Tiefseeperle
Du geschockt bist. Vielleicht auch wütend. Bitte gib mir die Gelegenheit, mein Handeln zu erklären. Ich bin jederzeit für Dich erreichbar‘.
Victoria, zwischenzeitlich in ihrer Wohnung zurück, warf das Smartphone achtlos zur Seite. Zitternd lag sie zusammenkrümmt auf dem Bett, das noch nach Maximilian roch. Nicht nach dem Grafen …
Es waren regelrecht körperliche Schmerzen, die sie durchzogen. Bleischwer waren ihre Glieder, der Kopf dröhnte. Immer wieder hörte sie die Worte, die diese Erkenntnis brachten, dass Maximilian und der Graf ein und dieselbe Person waren.
Trotz völliger Erschöpfung wollte sich keine Ruhe einstellen, und an Schlaf war gar nicht zu denken. Seufzend wählte sie irgendwann Catharinas Nummer.
„Süße, zum Glück!“, die Stimme klang erleichtert. „Wie geht es dir?“
„Wie würde es dir denn gehen, wenn du so etwas erlebst?“ gab Vic matt zurück. „Seit wann wusstest du davon?“, es klang leicht gereizt. Hatte die Freundin ihr Wissen schon länger vor ihr verheimlicht?
„Ich schwöre dir, ich wusste davon nichts“, beteuerte Catharina. „Er rief mich vorhin im Gericht an. Wahrscheinlich nachdem er deine SMS gelesen hat.“ Da Victoria nichts sagte, fuhr sie fort:
„Er hat zu mir gesagt, dass er sozusagen als Zeuge auftreten werde, um zu bestätigen, dass du integer bist. Er habe konkrete Anhaltspunkte … ich hatte keine Ahnung.“
„Nun ja, die hat er in der Tat geliefert, die konkreten Anhaltspunkte …“, wiederholte Victoria bitter. „Hast du noch mit ihm gesprochen?“
„Ja natürlich. Er weiß, dass das alles aus dem Ruder gelaufen ist. Er möchte es dir erklären. Er ist sich sicher, dass du es verstehen wirst.“
„Verstehen, dass er mich über Wochen zum Affen gemacht hat?“, kläffte Vic wütend ins Telefon. Wieder zog sich die Scham durch ihren Körper. „Der hat sich einen Spaß gemacht. Mich zum Narren gehalten …“
„Das glaube ich nicht!“, versuchte die Freundin zu beruhigen.
„Dann sage mir nur einen plausiblen Grund … also mir fällt keiner ein.“
„Du musst mit ihm reden!“ mahnte Catharina, denn auch ihr fiel keine einleuchtende Erklärung für ein solch seltsames Spiel ein.
„Irgendwann, heute und morgen jedenfalls nicht – ich glaube, ich kratze ihm die Augen aus.“ Nun kochte plötzlich Wut in ihr hoch. „Vielleicht auch nie, soll er doch seine Spielchen spielen, mit wem er will …“, sagte sie trotzig. Um Vic auf andere Gedanken zu bekommen, wechselte Catharina zu dem anderen brisanten und aktuellen Thema. Es hatte keinen Sinn, sie weiter zu besänftigen.
So berichtete sie die Details, die zu Richter Engels Einschätzung geführt hatten.
„Auch, wenn du es nicht hören magst, Maximilians Aussage war die Wende. Der Richter fand seine Darstellungen so nachvollziehbar und hat ihn als sehr glaubhaft eingeschätzt.“
„Na toll. Maximilian, der Held!“, ihre Stimme klang abfällig, wenngleich sie ihm natürlich dankbar war. Catharina überhörte diese Spitze und sprach weiter:
„Weiterhin ist das Bild nur ein kleiner Teil des Gesamtvermögens der Familie von Hohenstein. Die Rechtsprechung sagt, dass, wenn die Schenkung nur einen Bruchteil des Vermögens des Schenkers ausmacht, rechtlicher Spielraum besteht.“
„Das heißt also, die von Hohensteins sind stinkreich?“
„Ja, dies kann man wohl so sagen. Immobilien, Aktien, Barvermögen, weitere Kunstschätze …“, zählte Catharina auf.
„Was meinst du – wie werden die reagieren?“, trotz allem war Victoria erleichtert, dass die Baustelle möglicherweise zeitnah beseitigt schien.
„Ich bin dran … bin da aber guter Dinge!“, gab Catharina zurück. Ihre Stimme klang optimistisch.
„Na dann …“, grummelte Victoria.
„Gib deinem Herzen einen Ruck und ruf ihn an“, Catharina wechselte spontan das Thema. „Du liebst ihn doch auch! Außerdem hat er dir mit dieser Aussage wirklich geholfen“, Catharina hoffte, genügend Einfluss ausüben zu können.
„Ich denke drüber nach …“, seufzte Victoria. Doch so schnell würde sie sich nicht durchringen können …
Kapitel 11
Als Victoria vor dem schmiedeeisernen Tor stand, sprang ihr das Wappen mit den Buchstaben ‚vB‘ wie selbstverständlich ins Auge. Das Wappen der Familie von Bredow war in den oberen Torbogen eingearbeitet. Es war plötzlich so offensichtlich. Wie konnte es sein, dass es ihr nie vorher aufgefallen war?
Unfassbar!
Ihr kam ein Gespräch mit einer befreundeten
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