Tierische und andere Offerten
hinausgehen als Robert und Paule ihn zurückhalten. Zuerst stockend, dann immer lebhafter erzählen sie ihr Abenteuer.
Mit gerunzelter Stirn hört er ihnen zu. Als die beiden fertig sind, fängt er auf einmal an zu lachen. Seine Fröhlichkeit steckt an. Nachdem sich alle wieder beruhigt haben, fragt er noch schmunzelnd: »So, so. Ihr wisst also nicht, was das für ein Tier ist? Ich kann es mir zwar denken, und eure Schilderung deutet auch darauf hin, aber wir wollen doch mal nachsehen. – Kommt, ihr Helden!«
Vor dem Stall sagt er den Jungs, sie sollen warten, und verschwindet im Schuppen. Kurz darauf ist Vater Hinze wieder da, bewaffnet mit ein Paar dicken Fausthandschuhen. Vorsichtig wird die Tür des Kobens geöffnet. Nur einen Spalt. Breit genug, um etwas zu erkennen und hineinzugreifen.
»Ganz in der Ecke sitzt er, der arme Kerl«, brummt Vater Hinze und streckt langsam seinen Arm durch die Öffnung. Ein kurzes Rumoren, dann zieht er zurück. In seiner durch den Handschuh geschützten Faust zappelt laut quiekend ein braunes Fellbündel. »Das ist ein junger Dachs! Jungs, den habt ihr gefangen? Naja, höchstwahrscheinlich ist er durch das Hochwasser von seiner Mutter getrennt worden. Jetzt kommt er erst mal wieder in den Koben und dann unterhalten wir uns.«
Robert und Paule sehen sich an. Ein Dachs? Den kennen sie nur aus Trickfilmen. Und jetzt auf einmal ein ganz lebendiger, der zudem wieder einen Heidenkrach macht.
Nachdenklich kratzt sich der Vater am Hinterkopf. Da drin kann er nicht bleiben. Das ist ein wildes Tier und braucht eine andere Behausung. »Ich glaube, das gibt einige Probleme«, sagt er zu den beiden. »Die Tiere sind doch geschützt. Aber in den Wald bringen, das geht auch nicht. Dafür ist er zu klein, um zu überleben. – Gleich morgen rede ich mit Förster Schulte. Vielleicht weiß der weiter. Aber wo bringen wir ihn bis dahin unter? – Halt! Ich habe eine Idee.«
Vater Hinze winkt den Jungs und stapft in den Schuppen. Ein alter Holzschrank steht da in der Ecke. Mit schiefen Türen und auch die Farbe ist an vielen Stellen abgeblättert. Schon längst sollte das Möbel zersägt werden. Immer wieder wurde es vergessen. – Zum Glück. Der Vater erklärt den beiden seinen Einfall und schon geht es los. Eifrig wird gesägt und gehämmert. Richtig ins Schwitzen kommen sie dabei. Endlich, nach fast zwei Stunden
ist es geschafft. Der Stall ist geräumig. Den Boden bildet die Rückwand des umgekippten Schrankes. Und für den oberen Abschluss hat Vater Hinze anstelle der Türen Maschendraht verwendet. Der Eingang befindet sich an der linken Seitenwand. Stolz betrachten die Drei ihr Werk. Dann wird der junge Dachs umquartiert.
Misstrauisch beäugt er sein neues Zuhause und flitzt dann blitzschnell in den Heuhaufen, der in der hinteren Ecke aufgeschichtet liegt, so dass nichts mehr von ihm zu sehen ist. Die Brüder brechen in Gelächter aus und Vater Hinze verzieht das Gesicht. Das sah aber auch zu putzig aus. Dann klopft der Vater den beiden auf die Schultern.
»So Jungs, wir müssen noch die Kaninchen füttern! Eure Mutter weigert sich ja standhaft. Und unseren neuen Gast nicht vergessen! Möhren wird er ja wohl fressen. Heute Abend schauen wir in Brehms Tierleben nach, von was sich Dachse ernähren. Einverstanden?« Die beiden nicken begeistert und machen sich an die Arbeit.
Längst ist es dunkel geworden, aber die Hoflampe spendet genug Licht. An diesem Abend dürfen Robert und Paule ausnahmsweise etwas länger aufbleiben. Es ist aber auch interessant, was in Brehms Tierleben steht. Beide flüstern noch miteinander, als sie schon in ihren Betten liegen.
Der darauffolgende Tag ist ein Samstag. Der Tag, an dem ausgeschlafen wird und sich jeder noch einmal tief in die warme Zudecke kuschelt. Vor allem bei diesem Wetter, denn noch immer rinnt der Regen, ist die Welt grau in grau.
Doch diesmal hüpfen Robert und Paule schnell aus den Betten und laufen noch im Schlafanzug, prompt der allgegenwärtigen Mutter in die Arme.
Vater Hinze muss schmunzeln, als ihm am Frühstückstisch das Vorkommnis entrüstet erzählt wird, und handelt sich den strengen Blick seiner Frau ein. Dann aber stehen sie im Schuppen und beugen sich vorsichtig über den Käfig. Der Dachs ist nicht zu sehen. Nur das Heu raschelt und die Möhren sind verschwunden. Ein wenig enttäuscht sind die Jungs schon. Der Vater versucht sie mit dem Hinweis zu trösten, dass das Tier völlig verängstigt sei.
Stimmengewirr auf dem
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