Tiefer - Im Sog der Lust (German Edition)
alleine.
Nick Hamilton war bei ihr. Anstatt einer Baseballkappe trug er heute Abend ein rotes Bandana, dessen zerschlissene Enden über seine glatten, dunklen Haare gefaltet und hinten am Kopf zusammengebunden waren. Zwischen all den süßen Gerüchen von Karamell und Buttertoffee roch er wie frische Luft, Sonnenschein und Sonnencreme. Seine Haut glänzte, und seine Wangen und der Nasenrücken hatten einen leichten rosafarbenen Hauch, Ergebnis eines Tages in der Sonne.
„Blau“, sagte Missy und meinte den Eisdrink. „Willst du auch was, Nicky?“
Er schüttelte den Kopf und lächelte Bess an. „Hey.“
„Hey.“ Sie nickte und ließ ihren Blick zwischen den beiden hin und her wandern, bevor er auf Missy zum Ruhen kam. „Na, was habt ihr heute noch vor?“
Missy zuckte mit den Schultern und lehnte sich an den Tresen. Der durchtriebene Blick über ihre Schulter zu Nick sagte Bess mehr, als sie wissen wollte. „Du weißt schon. Ein bisschen von diesem, ein bisschen von jenem.“
So wie es aussah, würde es eher eine ganze Menge von diesem und jenem werden. Bess zwang sich, ihr Stirnrunzeln zu unterdrücken, konnte aber nicht anders, als noch einmal zu Nick zu schauen. Missy betrachtete ihn, als wenn er eine große Schüssel Eiscreme wäre und sie nicht mal einen Löffel benutzen würde, um sie aufzuessen. Eifersucht, dumm und abstrakt, stach in Bess’ Magen und ließ ihr die Kehle eng werden. Nick gehörte ihr nicht. Und nach dem, was Missy über ihn erzählt hatte, würde er ihr auch nicht gehören. Außer natürlich sie hatte gelogen. Ja, das ergab Sinn. Es wäre nicht das erste Mal, dass Missy Bess irgendeine Geschichte auftischte, um zu bekommen, was sie wollte. Bess konnte nicht glauben, dass sie darauf reingefallen war.
Sie schnappte sich Missys Geld vom Zahlteller und füllte den Slushy-Becher drei viertel voll, bevor sie ihn energisch über den Tresen schob. Dann holte sie das Wechselgeld aus der Kasse und schmiss es Missy beinahe vor die Nase. Wut machte ihre Finger ganz steif und verkrümmte sie zu ungeschickten Krallen. Die Münzen klapperten auf der Theke, bevor einige von ihnen zu Boden fielen.
„Hey!“, protestierte Missy, als sie sich hinunterbeugte, um ihr Geld aufzusammeln. „Was ist dir denn über die Leber gelaufen?“
Bess schaute sich in dem kleinen Laden um, aber es waren keine weiteren Gäste anwesend. Tammy kaute Kaugummi und schaute demonstrativ aus dem Fenster, als Bess sie anfunkelte, und Eddie war bereits im Hinterzimmer verschwunden. Bess verschränkte die Arme vor der Brust.
„Tut mir leid.“
Missy schob das Geld in die Tasche ihrer winzigen Jeansshorts und schaute auf. „Ja, na ja, nicht alle von uns können mit Geld so um sich schmeißen, reiches Mädchen.“
So wie sie es sagte war es beleidigender, als wenn sie Bess wieder Zicke genannt hätte, aber Bess gab ihr Bestes, um keine Reaktion zu zeigen. „Ich sagte doch, dass es mir leid tut.“
Missy schien wieder milde gestimmt, aber sehr wahrscheinlich interessierte es sie einfach nur nicht weiter. Sie saugte aufreizend an dem Strohhalm, zog die Wangen ein und ließ ihre Lippen an dem Plastikhalm auf und ab gleiten. „Mmmm. Nick, bist du sicher, dass du nichts davon willst?“
Nick hatte ihrer Vorführung nicht zugeschaut, weil seine ganze Aufmerksamkeit auf Bess gerichtet war. „Nein, danke. Aber kann ich bitte eine Brezel mit extra Salz haben?“
Er kramte in seiner Tasche nach Kleingeld, während Bess in der Warmhaltevitrine nach einer extra salzigen Brezel suchte. Sie reicht sie ihm mit einer Serviette über den Tresen, nahm sein Geld entgegen und gab ihm das Wechselgeld zurück. Missy saugte immer noch an ihrem Slushy und verfolgte die gesamte Aktion mit gespannter Aufmerksamkeit. Bess hatte das Gefühl, unter diesem Blick immer kleiner zu werden. Entschlossen straffte sie die Schultern und schaute dem Mädchen, das ab und zu ihre Freundin war, direkt ins Gesicht.
Missy grinste und schien ganz überrascht, als Bess mit einem Lächeln darauf reagierte. Dann wandte Bess sich an Nick. „Nick, ich habe gehört, dass das Pink Porpoise schließt.“
Das Porpoise war die beliebteste Schwulenbar im Ort. Bess war ein oder zweimal da gewesen, weil es eine der wenigen Bars war, die auch Minderjährige hineinließen. Selbst wenn eine gute Band spielte, waren Heteros kaum im Porpoise anzutreffen.
„Ja?“ Mit strahlend weißen Zähnen biss er ein Stück von seiner Brezel ab.
„Du hast davon noch nichts
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