Tiffany Duo Band 0142
nicht bewegen. Endlich hob sie den Kopf.
Blade beobachtete sie. “Wenn ich dich berühre, spüre ich jedes Mal etwas Besonderes, etwas, was ich zuvor nicht gekannt habe”, sagte er langsam und strich mit dem Finger über ihre Wange. “Ich frage mich, was es verursacht.”
Anna schloss die Augen vor dem Unbehagen, das sie empfand. Sie selbst wusste nicht, was diese besondere Chemie zwischen ihr und Blade genau war. Was er wohl sagen würde, wenn er herausfand, dass das besondere Prickeln möglicherweise von Annas seltsamen Fähigkeiten herrührte? Dass ihre Sinne manchmal Dinge spürten, die nicht sichtbar waren und für die es keine Worte gab?
8. KAPITEL
Blade parkte vor Annas Wohnung und bestand darauf, mit hineinzukommen.
Obwohl sie widersprach, ließ er sich nicht davon abbringen, sie zur Tür zu begleiten. Sie wusste, was er sagen würde, wenn er ihr Zimmer sah.
Seufzend schloss sie die Tür auf, ging hinein und knipste das Licht an. Seine Miene veränderte sich nicht, aber Anna wusste, dass er schockiert war. Blade lebte sicherlich in Reichtum, und obwohl ihr das nicht viel ausmachte, war sie sich der Hässlichkeit ihrer Umgebung bewusst.
“Du hast kein Bett”, sagte er leise. “Wo hast du letzte Nacht geschlafen?”
Anna stellte die Aktentasche ab und hängte ihren Mantel an den Haken auf der Rückseite der Tür. Blade sah ihren Schlafsack.
“Der Schaumstoff hält die Kälte ab.” Sie zuckte mit den Achseln. “Es war bequem.”
Und das nicht einmal gelogen. Sie war gestern so erschöpft gewesen, dass es ihr kaum aufgefallen wäre, hätte sie auf dem blanken Boden geschlafen.
Blades Stimme klang leise. “Wie lange willst du auf dem Boden schlafen?”
“Bis ich es mir leisten kann, ein Bett zu kaufen.”
“Ist Anna dein richtiger Name?”
Ruckartig hob sie den Kopf. “Ja.”
“Aber Johnson nicht.”
Seine Worte trafen sie unerwartet. Blade hatte einen mühelosen Wechsel vollzogen, vom Mann zum Polizisten oder Soldaten, und das erschreckte sie, auch wenn sie den Grund verstand. Er wusste, dass sie auf der Flucht war. Und er hatte sich den ganzen Abend lang Zeit genommen, sie beruhigt, nachdem sie in der Bibliothek in Panik geraten war, dafür gesorgt, dass sie aß. Doch jetzt wollte er Antworten. Gut.
“Nein, Johnson ist nicht mein wirklicher Name.”
Als sie nicht weitersprach, ging er zum Fenster, stützte die Hand gegen den Rahmen und starrte hinaus. Sie wusste, dass er weiterfragen würde, dass er wissen wollte, wer sie war, warum sie weglief. Und sie würde es ihm sagen.
Plötzlich bewegte er sich. “Du kommst mit”, sagte er kurz, fast scharf, und richtete seine gesamte Aufmerksamkeit auf die Straße. “Wir gehen. Jetzt.”
Doch Anna entging sein bestimmender Tonfall vollkommen. Sie war fasziniert von der Art, wie er vom Fenster wegtrat, sodass er zwar hinaussehen, selbst aber nicht gesehen werden konnte.
“Kennst du einen Eric Seber?”
Anna schüttelte den Kopf, dann bemerkte sie plötzlich, dass Blade noch immer die Straße beobachtete. Was war da los? “Nein, wer soll das sein?”
“Letzte Nacht hat er deine Wohnung durchsucht. Und jetzt steht er da unten auf der Straße und beobachtet dieses Fenster.”
“Woher weißt du, dass er …”
“Weil ich ihn gesehen habe.” Er blickte zu ihr. “Ich bin gestern Abend in dein altes Apartment gegangen, weil ich nach Spuren von dir suchen wollte. Nur dass Eric mir zuvorgekommen war.”
Er umfasste ihren Arm und zog sie mit sich zur Tür. “Wir gehen hinten hinaus.”
“Was ist mit dem Jeep?”
“Ich kann ihn holen, ohne dass Seber etwas bemerkt. Er war noch nicht hier, als wir ankamen, er wird den Wagen nicht mit dir in Verbindung bringen.”
Während er sprach, zog er das lederne Zopfband aus seinem Haar. Mit dem langen offenen Haar wirkte er nun vollkommen verändert. Tarnung, erkannte Anna und griff im Vorbeigehen nach ihrer Aktentasche. Der Mann, der die Wohnung beobachtete, hatte Blade vermutlich gesehen, allerdings entweder einen Mann mit kurzem Haar oder mit einem Zopf.
Sie ließen das Licht brennen, dann gingen sie die Treppe hinunter und durch einen langen Gang. Der Hinterhof war überwachsen von Gestrüpp und hohem Gras. Dann stiegen sie über einen Zaun, der nicht mehr war als ein paar Überreste aus verrostetem Draht.
Sie gingen zwischen kahlen Obstbäumen hindurch, bückten sich unter einer Eiche und liefen dann einen gepflasterten Weg entlang, der zu einer anderen ruhigen Wohnstraße
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