Tiffany Duo Band 128
leise.
„Weil mein Exmann in derselben Stadt wohnt. Das letzte Mal, als ich zu meiner Schwester geflohen bin, hat er gedroht, uns beide umzubringen. Sie hat selber Familie - und kann meine Probleme nicht gebrauchen."
John hob ihr Kinn, damit sie ihn ansah. „Ich will es wissen", verlangte er. „Was hat er dir angetan?"
„Ich mache es kurz", fauchte sie und sah ihn fest dabei an. „Er hat mich geschlagen. Ich bin gegangen. Das hat ihm nicht gefallen."
„Lucy." Er flüsterte ihren Namen an ihren Lippen und küsste sie. „Es tut mir so unendlich Leid."
„Das braucht es nicht", sagte sie kühl, aber ein leichtes Zittern in der Stimme verriet sie. „Ich habe meine Lektion gelernt. Als er mich das erste Mal geschlagen hat, war ich noch überrascht", ihre Stimme klang jetzt bitter, „und als er am nächsten Morgen geweint hat und mir versprochen hat, dass es nie wieder vorkommen wird, habe ich ihm das auch noch geglaubt." Sie lachte höhnisch auf. „Er hat sogar eine Zeit lang aufgehört zu trinken, aber dann war er doch schon sehr bald wie der ganz ,der Alte', kam betrunken nach Hause, roch nach anderen Frauen und schlug mich, sobald ich etwas tat, was ihm nicht gefiel."
John zog sie an sich und rieb ihr mit seinen starken Händen über den Rücken. Hier war sie warm und beschützt und endlich sicher vor Paul.
„Einmal wurde ich nachts wach, da lag er auf mir, hatte mir die Hände um den Hals gelegt und drückte zu. Ich habe geschrien, und da hat er nur noch stärker zugedrückt." Sie erzitterte. „Es war so dunkel, und ich wusste, dass ich sterben würde."
„O Baby, das tut mir so Leid", murmelte John in ihr Haar und zog sie noch fester an sich.
„Als er am Morgen zur Arbeit ging, habe ich meine Sachen gepackt und bin gegangen. Ich bin zu meiner Schwester gezogen, aber er kam mir nach und hat gedroht, uns beide umzubringen."
„Also bist du weggelaufen und zum Jahrmarkt gegangen."
Lucy nickte.
„Und du bist seitdem nicht mehr zu Hause gewesen?"
Sie schüttelte den Kopf. „Das ist jetzt fünf Jahre her, und ich habe immer noch Angst. Ab und zu telefoniere ich mit Millie, um zu wissen, ob es ihr und den Kindern gut geht, aber ich wage es nicht, zurückzugehen."
John hob ihr Gesicht an und küsste sie zart. „Wenn das hier vorbei ist, fahre ich mit dir zu deiner Schwester", versprach er. „Das würde dir doch gefallen?"
„Ja."
Er hielt sie ganz fest, und allmählich schwand ihre Furcht. Einen Moment lang schwiegen sie beide, und Lucy war ihm so nahe, dass sie das Gefühl hatte, ein Teil von ihm zu sein.
„Deshalb kannst du nachts nicht schlafen, nicht wahr?"
Lucy nickte. „Ja. Paul Staley ist ein echtes Monster. Dieser Mann macht mir immer noch mehr Angst als jeder Perverse mit einer albernen Monstermaske."
Lucy schlief. Es hatte eine Weile gedauert, bis sie nach dem Besuch des Sheriffs wieder zur Ruhe gekommen war, aber dann war sie ins Bett gekrochen und eingeschlafen. In sein Bett.
John nutzte die Zeit, um seine Unterlagen durchzusehen. Es war nicht viel, aber mehr hatte er nicht. Die Zeitungsausschnitte über die Morde füllten einen Schuhkarton, und dazu kamen ein paar Seiten Notizen, die er sich seinerzeit gemacht hatte. Er leerte alles auf seinen Schreibtisch und begann mit dem obersten Blatt.
Claire hätte niemals einen Fremden in ihr Haus gelassen. Außerdem war sie immer übervorsichtig gewesen und hatte ständig alle Fenster und Türen verschlossen gehalten. Da sie irgendwann zwischen 22 und 23 Uhr ermordet worden war, war John sich sicher, dass sie den Mörder gekannt und ihm vertraut hatte.
In jener Nacht hatte sie ihn angerufen. Johnny, ich muss mit dir reden. Die Erinnerung an ihre Stimme am Telefon schickte ihm einen Schauer über den Rücken, und er fragte sich, ob Claire heute noch leben würde, wenn er nicht so entschlossen gewesen wäre, sie warten zu lassen. Er war erst lange nach elf zu ihrem Haus gegangen. Und hatte Claires Leiche entdeckt.
Lonnie Philips hatte damals den Ort des Verbrechens durchsucht. Womöglich hatte er dabei Beweise oder Spuren vernichtet. Er hatte doch seit der Schule für Claire geschwärmt. Damals war sie nicht gerade glücklich darüber gewesen, aber vielleicht später ...? Claire war in den Jahren immer anspruchsloser geworden. Und wer würde einem Deputy nicht vertrauen?
John überflog noch einmal den Zeitungsartikel, fand aber nichts. Was ihm wirklich weiterhelfen würde, wäre ein Blick in die Untersuchungsakten. Er wusste
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