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Tierische und andere Offerten

Tierische und andere Offerten

Titel: Tierische und andere Offerten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Stecher , andere
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anäugt. Aber der Vater hat Recht! Und wer weiß, ob es ihnen überhaupt jemals gelingen wird, den Dachs richtig zu erziehen. Selbst Förster Schulte, der immer mal vorbeischaut, hat da seine Zweifel. So auch an einem Nachmittag.
    Vater ist gerade von der Arbeit gekommen. Ihm fällt das ernste Gesicht auf, das Schulte bei der Begrüßung macht. »Ärger gehabt, Herbert?«
    Schulte seufzt nur und schüttelt den Kopf. »Ich weniger. Der Ärger kommt auf euch zu. Vom Tierschutzverein in der Kreisstadt. Du kennst doch die Frau Lemke, die dort arbeitet – die aus der Webergasse. Sie macht Stimmung wegen Robinson.« Der Vater zieht die Stirn in Falten. »Warum denn das? – Dem Tier geht's doch gut bei uns. Es hat genug zu essen und fühlt sich wohl. Du hast es doch selbst gesehen.«
    »Ach Klaus, darum geht es nicht! Keine artgerechte Haltung, das führt sie ins Feld. So ein Dachs wäre kein Haustier. Da hat die Frau Recht!«
    »Und nun?«
    Der Förster hebt die Schultern.
    »Sie verlangt die Einweisung in den Tierpark.«
    Als die Mutter vom Einkaufen kommt und die letzten Worte hört, fliegt die Einkaufstasche mit Schwung auf die Eckbank, so dass eine Tüte aufgeht und pralle Tomaten über die Sitzfläche rollen. Ihre Augen blitzen, und aufgebracht stemmt sie die Fäuste in die Hüften. »Die Lemke etwa? – Richtig aufgeplustert hat sich die Frau im Gemüseladen. Wie ein Tierquäler kommt man sich vor. Unser Robinson ... in den Tierpark. Dort ist er ja eingesperrt. – Nicht mit mir!«
    Schulte kratzt sich am Kinn und lächelt, während der Vater staunend seine Frau ansieht. Selten hat er sie so erlebt. Höchstens, wenn Robert und Paule mal all zu sehr über die Stränge geschlagen haben. Oder wenn er dringende Arbeiten wochenlang vergessen hatte. Dann war mit Frau Hinze nicht gut Kirschen esse.
    »Aber so weit ist es noch nicht«, entgegnet der Förster. »Ich bin natürlich auch nicht für den Tierpark. Robinson gehört in den Wald, in die Freiheit.« Unbemerkt kommen Robert und Paule herein. Sie haben ganz traurige Gesichter und Paule läuft sogar eine Träne die Wange hinab. Tröstend nimmt ihn Schulte in den Arm. »Immer mit der Ruhe, mein Junge! So schnell sind die amtlichen Stellen nicht. Jetzt haben wir Herbstanfang und das Frühjahr kommt bestimmt. Vielleicht vergessen sie die Sache bis dahin.« Die Mienen der Jungs hellen sich auf und sofort laufen sie hinaus, um Melanie und Robinson die frohe Botschaft zu bringen.
    Drei Tage später ist helle Aufregung im Haus der Familie Hinze. Robinson ist verschwunden. Die Leine ist teilweise angeknabbert und zerrissen. Paule hat das am Morgen entdeckt. Sofort beginnt eine fieberhafte Suche. Doch der Dachs bleibt verschwunden.
    Die Mutter macht dem Vater nun Vorwürfe wegen des Loches im Zaun, doch der zeigt auf die ausgebesserte Stelle und beteuert seine Unschuld. Jeder Winkel des Gartens und im Haus wird gründlich abgesucht, bis hoch zum Boden.
    Vergebens.
    Wo kann der Schlingel nur stecken?
    Schließlich wird die Suche abgebrochen. Die Kinder müssen in die Schule und der Vater zur Arbeit. Er kommt ohnehin zu spät. Sie gehen in der stillen Hoffnung, dass sich der Ausreißer von allein wieder einstellt, wenn er Hunger hat. Ein Trugschluss, wie sich am Nachmittag herausstellt. Sie kommen nach Hause und Robinson ist immer noch weg. Ratlosigkeit greift um sich, bis zum frühen Abend des folgenden Tages. Als die Familie zum wiederholten Male die zerrissene Leine und die Spuren in der Nähe untersuchen, ertönt vom Nachbargrundstück plötzlich eine schrille weibliche Stimme, die kreischend um Hilfe schreit. Alle stürzen durch die Büsche zum Zaun. Der Anblick ist schon seltsam. Frau Hansen, die Nachbarin, steht bis zu den Knien im Erdreich, fuchtelt wild mit den Armen und zedert in hoher Lautstärke. Ein braunes Fellbündel mit schwarz-weiß gestreiftem spitzen Kopf wetzt laut quiekend auf Hinzes Gartenzaun zu und schlüpft durch eine verborgene Lücke in den Garten der Familie.
    Robinson.
    Ganz unschuldig schaut er sie an und hebt schnuppernd die Nase. Lange und geduldig redet der Vater auf die wütende Nachbarin ein. Nach vielen Entschuldigungen beruhigt sie sich endlich und erzählt die ganze Sache. Sie wollte gerade Wäsche aufhängen. Eine Bewegung im hinteren Teil des Gartens erregte ihre Aufmerksamkeit. Da machte sich ein unbekanntes Tier zu schaffen. Kopfüber schlüpfte es unter die Erde und gleich darauf prasselten Dreckbrocken aus der Öffnung. Mit einer

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