Tiffany Duo Band 128
Fenster.
Lucy schloss die Augen, als John die Deckenlampe anschaltete, aber das grelle Licht beruhigte sie. Im Schlaf hatte sie seine Hand um den Hals gespürt und das Gefühl gehabt zu sterben. Es war nicht der Red Grove Ripper, der sie in ihren Albträumen verfolgte. Paul war es, den sie so leicht nicht vergessen konnte. Sie erinnerte sich immer noch an jene Nacht, als sie davon aufwachte, dass er ihr die Hände um die Kehle legte. Damals war Paul wütend und betrunken gewesen, aber, das war er sowieso fast immer. Je mehr er getrunken hatte, desto mehr hatte er Lucy gehasst. In jener Nacht war sie sicher gewesen, dass er sie umbringen würde.
Es war fünf Jahre her, seit sie Paul zuletzt gesehen hatte, aber sie hatte es seitdem nie wieder geschafft, im Dunkeln einzuschlafen. Sie hatte Angst vor der Nacht. Deshalb trank sie Kaffee und wartete auf den Sonnenaufgang.
„Alles in Ordnung?" Johns Stimme klang besorgt.
Lucy nickte. Er dachte sicher, sie hätte vom Ripper geträumt, nicht von ihrer Vergangenheit, wo es noch eine andere Lucy gegeben hatte. Sie wischte sich das schweißnasse Haar aus der Stirn. „Ich könnte jetzt eine Dusche vertragen", sagte sie schließlich, „und etwas zu essen."
„Ich glaube, ich habe noch eine Dose Ravioli."
Lucy lächelte ihn an. Erst jetzt fiel ihr auf, dass John nur eine Jeans anhatte. Die Muskeln auf seinem Oberkörper gefielen ihr wirklich ausgesprochen gut, und sie betrachtete genau, wie sie über seine Brust verliefen. Wie schaffte er das nur? Wenn sie mit John Quaid zusammen war, waren alle ihre Dämonen nicht mehr existent - und dabei war Lucy überzeugt, dass dieser blendend aussehende Mann hier auf längere Sicht noch eine weitaus größere Bedrohung für ihre Seelenruhe darstellte als der Perverse in der Monstermaske.
„Ich denke, wir setzen mal etwas anderes auf die Speisekarte. Lass uns was einkaufen gehen!" Lucy schlang das Laken um sich. „Wenn du bezahlst, koche ich."
„Du kannst kochen?" fragte er mit einiger Skepsis und hob die Brauen.
„Nun, es ist zwar lange her, dass ich so richtig am Herd gestanden bin, aber es wird schon klappen. In den letzten Jahren habe ich eigentlich immer nur die Mikrowelle eingeschaltet", gab sie zu.
„Ich habe aber keine Mikrowelle", erklärte John.
Lucy verzog den Mund. „Das erschwert die Sache natürlich, aber ich werde es dennoch wagen. Wie mutig bist du?"
Er sah sie auf eine Weise an, dass sie halb erwartete, er würde gleich zu ihr kommen, sie küssen und so lange lieben, bis sie beide vergäßen, warum sie hier waren. Wenn er jetzt auf sie zukäme, würde sie ihn nicht von sich stoßen, obwohl sie sich geschworen hatte, nie mehr auf einen Mann hereinzufallen.
Für ein paar Sekunden schien die Zeit stillzustehen. Schließlich wandte John sich ab. „Im Badezimmerschrank sind Handtücher", sagte er.
6
Lucy beugte sich über den Herd und betrachtete das Omelett mit konzentrierter Aufmerksamkeit. So weit, so gut. Bislang war ihr nichts angebrannt, und außerdem roch es auch noch sehr appetitlich. Es war lange her, dass sie gekocht hatte, und sie wollte, dass es perfekt war. Na ja, zumindest sollte es gut schmecken.
Die Szenerie war auf eine seltsame Weise vollkommen normal. John saß am Tisch und sah ihr zu, wie sie um Mitternacht ein großes Omelett mit Schinken, Käse und roter Paprika gefüllt zubereitete. Zuvor waren sie mit den zwei Deputys auf den Fersen und unter den neugierigen Blicken der nächtlichen Kunden durch den Lebensmittelladen gegangen, wo sie ein paar Sachen eingekauft hatten. John hatte sich seltsam wohl dabei gefühlt.
Lucy hatte darauf bestanden, Obst und frisches Gemüse zu kaufen, Vollkornbrot und eine Kiste Multivitaminsaft. Sie empfand ein unwillkürliches mütterliches Gefühl für den Mann mit seiner leeren Küche. Seltsam, auch das war ihr lange abhanden gekommen. Mal dachte sie, John fühlte sich genauso zu ihr hingezogen wie sie sich zu ihm, dann wieder war sein Gesicht so hart und ernst, dass sie nicht wusste, was er empfand.
Vielleicht hatte ihr Instinkt sie wieder einmal getäuscht. Vielleicht begehrte er sie kein bisschen. Das wäre doch auch nur natürlich. Lucy wusste, wer und was sie war. Glaubte sie denn im Ernst, dass sich ein Mann wie John ernsthaft zu einer Wahrsagerin hingezogen fühlen könnte?
Lucy ließ das Omelett auf eine Platte gleiten, stellte sie auf den Tisch und nahm John gegenüber Platz. Er hatte ihnen beiden ein Glas Rot wein eingeschenkt. Langsam
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