liegt in einer der Senken auf der Lauer, wo das Wasser nie zufriert.«
    »Was für Senken?«
    »Die Löcher im Eis. Die immer offen sind.«
    Er hatte noch nie von solchen Löchern gehört. »Hast du sie gesehen?«
    »Wie könnte ich ? Aber andere haben sie gesehen. Sie sind wie große Kiemen im Eis. Das Meer muß atmen, wenn es zugefroren ist. Ihn, der mit dem Küstensegler kommt, mußt du fragen, er heißt Olaus, er kommt immer mit dem Beiboot hierhergerudert und erkundigt sich, ob ich etwas vom Land brauche. Oder ob ich Briefe habe, die er mitnehmen und aufgeben soll.«
    »Briefe?«
    Er sah sie fragend an.
    »Olaus ist nett. Er glaubt, ich hätte vielleicht jemanden, dem ich schreiben kann. Er glaubt, er tut ein gutes Werk an mir, wenn er sagt, daß er Briefe mitnehmen kann.«
    Sie gingen ins Haus.
    »Ich habe einen Brief«, sagte er.
    »Ich habe dich keinen schreiben sehen.«
    »Es ist noch nicht getan. Jetzt, wo ich weiß, daß
    »An wen mußt du schreiben?«
    »An die Seevermesser, die Kapitäne in Stockholm. Ich habe Beobachtungen zu melden.«
    »Was hast du gesehen, was ich nicht gesehen habe?«
    Er wurde wütend, aber er zeigte es nicht. Als sie hinausgegangen war, nahm er Papier und Umschlag aus einem der Säcke und setzte sich an den Tisch. Die Buchstaben formten sich mit Mühe.
    Der Brief war ein einziges langes Ausweichen. Er handelte davon, warum er an der Ostküste abgestempelt war und nicht an der Seite von Schweden, wo er sich befinden sollte. Komplikationen, plötzliche Umstellungen, Aufträge, die rückgängig gemacht worden waren, alles genauso geheim. Eigentlich dürfe er den Brief gar nicht schreiben, aber er tat es trotzdem. Bald würde er wieder zur Festung von Karlsborg zurückkehren, schon wenn sie den Brief in den Händen hielte, hätte er die zerbrechliche Eisdecke in der Ostsee verlassen.
    Er fügte hinzu: »Ich bin bald wieder zu Hause. Es ist noch kein Datum festgesetzt, aber es wird vor dem Sommer sein. Ich denke ständig an dich und das Kind.«
    Er ging zum Fenster und sah die

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