Tiefer - Im Sog der Lust (German Edition)
vorfand.
„Hey“, sagte er so lässig, als wenn es ganz normal wäre, dass er hier auftauchte.
„Hi.“ Bess überprüfte, dass die Türen wirklich abgeschlossen waren und steckte die Schlüssel dann in ihren Rucksack. „Wie geht’s?“
Heute Abend trug er wieder sein Bandana, dazu ein enges schwarzes T-Shirt mit der Aufschrift „Besser tot und cool als lebendig und uncool“. Irgendwie bezweifelte Bess, dass Nick jemals in seinem Leben uncool gewesen war.
„Nettes T-Shirt.“
Er schaute an sich herab und schenkte ihr dann dieses Grinsen, bei dem ihr immer ganz schwindelig wurde. „Danke. Wir verkaufen sie bei SurfPro.“
„Da bin ich mir sicher“, lachte Bess. „Und sie sind bestimmt ziemlich beliebt.“
Nick zuckte mit den Schultern. Dann schauten sie einander an. In dem orangefarbenen Licht der Straßenlaterne sahen seine Augen eher grau als braun aus, und Bess fragte sich, was das Licht wohl aus ihren blauen Augen machte. Sehr wahrscheinlich verwandelte es sie in eine genauso grässliche Farbe wie ihre Haut.
„Und …“ Nick stand von der Bank auf, auf der er rumgelungert hatte, und schob die Hände in die Taschen seiner Hose. „Gehst du jetzt nach Hause?“
Bess nickte. „So war der Plan.“
„Willst du am Strand entlanggehen?“
„Mit dir?“ Die Frage purzelte einfach so aus ihr heraus. Sie hätte auch beleidigend klingen können, aber offensichtlich war das nicht der Fall, denn Nick schaute sich nur nach rechts und links um und hob dann die Hände.
„Ich bin der Einzige hier, der gefragt hat“, meinte er.
Sie verschränkte die Arme. „Woher weißt du das? Vielleicht habe ich ja Hunderte von Anfragen für Strandspaziergänge im Mondlicht?“
Nick salutierte. „Vielleicht hast du das. Aber du hast auch einen Freund.“
„Na ja, so in der Art.“ Auch dieser Satz war ihr einfach so entschlüpft. Sie runzelte die Stirn.
Nicks Augen leuchteten auf. „Was bedeutet das?“
Sie winkte ab. „Nichts.“
Nick der Fick ist nur mit Mädchen befreundet, die er vögelt. Missys Warnung hätte keine Bedeutung für sie haben sollen, aber Bess konnte sie nicht vergessen. Nick und sie vögelten nicht. Aber sie waren auch keine Freunde. Oder doch?
„Ist das wie ein bisschen schwanger sein?“
Bess lachte. „Nein.“
Nick grinste erneut. „Dann komm. Du musst eh nach Hause gehen, dann kannst du es auch in meiner Begleitung tun.“
„Was ist mit meinem Fahrrad?“
„Lass es hier.“ Er schaute zu ihrem Zehngang-Fahrrad, das sicher an einem Zaun angeschlossen war. „Du musst morgen doch nicht so früh arbeiten, da kannst du zu Fuß herkommen.“
„Woher weißt du, um wie viel Uhr ich arbeiten muss?“, fragte Bess misstrauisch, aber gleichzeitig schlang sie sich bereits ihren Rucksack über die Schultern und wandte sich in Richtung Promenade.
„Ich weiß es einfach.“ Nick wackelte mit der Hand und machte „huhu“. „Nenn mich Hellseher.“
„Oho.“ Sie hakte ihre Finger unter die Gurte ihres Rucksacks. Die Promenade war selbst um diese Uhrzeit gut besucht, aber es waren weit weniger Menschen unterwegs als tagsüber, sodass sie und Nick gut nebeneinander gehen konnten.
Sie hielt an, als sie die Rampe erreichten, die zu dem mit Bohlen ausgelegten Weg am Blue Surf Motel führte, und zog ihre Schuhe und Socken aus. Dann verstaute sie beides im Rucksack. Sie genoss das Gefühl der von der Sonne noch warmen Holzplanken unter ihren nackten Füßen. Seufzend atmete sie einmal tief durch.
Nick lachte. „Langer Tag?“
„Viel herumstehen. Du musst bei der Arbeit auch stehen, oder?“
„Ja.“
Gemeinsam gingen sie zu der Treppe, die zum Strand führte. Straßenlaternen beleuchteten den Sand und ließen das Meer im Dunkeln liegen. Der Sand war noch aufgewühlt, und sie entdeckte mehrere halb zerstörte Sandburgen. Die Strandreinigung würde später kommen und alles wieder glatt ziehen.
Nick beugte sich vor, um seine Schnürsenkel zu öffnen, und zog dann seine Stiefel aus. Auf einem Bein stehend verlor er die Balance. Bess lachte, als er seitwärts in den Sand plumpste. Er grinste mit blitzenden Augen zu ihr auf. Dann stand er auf, klopfte sich den Sand von der Hose und nahm die Stiefel in eine Hand.
„Du hast Glück, dass ich nicht so schnell beleidigt bin“, sagte er.
„Entschuldige“, erwiderte sie ohne Reue.
Nick schnaubte. „Klar. Ich kenn euch Mädels doch.“
„Das habe ich auch schon gehört.“ Bess zog einen Fuß durch den sich abkühlenden Sand und
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