Tierarzt
verschmolzen harmonisch mit der Anmut und Kraft seines Körpers. Kluge Bemerkungen, die ich über die höheren und niederen Tiere gelesen hatte, gingen mir durch den Kopf.
Siegfried, ein ausgesprochener Pferdeliebhaber, ging mit leuchtenden Augen um das Tier herum, klopfte ihm auf den Hals und sprach zu ihm.
»Ein herrliches Tier, Mr. Barnett«, sagte er.
Der Besitzer sah ihn finster an. »Ruinieren Sie mir das Pferd bloß nicht, das ist das Wichtigste. Hab ’n Haufen Geld dafür bezahlt.«
Siegfried warf ihm einen nachdenklichen Blick zu, dann wandte er sich an mich.
»Also los, fangen wir an. Wir lassen ihn da drüben aufs Gras fallen. Sind Sie soweit, James?«
Ich war soweit, aber ich hätte mich wie immer wesentlich wohler gefühlt, wenn Siegfried nicht so gedrängelt, sondern mich in Ruhe gelassen hätte. Bei der Behandlung von Pferden machte ich die Narkose und mein Kollege den Chirurgen. Und er verstand sich sehr gut darauf, war flink und geschickt und hatte stets eine glückliche Hand. Ich hatte an dieser Regelung nichts auszusetzen: er machte seine Arbeit, ich machte meine. Doch die Sache hatte einen Haken: Er mischte sich fortwährend in meine Angelegenheiten ein, und das ging mir auf die Nerven.
Die Narkose dient bei großen Tieren einem doppelten Zweck: Sie läßt das Tier keinen Schmerz empfinden und hält es im Zaum. Das war meine Aufgabe. Ich mußte einen schlafenden Patienten liefern, an dem die Operation vorgenommen werden konnte – eine Anforderung, die ich insgeheim für das Schwierigste bei dem ganzen Unternehmen hielt. Ich empfand immer eine gewisse Spannung, bis das Tier schließlich völlig betäubt war, und Siegfried war mir in dieser Hinsicht keine Hilfe. Er stand ungeduldig neben mir, redete dauernd auf mich ein, wieviel Chloroform ich verabreichen sollte, und konnte niemals in Ruhe abwarten, bis das Betäubungsmittel seine Wirkung tat. Jedesmal sagte er: »Er geht nicht runter, James.« Und: »Meinen Sie nicht, wir sollten ein Vorderbein hochbinden?«
Noch heute, dreißig Jahre später, wo ich dem Tier meistens eine intravenöse Injektion gebe, hat sich daran nichts geändert: Während ich die Spritze aufziehe, stampft er ungeduldig umher und bohrt dann unweigerlich seinen Zeigefinger, möglichst über meine Schulter hinweg, in die Drosselrinne. »Hier, James! Genau hier würde ich einstechen!«
Die Chloroformflasche in der Jackentasche, die Maske in der Hand und dicht neben mir meinen Partner, stand ich einen Augenblick unschlüssig da. Wie schön wäre es, dachte ich im stillen, wenn ich die Narkose nur ein einziges Mal ungestört machen könnte. Doch warum sollte ich ihm das nicht sagen – immerhin arbeitete ich jetzt seit fast drei Jahren bei ihm, und wir kannten uns mittlerweile recht gut.
Ich räusperte mich. »Siegfried, ich habe eine Bitte. Könnten Sie sich nicht ein paar Minuten dort drüben hinsetzen, bis ich ihn unten habe?«
»Was meinen Sie?«
»Ich meine, es sind zuviel Leute um das Pferd herum – ich möchte nicht, daß es nervös wird. Warum ruhen Sie sich nicht ein Weilchen aus? Ich rufe Sie, sowie es unten ist.«
»Mein lieber Junge, alles, was Sie wollen.« Mit lebhaften Handbewegungen unterstrich Siegfried seine Worte. »Ich weiß sowieso nicht, wozu ich eigentlich hier herumstehe. Wie Sie wissen, mische ich mich prinzipiell niemals in Ihre Arbeit ein.« Er klemmte sich das Tablett unter den Arm und marschierte zum Wagen, der etwa fünfzig Meter entfernt auf dem Rasen stand. Dort setzte er sich, den Rücken an den Kotflügel gelehnt, ins Gras.
Friede sank herab. Ich spürte plötzlich die sanfte Wärme der Sonne auf meiner Stirn und hörte den Gesang der Vögel in den nahegelegenen Bäumen. Ohne Hast befestigte ich die Maske und holte mein kleines Glasmaß hervor.
Diesmal hatte ich reichlich Zeit. Ich wollte mit einem kleinen Quantum Chloroform beginnen, um das Tier an den Geruch zu gewöhnen. Behutsam goß ich die klare Flüssigkeit auf den Schwamm.
»Führen Sie ihn langsam im Kreis herum«, sagte ich zu den beiden Männern. »Ich gebe ihm das Betäubungsmittel in kleinen Mengen. Wir haben keine Eile. Aber halten Sie ihn gut am Halfter fest, für den Fall, daß er unruhig wird.«
Meine Warnung war überflüssig. Der Fuchs ging ruhig und furchtlos im Kreis herum, und ich goß alle paar Minuten ein paar weitere Tropfen auf die Maske. Nach einer Weile wurden seine Schritte schwerfällig, und er taumelte leicht beim Gehen. Zufrieden beobachtete ich
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